18.10.2023
Mulikat Okolanwon hat die Krankheit Noma überlebt. Heute ist sie keine Patientin mehr im Sokoto-Krankenhaus. Heute arbeitet sie hier und hilft anderen Betroffenen.

Als ich ein kleines Kind war, bin ich plötzlich krank geworden. Ich habe bei meinen Großeltern gelebt, in einem Dorf in Nigeria. Sie haben alles versucht, was sie konnten. Aber die unbekannte Krankheit wurde immer schlimmer und hat mein Gesicht zerstört. Damals wussten wir nicht, dass es Noma ist.

Was ist Noma?

Noma survivors: closer to getting the attention they deserve
Fabrice Caterini/Inediz

Mulikat wurde mehrmals operiert. Das hat sie ermutigt ihre Träume zu leben.

Noma betrifft vor allem Menschen, die in Armut leben. Es ist eine bakterielle Krankheit, die als Zahnfleischentzündung beginnt, ähnlich wie ein kleines Geschwür im Mund. Die Infektion zerstört sehr schnell Knochen und Gewebe – bis das ganze Gesicht entstellt ist.

Für viele ist die Krankheit tödlich. Noma führt innerhalb weniger Tage zu schweren Entstellungen. Diese machen es schwer zu sprechen, sehen, essen oder zu atmen. Wer überlebt, muss oft lebenslang mit den Folgen kämpfen. Dazu kommen Stigmatisierung und Ausgrenzung.

Ich bin schließlich in ein Krankenhaus in der Nähe überwiesen worden. Dort haben mich die Ärzt:innen mit Medikamenten behandelt. Geblieben ist mir ein entstelltes Gesicht. Es war sehr schwer, mit Menschen in der Gemeinschaft in Kontakt zu sein. Stellen Sie sich ein Leben vor, in dem die Leute vor Ihnen davonlaufen. Sogar ich selbst konnte nicht in den Spiegel schauen. Ich war allein, habe nur noch geweint. Und mir oft gewünscht, ich hätte nicht überlebt.

Mit Noma leben

Zum Glück habe ich einen Professor in Lagos getroffen. Er hat mich an das Noma-Krankenhaus in Sokoto überwiesen. Das Team von Ärzte ohne Grenzen hat mich dort behandelt: Ich hatte zum ersten Mal eine erfolgreiche plastische Operation. Es sind fünf weitere Operationen in den nächsten 20 Jahren gefolgt. Das Ergebnis sehen Sie jetzt.

Endlich konnte ich mich selbst annehmen, Fotos von mir machen und mit Menschen in der Gemeinschaft sprechen. Ich habe mich in der Schule eingeschrieben. Es war nicht leicht, die Kosten zu tragen, aber ich habe durchgehalten – und bin meinen Weg gegangen.

Anderen Betroffenen helfen

Heute habe ich ein Diplom in Gesundheitsinformationsmanagement. Seit Jänner 2018 arbeite ich als Hygienebeauftragte für Ärzte ohne Grenzen im Sokoto-Krankenhaus. Hier behandeln wir Noma-Patient:innen kostenlos. Zusätzlich bin ich in unserer Abteilung für psychische Gesundheit tätig. Indem ich anderen Patient:innen und ihren Familien meine Geschichte erzähle, gebe ich ihnen die Kraft zum Weiterkämpfen.

Noma survivors: closer to getting the attention they deserve
Fabrice Caterini/Inediz
Heute arbeitet Mulikat als Hygienebeauftragte im Sokoto-Krankenhaus.

Noma sollte nicht mehr existieren

Im Jahr 2022 bin ich als Noma-Expertin in die Schweiz eingeladen worden. Ich habe meine Geschichte auf der WHO-Weltgesundheitsversammlung geteilt. 90 Prozent aller Noma-Patient:innen sterben innerhalb weniger Wochen. Das ist etwas, das wir verhindern können. Denn Noma ist eine vermeidbare und behandelbare Krankheit, die nicht mehr existieren sollte.

Mein Team und ich reisen mit mobilen Teams in Gemeinden und geben Informationen, wie man eine Infektion vermeiden kann. Wir verteilen Mundhygiene-Sets und suchen gezielt nach Betroffenen, um sie zu behandeln. Seit 2014 haben wir zusammen mit dem nigerianischen Gesundheitsministerium mehr als 1.100 Operationen bei etwa 800 Noma-Patient:innen durchgeführt.

1.100

Operationen

Im Sokoto-Krankenhaus haben wir seit 2014 mehr als 1.100 Operationen bei etwa 800 Noma-Patient:innen durchgeführt.