Das afghanische Gesundheitssystem ist unterfinanziert und unzureichend ausgestattet. Dabei sind Armut, anhaltende Dürren und Naturkatastrophen wie Erdbeben Ursachen für einen großen medizinischen Bedarf.

Unsere Arbeit in Afghanistan wird durch die Gewalt im Land immer wieder erschwert. In den letzten Jahren gab es schwere Angriffe auf unsere Krankenhäuser: Im Oktober 2015 zerstörten US-Luftangriffe unsere Unfallklinik in Kundus. 42 Menschen wurden getötet. Mittlerweile haben wir das Trauma-Zentrum in Kundus wieder aufgebaut und konnten es im Sommer 2021 wieder öffnen.

Wir arbeiten gemäß der humanitären Prinzipien Neutralität, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit. Diese wirken oft abstrakt aber gerade anlässlich der Machtübernahme in Afghanistan sehen wir, wie wichtig diese sind: Denn sie sind der Hauptgrund, warum wir unsere Arbeit vor Ort trotz aller Widrigkeiten weiterführen können.

Unsere Teams sind in sechs Provinzen im Einsatz und leisten dringend notwendige medizinische Hilfe: Helmand, Herat, Kandahar, Chost, Kundus und Kabul. 

Ärzte ohne Grenzen in Afghanistan: Wie wir helfen

  • Wir behandeln Kinder bei Mangelernährung.
  • Wir versorgen Schwangere und Neugeborene und bieten kostenlose Geburtshilfe.
  • Wir kümmern uns in Notaufnahmen um die Versorgung von Verletzten und Verwundeten.
  • Wir behandeln Menschen, die zum Beispiel an Tuberkulose oder Covid-19 erkrankt sind.
  • Wir versorgen Vertriebene unter anderem mit sauberem Trinkwasser und leisten medizinische Unterstützung.
  • Wir sorgen für medizinische Notfallversorgung im Fall Naturkatastrophen, wie dem Erdbeben im Juni 2022.
Kunduz Trauma Center 46
Nava Jamshidi
Bibi Mariam und ihre Mutter in unserem Krankenhaus in Kundus. Bibi erholt sich gerade von einem Motorradunfall.

Epidemien, Konflikte, Naturkatastrophen - wir helfen in über 70 Ländern weltweit.

IHRE SPENDE SICHERT MEDIZINISCHE HILFE.

Die aktuelle Lage in Afghanistan

Erdbeben mit Stärke 6,3 im Oktober 2023

Am 07. Oktober erschütterte ein Erdbeben der Stärke 6,3 den Westen Afghanistans, gefolgt von mehreren heftigen Nachbeben.

Ärzte ohne Grenzen unterstützt das Krankenhaus in Herat und leitet die pädiatrische Abteilung einschließlich der Triage, der Notaufnahme, des stationären therapeutischen Ernährungszentrums, der pädiatrischen Intensivstation, der Intermediate-Care-Station und des ambulanten therapeutischen Ernährungszentrums.

Um dem potenziellen zusätzlichen Bedarf gerecht zu werden, hat Ärzte ohne Grenzen fünf medizinische Zelte auf dem Gelände des Krankenhauses errichtet, in denen bis zu 80 Patient:innen untergebracht werden können. Zusätzlich haben unsere Teams Notfallkits für die Behandlung von bis zu 400 Verwundeten bereitgestellt und ein medizinisches Team in der Notaufnahme des Krankenhauses stationiert.

 

Erdbeben in Afghanistan im Juni 2022

Das schwere Erdbeben im Juni 2022 verursachte in den Provinzen Khost und Paktika im Südosten immense Zerstörungen. Mehr als 1.000 Menschen verloren ihr Leben, noch mehr wurden verwundet. Um Patient:innen in kritischem Zustand bis zur Überweisung in ein Krankenhaus zu stabilisieren, haben wir zeitnah eine Notfallklinik in Zelten aufgebaut.

Überlebende des Erdbebens bekamen dort außerdem nicht nur medizinische Hilfe, sondern auch psychologische Unterstützung. Da neben akuten Notfällen auch ein hohes Risiko von Dehydrierung und Durchfallerkrankungen bestand, haben wir an verschiedenen Stellen geholfen, den Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen sicherzustellen. Nach dem Erdbeben waren in Afghanistan viele Einwohner:innen von humanitärer Hilfe abhängig.

Während die Rettungsmaßnahmen und die Suche nach Verwundeten in den betroffenen Gebieten weitergehen, beobachten wir die Situation und werden unsere Maßnahmen je nach Bedarf anpassen.

