Willkommen in Doruma

Kommentar von Ralf Ohnmacht
19.03.2014
Willkommen in Doruma

Nachdem mich die Cessna Caravan nach einem knapp 2-stündigem Flug über den scheinbar endlosen Regenwald im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo auf einer kleinen braunen Landepiste abgesetzt hatte und wieder hinter den Baumkronen verschwunden war, hatte ich das Gefühl, am Ende der Welt angekommen zu sein. Das Flugzeug war nicht mehr zu sehen, doch die versammelten kleinen Kinder blickten ihm noch immer nach und bewegten dabei aufgeregt ihre Arme im Kreis, als wollten sie ihm nachfliegen. Die Kleinen sind Flugzeuge offenbar gewohnt, sie leben neben der Landepiste, dem besten Radweg weit und breit.

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Die Landebahn in Doruma in der Demokratischen Republik Kongo,
weniger Kilometer vom Südsudan entfernt
© Ralf Ohnmacht/MSF

Die Reise von Wien hierher dauerte 5 Tage. Über Berlin nach Doha in Katar, weiter nach Kampala in Uganda, von dort aus nach Bunia im Ost-Kongo und schlussendlich nach Doruma, wo sich das Projekt von Ärzte ohne Grenzen befindet, in dem ich bis Mai als Logistiker arbeiten werde. Die kleine Ortschaft im Nordosten des Landes liegt nur 10 Kilometer von der südsudanesischen Grenze entfernt. Das Gebiet am „Dreiländereck" bestehend aus der Demokratischen Republik Kongo, dem Südsudan und der Zentralafrikanischen Republik war aus Sicherheitsgründen lange Zeit nur schwer zugänglich, und ist in der Regenzeit für uns nach wie vor nur per Flugzeug zu erreichen. Unser mobiles Team, zuletzt in der Ortschaft Bili weiter im Westen aktiv, widmet sich hier der Aufgabe, die Schlafkrankheit und deren „Hotspots“ aufzusuchen, die Bevölkerung auf die entsprechenden Parasiten zu untersuchen und gegebenenfalls zu behandeln.

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Untersuchung eines Patienten auf Schlafkrankheit
© Ralf Ohnmacht/MSF

Meine Aufgabe als Logistiker besteht im Wesentlichen darin, die logistisch-technische Infrastruktur, die für dieses Programm erforderlich ist, herzustellen und zu sichern. Neben dem medizinischen und labor-technischen Equipment sind Fahrzeuge, Generatoren, Kommunikationsmittel und vieles mehr notwendig. Um sie zu betreiben und erhalten zu können, bedarf es Treibstoff, Verschleiß- und Ersatzteile. Und um überhaupt aktiv werden zu können, braucht es natürlich auch Personal. Die Mitarbeiter brauchen Trinkwasser, Lebensmittel, Zelte, Betten u.v.m. Es ist ein Rattenschwanz, den ein mobiles Labor mitten im kongolesischen Regenwald hinter sich herzieht.

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Der kongolesische Regenwald – unser Arbeitsplatz
© Ralf Ohnmacht/MSF

Die Schlafkrankheit zählt zu den sogenannten „vernachlässigten Krankheiten“, den „neglected diseases“. Sie kommt nur in wenigen Gebieten der Erde vor, ihr Verlauf dehnt sich über Monate bis Jahre – doch ihr Ausgang ist tödlich. Die Identifizierung der von der Tsetse-Fliege übertragenen Parasiten ist sehr aufwendig und erfordert neben speziell ausgebildeten Labortechnikern eine Menge an Equipment.

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Ein mobiles Labor zur Diagnose der Schlafkrankheit
© Ralf Ohnmacht/MSF

Eine Behandlung ist möglich und in den meisten Fällen auch wirksam, aber sehr teuer und kaum verfügbar. In den wenigen Gebieten auf der Welt, wo diese Krankheit vorkommt, sterben die infizierten Menschen nach Monaten oder Jahren in unspektakulärer Weise. In den meisten Fällen wissen die Angehörigen nicht einmal, woran ihre Kinder, Geschwister, Eltern oder Freunde gestorben sind. Es gibt kaum Statistiken und nur wenige Medien, die darüber berichten.

Ärzte ohne Grenzen ist seit mehr als 10 Jahren in der nordöstlichen Provinz Orientale in der Demokratischen Republik Kongo tätig. Neben Notfallprojekten und der Unterstützung von Vertriebenen, der Soforthilfe bei Malaria- und Masern-Ausbrüchen und der Betreuung von Menschen mit HIV/Aids sind auch laufend mobile Teams zur Bekämpfung der Schlafkrankheit im Einsatz. Seit 2007 haben diese Teams ca. 200.000 Tests durchgeführt und mehr als 5.500 PatientInnen behandelt (Stand Ende 2013).

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