11.11.2021
Alice Authier ist Koordinatorin für die Onkologieprojekte in Mali. Im Interview erläutert sie Herausforderungen bei der Vorsorge und Behandlung von Brustkrebs.

2018 beschlossen die Teams von Ärzte ohne Grenzen und das malische Gesundheitsministerium, gemeinsam Patientinnen, die an Brust- und Gebärmutterhalskrebs erkrankt sind, zu helfen.

Anlässlich des Pink October - der international als der Monat für Sensibilisierung zum Thema Brustkrebs bekannt ist - organisierten sie gemeinsam in Zusammenarbeit mit weiteren lokalen Partner:innen die Pink-October-Kampagne in Bamako. Sie sollte so viele Frauen wie möglich dazu bringen, sich in einer der 21 Gesundheitseinrichtungen in Mali kostenlos auf Brust- und Gebärmutterhalskrebs untersuchen und bei Bedarf behandeln zu lassen. Im Rahmen der Initiative wurden mehr als 5.000 Frauen in Bamako auf Brust- und Gebärmutterhalskrebs untersucht.

Alice Authier berichtet:

Welche Art von Unterstützung leisten die Teams von Ärzte ohne Grenzen?

Unser Ziel war es, gemeinsam mit den malischen Behörden ein Projekt zu entwickeln, um allen Frauen mit Verdacht auf Brust- oder Gebärmutterhalskrebs Zugang zu notwendigen Untersuchungen, Diagnose und Behandlung zu ermöglichen.

Eine frühzeitige Diagnose, insbesondere bei Brustkrebs, ist entscheidend, um die Überlebenschancen zu verbessern und eine möglichst schnelle Behandlung zu ermöglichen.

Dies ist die Kernbotschaft der Pink-October-Kampagne.
 
Wir organisieren Informationskampagnen, spenden Geräte wie Biopsiezangen und bieten Hebammen und Krankenpfleger:innen in den Gesundheitszentren von Bamako technische Unterstützung. Wir übernehmen auch die Kosten für Mammographien, medizinische Bildgebung und für die Nachsorge der Patientinnen.
 
Entnommene Kontrollproben werden an das anatomisch-pathologische Labor des Point G Hospitals geschickt. Es ist das einzige öffentlich finanzierte Labor des Landes, das über die für die Krebsdiagnose erforderlichen Einrichtungen verfügt. Wir haben zur Renovierung und Ausstattung des Labors beigetragen, um genaue und schnelle Diagnosen zu ermöglichen. Je nach Diagnose bieten wir den Patientinnen spezifische Therapien an.

Pink October campaign in Bamako
MSF/Mohamed Dayfour
Alice Authier spricht auf der Eröffnungszeremonie der Pink-October-Kampagne.

Um welche Therapien handelt es sich dabei? Welche Behandlungspakete stehen den Patientinnen zur Verfügung?

Es gibt drei Therapien, die je nach Stadium der Krebserkrankung entweder zusammen oder getrennt eingesetzt werden können. Es handelt sich um einen operativen Eingriff, Chemotherapie und Strahlentherapie. Ein Ärzt:innenteam von Ärzte ohne Grenzen und dem malischen Gesundheitsministerium führt Chemotherapien in der Abteilung für Onkologie und Hämatologie des Point G Hospitals durch. Im Jahr 2020 gab es insgesamt 3.000 Behandlungen. Zusätzlich wurde ein Raum für die Vorbereitung der Chemotherapie renoviert, um die Sicherheitsstandards zu verbessern.

Wenn der Regierung die Medikamente ausgehen, liefern wir sie, damit die Patientinnen Zugang zu einer kostenlosen Behandlung haben. Wir übernehmen auch die Kosten für die Operationen unserer Patientinnen in den Krankenhäusern Point G und Gabriel Touré, denn es ist wichtig, dass sie so schnell wie möglich mit der Behandlung beginnen können. Diese Krankheit zu besiegen ist ein Wettlauf mit der Zeit.
 
Strahlentherapie wird im Krankenhaus von Mali angeboten. Das Krankenhaus verfügt über das einzige Strahlentherapiegerät im Land. Mali hat 20 Millionen Einwohner:innen, damit reicht es nicht aus, um alle Patient:innen zu behandeln. Die Wartezeiten können lang sein und es kommt häufig zu Ausfällen. Die Strahlentherapie darf keinesfalls unterbrochen werden, da sonst gesundheitsschädliche Folgen auftreten können und die Situation der Patientinnen damit zusätzlich zur Krankheit verschlechtert werden kann.

 

Wie geht es mit dem Onkologieprojekt in Mali weiter?


 

Palliativmedizin, Schmerztherapie, psychologische und soziale Betreuung, Wundversorgung - auch mobil - bleiben ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit mit unseren Patientinnen.
 
Wir wollen noch mehr tun, um Frauen und ihre Familien über die Wichtigkeit regelmäßiger Untersuchungen und über die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten zu informieren. Außerdem möchten wir die systematische Untersuchung auf Brust- und Gebärmutterhalskrebs im Rahmen ärztlicher Routineuntersuchungen ausweiten. Wir wollen auch über Bamakos Grenzen hinaus ähnliche Aktivitäten in anderen Regionen des Landes einleiten.
 
Priorität werden in den nächsten Jahren der Aufbau einer multidisziplinären Krebsversorgung in Zusammenarbeit mit den malischen Gesundheitsbehörden, Verbänden und der Zivilgesellschaft sowie die Erleichterung des Zugangs der Patientinnen zu Behandlungsmöglichkeiten, insbesondere zur Strahlentherapie, haben. 
 
 
Im Rahmen der Pink-October-Kampagne wurden zwischen Januar und Juni 2021 bei 166 Frauen Brustkrebs und bei 126 Frauen Gebärmutterhalskrebs diagnostiziert. Seit Anfang des Jahres haben die Teams von Ärzte ohne Grenzen mehr als 1.110 Patientinnen unterstützt und palliativ versorgt. Zu den Leistungen gehören Hausbesuche, soziale Unterstützung für Patientinnen und ihre Familien sowie psychologische Beratungen.

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