Lisa Macheiner, Projektkoordinatorin

Machtübernahme durch die Taliban im August 2021

Die Zukunft Afghanistans ist seit dem Machtwechsel im August 2021 ungewiss und die Herausforderungen, vor denen wir stehen, ändern sich ständig. Durch die Einstellung von internationalen Geldern und dem lahmgelegten Bankensektor stehen medizinische Einrichtungen unter noch größerem Druck. Es mangelt an Personal und Material. Einige Kliniken mussten schließen, andere funktionierten nur noch schlecht.

Frauenrechte in Afghanistan

Ende 2022 gab die Regierung in Kabul bekannt, dass in Afghanistan Frauen von nun an nicht mehr in Nichtregierungsorganisationen arbeiten dürfen. Wir verurteilen diese Entscheidung und beschäftigen in unseren Projekten weiterhin sowohl afghanische als auch internationale weibliche Mitarbeiterinnen.

Große Teile der afghanischen Bevölkerung sind aufgrund von Armut und Arbeitslosigkeit auf humanitäre Unterstützung angewiesen. Insbesondere weibliche Mitarbeiterinnen spielen dabei eine entscheidende Rolle.

Mehr als 90 Prozent unseres medizinischen Personals im Entbindungskrankenhaus von Khost sind weiblich. Wenn diese Politik vollständig umgesetzt wird, wird noch mehr Müttern der Zugang zu pränataler und postnataler Behandlung verwehrt.

Felipe Rebeiro, Landeskoordinator in Afghanistan

Lebenserwartung in Afghanistan und Österreich im Vergleich

Ländervergleich Österreich & Afghanistan

AT
AF
83.80
63.20

Lebens­erwartung Frauen

in Jahren

Quelle: WHO, data.worldbank.org

AT
AF
79.40
63.30

Lebens­erwartung Männer

in Jahren

Quelle: WHO, data.worldbank.org

AT
AF
3.00
45.00

Säuglings­sterblichkeit

je 1000 Geburten

Quelle: WHO, data.worldbank.org

AT
AF
5.20
0.30

Ärzt:innen

je 1000 Einwohner­:innen

Quelle: WHO, data.worldbank.org

Zoom in Zoom out Afghanistan Angola Albania United Arab Emirates Argentina Armenia Australia Österreich Azerbaijan Burundi Belgium Benin Burkina Faso Bangladesh Bulgaria Bosnia and Herz. Belarus Belize Bolivia Brazil Brunei Bhutan Botswana Central African Republic Canada Switzerland Chile China Ivory Coast Cameroon Dem. Rep. Congo Congo Colombia Costa Rica Cuba Czech Rep. Germany Djibouti Denmark Dominican Rep. Algeria Ecuador Egypt Eritrea Estonia Ethiopia Finland Fiji Gabon United Kingdom Georgia Ghana Guinea Gambia Guinea-Bissau Eq. Guinea Greece Greenland Guatemala Guyana Honduras Croatia Haiti Hungary Indonesia India Ireland Iran Iraq Iceland Israel Italy Jamaica Jordan Japan Kazakhstan Kenya Kyrgyzstan Cambodia Korea Kuwait Lao PDR Lebanon Liberia Libya Sri Lanka Lesotho Lithuania Luxembourg Latvia Morocco Moldova Madagascar Mexico Macedonia Mali Myanmar Montenegro Mongolia Mozambique Mauritania Malawi Malaysia Namibia Niger Nigeria Nicaragua Netherlands Norway Nepal New Zealand Oman Pakistan Panama Peru Philippines Papua New Guinea Poland Dem. Rep. Korea Portugal Paraguay Palestine Qatar Romania Russia Rwanda W. Sahara Saudi Arabia Sudan South Sudan Senegal Sierra Leone El Salvador Serbia Suriname Slovakia Slovenia Sweden Eswatini Syria Chad Togo Thailand Tajikistan Turkmenistan Timor-Leste Tunisia Turkey Taiwan Tanzania Uganda Ukraine Uruguay United States Uzbekistan Venezuela Vietnam Vanuatu Yemen South Africa Zambia Zimbabwe Somalia French Guiana France Spain Aruba Anguilla Andorra Antigua and Barb. Bahamas Bermuda Barbados Comoros Cape Verde Cayman Is. Dominica Falkland Is. Faeroe Is. Grenada Hong Kong St. Kitts and Nevis Saint Lucia Liechtenstein Maldives Malta Montserrat Mauritius New Caledonia Nauru Pitcairn Is. Puerto Rico Fr. Polynesia Singapore Solomon Is. São Tomé and Principe Sint Maarten Seychelles Turks and Caicos Is. Tonga Trinidad and Tobago St. Vin. and Gren. British Virgin Is. U.S. Virgin Is. Cyprus Reunion Mayotte Martinique Guadeloupe Curaco Canary Islands

