28.01.2022
Bei einem Lassa-Fieber-Ausbruch in Nigeria fand Krankenpflegerin Shirley Samson heraus, was sie in ihrem Leben machen wollte. Doch der Weg zum Traumjob war nicht immer einfach.

Bei einem Ausbruch des Lassa-Fiebers in Nigeria entdeckte die Krankenpflegerin Shirley Samson ihre Leidenschaft für den Schutz ihrer Patient:innen und Kolleg:innen. Seitdem hat sie eine Pandemie überstanden, Versorgungsengpässe überwunden und ist nun genau dort angekommen, wo sie hinwollte. Hier ist ihre Geschichte: 

Ich kam zunächst mit einem befristeten Arbeitsvertrag zu Ärzte ohne Grenzen. Das Team brauchte Unterstützung bei der Versorgung von Patient:innen in der Hochsaison des Lassa-Fiebers, einer ansteckenden Viruserkrankung. 

Im Jahr zuvor, 2018, gab es hier einen großen Ausbruch von Lassa-Fieber. Das lokale Gesundheitspersonal hatte keinen Zugang zu geeigneter Schutzausrüstung und riskierte schließlich ihr Leben, um die Patient:innen zu versorgen. Einige starben dabei. Ärzte ohne Grenzen richtete ein Projekt ein, um auf die Krise zu reagieren. 

Ich wusste, wie viele Leben der Lassa-Fieber-Ausbruch 2018 gefordert hatte. Als mir die befristete Stelle von Ärzte ohne Grenzen angeboten wurde, war ich deswegen skeptisch, was die Arbeit im Behandlungszentrum anging. Doch an meinem ersten Tag sah ich, dass es hier alles gab, was ich zu meiner Sicherheit brauchte: Kittel, Stiefel, OP-Kleidung, Overalls, Masken, Atemschutzmasken und Schutzbrillen. 

Shirley Samson
MSF
Shirley in Schutzausrüstung

Ich sagte mir: "Geschützt wird mich nichts davon abhalten, diese kranken Menschen zu versorgen." 

Kein Geld – keine Versorgung

In meinen früheren Jobs war ich oft im Zwiespalt. Ich hatte noch nie irgendwo gearbeitet, wo die Gesundheitsversorgung kostenlos war. Normalerweise müssen Patient:innen und ihre Familien für alle Leistungen im Gesundheitsbereich bezahlen. Wenn sie kein Geld haben, behandelt man sie nicht. Das bedeutet, dass man als Krankenpfleger:in zwei Möglichkeiten hat: Entweder man gibt sein eigenes Geld aus, um sich um Patient:innen zu kümmern, oder man sieht zu, wie sie leiden. 

Aber in diesen vier Monaten im Lassa-Fieber-Projekt von Ärzte ohne Grenzen konnte ich alles für meine Patient:innen tun, was ich wollte. Wir hatten Schutzausrüstung. Wir hatten Zugang zu Medikamenten. Wenn ich sah, dass mein:e Patient:in verunsichert war, konnte ich mit den Psycholog:innen sprechen und sie unterstützten mich.  

Meine Patient:innen hatten im Grunde alles, was sie brauchten. Das hat mich sehr, sehr glücklich gemacht. 

Der Moment, als ich es wusste

Aber im April 2019, als die Lassa-Fieber Hochsaison vorbei war, endete auch mein befristeter Vertrag. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich, was ich wollte.  

Ich wollte einen Job, bei dem meine Patient:innen nicht leiden müssen, weil sie kein Geld haben. Die Leidenschaft war in mir einfach entfacht.

Ich begann, nach Stellen bei Ärzte ohne Grenzen zu suchen. Auf jede Anzeige, die ich sah, habe ich mich beworben. Ich bewarb mich sogar als Reinigungskraft, so sehr wollte ich bei Ärzte ohne Grenzen mitarbeiten.  

Schließlich bekam ich eine Stelle als Krankenpflegerin in Nordnigeria, in einem Krankenhaus für Menschen, die durch den Konflikt dort vertrieben wurden. Es war eine neue Herausforderung. Aber meine Erfahrung mit dem Lassa-Fieber ließ mich nicht los. Ich hatte eine tiefe Leidenschaft für Infektionsprävention entwickelt. Ich hatte gesehen, wie sie Leben retten kann, und ich wollte mehr dazu lernen. 

Meine Leidenschaft: Infektionsprävention

Ich begann, Online-Kurse zu besuchen. Bei jeder Organisation, die eine Schulung zur Infektionsprävention und -kontrolle anbot, meldete ich mich an. Dieser Zweig der Medizin hat mich wirklich begeistert. Im Februar 2019 bewarb ich mich für die Stelle der Leitung für Infektionsprävention und -kontrolle in dem Lassa-Fieber-Projekt, mit dem meine Reise mit Ärzte ohne Grenzen begonnen hatte. 

Ich habe die Stelle bekommen. 

Was ich jetzt mache

In unserem Projekt betreiben wir einerseits Gesundheitsaufklärung. Unsere Teams sind dann in den Gemeinden unterwegs, um die Menschen darüber zu informieren, wie eine Ansteckung mit dem Lassa-Fieber vermieden werden kann. In der Zwischenzeit sorge ich dafür, dass sich das Virus nicht innerhalb des Krankenhauses ausbreitet. 

Lassa-Fieber ist noch nicht ausreichend erforscht. Das bedeutet, dass die Diagnose immer noch schwierig ist und die Behandlungsmethoden, die wir haben, von anderen Viruserkrankungen übernommen wurden. Für mich ist es deshalb umso wichtiger, Infektionen vorzubeugen. 

Ich sorge dafür, dass sich Mitarbeit:innen nicht versehentlich infizieren, und wenn ein:e Mitarbeiter:in infiziert wird, sorge ich auch dafür, dass die Person überwacht wird und bei Bedarf eine Postexpositionsprophylaxe erhält. Seit Ärzte ohne Grenzen hier aktiv ist, ist noch niemand vom Personal am Lassa-Fieber gestorben. 

Wir stellen sicher, dass alle, die im Zentrum arbeiten, gut geschult werden. Ich sorge dafür, dass die Reinigungs- und Dekontaminationsmaßnahmen den gängigen Standards entsprechen und passende Schutzausrüstung verfügbar ist. 

Für alle Fälle gewappnet

Letztes Jahr, als die Hochsaison des Lassa-Fiebers zu Ende ging, kam COVID-19 ins Spiel. Wir haben sofort umgeschaltet und begonnen, die COVID-19-Behandlungszentren zu unterstützen.  

Und wenn in der Region andere Krankheiten ausbrechen, wie Cholera, Gelbfieber oder akute Durchfallerkrankungen, sind unsere Teams zur Stelle.

Teil mehrerer Teams

Ich liebe meinen Job. Manchmal bin ich im Labor, manchmal in der Wäscherei oder in der zentralen Sterilisationseinheit. Ich habe mit allen zu tun. Ich arbeite mit dem medizinischen Team, dem Team für Gesundheitsaufklärung, dem Umweltgesundheitsteam und dem Logistikteam zusammen. 

Es ist eine Sache, Infektionen zu behandeln, aber es ist eine andere, sie zu verhindern. Wenn eine Infektion vermeidbar ist, versuchen wir, genau das zu tun.