Wie die Hilfe zu den Menschen kommt

Wie die Hilfe zu den Menschen kommt
Kommentar von International Bloggers
07.09.2016

Die Anthropologin Bernadette Schausberger ist seit April 2016 im Einsatz mit Ärzte ohne Grenzen in Sierra Leone. Durch die Ebola-Epidemie in Westafrika wurde das ohnehin schwache Gesundheitssystem des Landes empfindlich getroffen. Durch zahlreiche Todesfälle unter medizinischen Fachkräften ist der Zugang zur Gesundheitsversorgung weiter eingeschränkt, und fehlende Routine-Impfungen führen zu Ausbrüchen vermeidbarer Krankheiten. Lesen Sie in ihrem Blogbeitrag, wie wir versuchen, medizinische Hilfe näher zu den Menschen zu bringen.

Ich schreibe von meinem zweiten Einsatz mit Ärzte ohne Grenzen, der mich dieses Mal für neun Monate nach Sierra Leone in Westafrika gebracht hat. Wie schon bei meinem ersten Einsatz im Südsudan bin ich auch hier als Anthropologin im Sinne der Gesundheitsförderung und Gesundheitsaufklärung tätig. Unser Projekt ist im Norden des Landes, wo wir dabei sind, das marode Gesundheitssystem zu stärken und die hohe Mutter-Kind-Sterblichkeit etwas zu verringern. Wir versuchen das mit einem verstärkten Engagement im Krankenhaus von Kabala, wo Teams von Ärzte ohne Grenzen zusammen mit Personals des Gesundheitsministeriums arbeiten.

Gesundheitsaufklärung bedeutet hier im Krankenhaus, Informationen und Weiterbildungen anzubieten zu den Themen Hygiene, Ernährung, Malaria und anderen häufig auftretenden Krankheiten. Wir arbeiten auch mit einem Netz aus so genannten „Community Health Workers“ in den umliegenden Dörfern. Sie sind wesentlich für die Feststellung von Krankheiten, leisten Nothilfe – zum Beispiel mit Malaria-Schnelltests und Medikation – und bringen gebärende Frauen oder Notfälle ins nächste Gesundheitszentrum. Außerdem führen wir Trainings- und Bildungsarbeit in den Dörfern durch, die oft sehr weit weg vom nächsten Gesundheitszentrum liegen. So versuchen wir, gesundheitsrelevante Themen einer breiten Bevölkerungsschicht zugänglich zu machen.

Bernadette Schausberger/MSF
Kabala, Sierra Leone, Juli 2016: Unsere GesundheitshelferInnen im Einsatz in entlegenen Dörfern, wo kaum eine medizinische Versorgung besteht.

Mein Tag beginnt entweder im Büro, wo ich zusammen mit meinem kleinen Team Trainings vorbereite oder Materialien gestalte. Meistens sind diese Unterlagen audiovisuell aufbereitet, da ein großer Teil unseres Zielpublikums nicht lesen und schreiben kann. Sonst sind wir im Krankenhaus aktiv, wo wir je nach Bedarf die Menschen beraten. Oft sind wir aber auch in den umliegenden Dörfern unterwegs, um die lokalen GesundheitsarbeiterInnen zu unterstützen, Fortbildungen anzubieten oder Fällen zu folgen, die aus dem Krankenhaus entlassen wurden und Nachbetreuung brauchen.

In Sierra Leone auf Einsatz zu sein, heißt, keine Angst vor Bomben und Krieg haben zu müssen und sich frei bewegen zu können. Die hygienischen Verhältnisse sind aber sehr dürftig und das Risiko für Malaria enorm hoch. Die Gefahr von Krankheitsausbrüchen ist unser täglicher Begleiter.

Dass wir trotzdem weiter machen, liegt daran, wie notwendig unsere Arbeit für viele Menschen hier ist – denn breite Teile der Bevölkerung haben aus strukturellen oder finanziellen Gründen keinen Zugang zum Gesundheitssystem. Und wir tun es in der Hoffnung, die Verantwortlichen an den Hebeln der Macht daran zu erinnern, was sie ihren Wählern versprochen haben. Dass Menschen nicht oder nur unter sehr schwierigen Verhältnissen ins Krankenhaus kommen, liegt an einer kaum vorhandenen Infrastruktur. Unsere Gemeindegesundheitshelfer versuchen, diese Lücke wett zu machen und medizinische Hilfe näher zu den Menschen in abgelegenen Orten zu bringen. Sie sind das Glied des Gesundheitssystems, das am nächsten an den Menschen dran ist.

Beste Grüße,
Bernadette

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