1980

Beginn der Arbeit

39,5

Mio. EUR

Ausgaben (Vorjahr)

2343

Einsatz­kräfte

Medizinische Versorgung und Krankheiten in Afghanistan, die wir behandeln

Mangelernährung und Masern gefährden vor allem Kinder

Mangelernährung ist und bleibt eine Gefahr in Afghanistan - vor allem für Kinder. Anhaltende Dürren und knappe Lebensmittel sind einige Gründe. 

Zusätzlich dazu verzeichnen unsere Mitarbeiter:innen in Helmand und Herat eine besorgniserregende Zahl von Masernfällen. Masern sind für die Kinder, deren Immunsystem bereits aufgrund von Mangelernährung geschwächt ist, ein lebensbedrohliches Risiko. Wir haben die Kapazitäten in unseren medizinischen Einrichtungen extrem aufgestockt und unterstützen Krankenhäuser in den Regionen. 

Behandlung von Tuberkulose in Kandahar

Resistente Tuberkulose ist ein großes Problem in Afghanistan. Mangelndes Wissen über die Krankheit und unzureichende Verfügbarkeit von wirksamen Medikamenten verschärfen das Problem. In Kandahar unterstützen wir deshalb das Gesundheitsministerium bei der Diagnose und Behandlung von resistenten Formen der Tuberkulose.

In unserem Behandlungszentrum versorgen wir Patient:innen sowohl ambulant als auch stationär und unterstützen sie bei den psychischen Herausforderungen, die mit der monatelangen Behandlung einhergehen. 

DR-TB | MSF Kandahar Treatment Centre
MSF/Laura Mc Andrew
Badro Noor Mohammad wird in unserem Behandlungszentrum in Kandahar wegen ihrer medikamentenresistenten Tuberkulose behandelt.

Lebensrettende Geburtshilfe für Mütter und Kinder

In unserer Klinik in Khost in Afghanistan kommen mehr Kinder zur Welt als in jedem anderen Projekt von Ärzte ohne Grenzen

Dank kostenloser, qualitativ hochwertiger Gesundheitsversorgung können wir in unseren beiden Krankenhäusern in der Provinz Khost und Helmand des Leben vieler Mütter und Neugeborenen retten.

Ein wichtiger Beitrag in einem vom Krieg gezeichneten Land: Denn nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben in Afghanistan fast 70-mal mehr Mütter bei der Geburt als in Deutschland. Ein Grund dafür ist, dass in dem Land nur knapp mehr als die Hälfte der Geburten durch geschultes Personal begleitet wird.

In ländlichen Regionen wie der Provinz Khost wird die Lage dadurch verschärft, dass es nur Frauen erlaubt ist, Patientinnen zu behandeln.

Deshalb ist die Ausbildung von medizinischem Personal ein wichtiger und integraler Bestandteil unserer Arbeit in Afghanistan. Allein in unserer Klinik in Khost arbeiten rund 280 Afghaninnen. Das Projekt ist damit inzwischen der größte Arbeitgeber für Frauen in der Region. Außerdem unterstützen wir insgesamt acht weitere Gesundheitszentren in der Region, damit Patientinnen bei unkomplizierten Geburten näher an ihrem Wohnort entbinden können.

Giving birth in Dasht-e-Barchi
Sandra Calligaro
Die junge Mutter und ihre Zwillinge waren unsere Patient:innen.

Notfallversorgung in Lakschar Gar

Die Provinz Helmand ist seit mehr als einem Jahrzehnt Schauplatz heftiger Auseinandersetzungen. Auch nach der Machtübernahme durch die Taliban ist das Boost-Krankenhaus in Lashkar Gah ausgelastet. Denn es ist das einzige voll funktionsfähige öffentliche Krankenhaus in der Provinz. In unserer Notaufnahme herrscht weiterhin Hochbetrieb. 

Im Mai 2021 kam es in der Gegend von Laschkar Gah zu schweren Kämpfen, die bis August 2021 anhielten. Vor allem im Juli und August wurde in den Straßen heftig gekämpft, wodurch es für die Menschen zu gefährlich wurde ins Krankenhaus zu kommen. 13 Tage lang war es unseren Teams nicht möglich, das Boost-Krankenhaus zu verlassen.

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