"Hier kann man helfen, ohne selbst Arzt zu sein!"

Bei Mapping-Parties helfen Freiwillige, Landkarten von vergessenen Krisengebieten zu erstellen - in Wien, London, Brüssel & Co. Unser Team in Prag zeigt, wie.
Kommentar von
08.02.2017

Wir befinden uns im Jahre 2017. Die ganze Welt ist vermessen und auf Landkarten eingezeichnet... Die ganze Welt? Nein! Denn es gibt noch immer weiße Flecken auf dem Globus - und zwar in vergessenen Krisenregionen wie dem Südsudan, Malawi oder Simbabwe. Die gute Nachricht: Jeder und jede kann etwas dagegen tun, und selbst mithelfen, diese fehlenden Karten zu erstellen. Entweder von Zuhause aus, am Smartphone, oder bei Mapathons in Wien, London, Brüssel - und Prag.

"Die Organisation Ärzte ohne Grenzen kenne ich schon länger, meine Schwester ist sogar Ärztin. Aber als ich davon gelesen habe, das man hier helfen kann, ohne selbst Arzt zu sein, wollte ich unbedingt mitmachen!" Lenka hat einen Zeitungsbericht gelesen - und daraufhin beschlossen, bei einem Mapathon mitzumachen. Deshalb sitzt sie am 31. Jänner abends gemeinsam mit 30 anderen Freiwilligen im Co-Working Space Opera in Prag, und zeichnet zwei Stunden lang Hütten, Dörfer und Siedlungen in Aweil im Südsudan ein. Doch nicht nur in Prag, sondern auf der ganzen Welt helfen Interessierte zusammen, um humanitäre Organisationen zu unterstützen.

Hanna Spegel/MSF
Auf die Plätze, fertig, mappen! Mit Laptop, Maus und Internetverbindung kann man sofort loslegen.

Denn im Südsudan, dem jüngsten Land der Welt, wütet seit Jahren ein gewaltsamer Konflikt, es gibt kaum medizinische Infrastruktur, die Menschen sind oft von jeglicher Hilfe abgeschnitten. Teams von Ärzte ohne Grenzen und anderen Organisationen sind vor Ort im Einsatz, müssen sich jedoch bei der Planung ihrer Aktivitäten auf ungenaues oder sogar händisch gezeichnetes Kartenmaterial verlassen. So ist es beinahe unmöglich, wirklich zu wissen, wie viele Menschen in dieser Region leben, welche Versorgung sie brauchen und wie am effizientesten Hilfe geleistet werden kann. Deshalb ist dieses Gebiet mit der Projekt-Nummer #2442 jetzt eine Priorität, bald sollen alle nötigen Details eingezeichnet sein.

Hanna Spegel/MSF
Einsatzteams müssen teilweise heute noch mit handgezeichneten Karten arbeiten, erklärt Jan Böhm. Er ist Digital Strategist von Ärzte ohne Grenzen in Prag und organisiert seit 2016 Mapathons in Tschechien.

Auch im Alltag ist Jan Böhm ein begeisterter Mapper: "Wenn ich Routine-Aufgaben erledigen muss, öffne ich zwischendurch gerne mal den Task-Manager unseres aktuellen Projekts - und mappe ein paar Minuten lang. So habe ich wieder das Gefühl, wirklich einen Unterschied in der Welt zu bewirken."

Hanna Spegel/MSF
Innerhalb weniger Stunden kann ein ganzes Gebiet bearbeitet werden.

Die von Ärzte ohne Grenzen in Tschechien veranstalteten Mapping-Parties finden seit Mai 2016 statt, heuer bereits in Prag, Brno und Olomouc. Pro Veranstaltung kommen zwischen 30 und 60 Freiwillige, die für 2-3 Stunden gemeinsam ein Zielgebiet bearbeiten. Mittlerweile helfen auch Volunteers dabei, die Mapathons zu organisieren und neue InteressentInnen einzuschulen.

Einer davon ist Pavel, ein Geografie-Student. Er ist als Aktivist im Rahmen der Flüchtlingshilfe und bei anderen Projekten aktiv und hat via Facebook zufällig von den Mapping-Parties erfahren: "Schon nachdem ich die ersten paar Sätze darüber gelesen hatte, war ich begeistert: Endlich eine Möglichkeit, selbst bei einer Organisation wie Ärzte ohne Grenzen mitzuhelfen! Und noch dazu mit etwas, was ich ohnehin liebe: Mapping." Nachdem Pavel ein paar Mal mitgemacht hatte, kontaktierte er Jan, um sich mehr einzubringen - wenig später fand der erste Mapathon in der Universitätsstadt Olomouc statt, sogar der meistbesuchte bisher.

Links: Hanna Spegel/MSF. Rechts: Pavel P.
Bei einem Mapathon im Jänner in Wien wurden bereits 6.085 Gebäude in Aweil eingezeichnet. Nächste Chance zum Mappen gibt es am 2. März!

Mithilfe der Mapathons und Einzelpersonen, die entweder auf www.missingmaps.org oder mit der kostenlosen Smartphone-App MapSwipe Kartenmaterial beisteuern, sollte das Gebiet rund um Aweil demnächst vollständig digital abgebildet sein. Die geografischen Daten, die so erhoben werden, stehen via OpenStreetMap internationalen und lokalen Nichtregierungsorganisationen zur Verfügung. Die Plattform garantiert, dass alle Daten, die im Rahmen des Projekts gesammelt werden, der Öffentlichkeit frei zugänglich sind. Und es bleibt weiterhin viel zu tun: Gebiete in Sambia, Nigeria, Malawi & Co warten!

Der nächste Mapathon in Österreich findet am 2. März in der Universität Wien statt - einen Tag vor dem 4. Humanitären Kongress. Alle sind herzlich eingeladen, mitzumappen :-)

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