Internationaler Frauentag 2015: Mädchen und junge Frauen im Fokus

Die Bedürfnisse von Mädchen und jungen Frauen werden im Gesundheitsbereich leider oft übersehen. Dabei ist es wichtig, sich um die spezifischen Themen zu kümmern, die sie betreffen: Unser Schwerpunkt zum Internationalen Frauentag am 8. März 2015.
03.03.2015
Family Planning / Early Pregnancy
Chris Peken
Nairobi, Kenia, 27.02.2015: Die 19-jährige Laventa lebt in Kibera, einem Armenviertel in Nairobi. Dort helfen Teams von Ärzte ohne Grenzen jungen Frauen und Paaren, die mit einer frühen Elternschaft kämpfen. Laventa Excerpt from IWD 2015 communications package available on MSF Connect: “I am 19 years old, married and I live in Kibera. I got pregnant with my second child in June 2014. I am expecting any time now. Before I got married, I was working as a house help. There are many challenges here in Kibera including sexual violence and poverty, leading to an increase in school drop outs and early pregnancies. At times as young women, we see how difficult life is and we opt to get married very young.” Médecins Sans Frontières established programmes in Nairobi’s Kibera slum in 1997. The Kibera Project now provides comprehensive outpatient care for HIV, tuberculosis and non-communicable diseases (e.g. hypertension, diabetes, asthma), mother and child care including family planning and maternity services, nutritional diagnosis and treatment, mental health services, and referrals of emergencies.

Die Bedürfnisse von Mädchen und jungen Frauen werden im Gesundheitsbereich leider oft übersehen. Dabei ist es wichtig, sich um die spezifischen Themen zu kümmern, die sie betreffen. Bei uns ist das z.B. die Aufgabe von Dr. Tane Luna, Spezialistin für Frauengesundheit. Sie erzählt von der Situation junger Frauen in ärmeren Ländern  – von fehlender sexueller Aufklärung, frühen Schwangerschaften und mangelnder Unterstützung durch Eltern, Partner und Gesellschaft.

Lesen Sie, was ihnen helfen würde und wie wir in unseren Programmen versuchen, dem mit kostenloser und vertraulicher Hilfe Rechnung zu tragen.

Heranwachsende Mädchen und junge Frauen im Alter zwischen 10 und 19 Jahren werden sowohl bei der Kinder- wie auch bei der Schwangeren- und Müttergesundheit oft vergessen. Sobald sie das sexuell aktive Alter erreicht haben, sind sie aber einem höheren Komplikationsrisiko während Schwangerschaft und Geburt ausgesetzt als erwachsene Frauen. Gleiches gilt für die Ansteckung mit sexuell übertragbaren Krankheiten und HIV/Aids.

Die Teenager-Jahre können eine schwierige Zeit sein: die jungen Leute bilden ihre Identität heraus, suchen ihren Platz in der Gesellschaft und entwickeln sich körperlich. Doch in vielen Ländern stehen Heranwachsende noch weitaus größeren Herausforderungen gegenüber. Vor allem Mädchen und jungen Frauen fehlt die sexuelle Aufklärung. Zudem stehen sie beim Zugang zur Gesundheitsversorgung vor ernst zu nehmenden Barrieren. Traditionelle Geschlechterrollen können dazu führen, dass ihnen die Macht fehlt, selbst über ihre Gesundheitsbelange zu entscheiden. Dies gilt insbesondere für Mädchen und junge Frauen, die selbst keine finanziellen Möglichkeiten haben, sich die medizinische Hilfe zu besorgen, die sie bräuchten.

Ohne Familienplanung gibt es eine hohe Zahl früher Schwangerschaften

Auch beim Thema Familienplanung fehlt jungen Frauen oft die Unterstützung durch die soziale Umgebung, die Eltern oder den Partner. Oftmals gibt keine Familienplanungs-Angebote. In Ländern, in denen das so ist, gibt es eine sehr hohe Zahl von frühen Schwangerschaften, die zudem unbegleitet bleiben. 95 Prozent der Geburten unter Heranwachsenden finden in Entwicklungsländern statt.

Ärzte ohne Grenzen kümmert sich in seinen Programmen um die wichtige medizinische Unterstützung für Mädchen und junge Frauen. Sie erhalten kostenlos vertrauliche Hilfe, womit bereits einige Barrieren genommen werden können.

Was für Mädchen und junge Frauen getan werden kann

Ein Beispiel für solche Programme ist unsere Unterstützung im Slum Kibera in Nairobi, Kenia. Dort helfen wir jungen Frauen und Paaren, die mit ihrer frühen Elternschaft kämpfen. Ein weiteres Beispiel ist Dhaka in Bangladesch. Wir haben unser dortiges Projekt neu auf die Bedürfnisse von schwangeren jungen Frauen und stillenden Müttern bis 19 Jahren ausgerichtet. Viele der Mädchen wussten nichts über Verhütung und wie man sich während einer Schwangerschaft verhält bzw. was bei Komplikationen zu tun ist.

Für Mädchen und junge Frauen können Schwangerschaften besonders gefährlich sein. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind sie die zweithöchste Todesursache unter den 15 bis 20-Jährigen. Wir legen bereits seit vielen Jahren einen Schwerpunkt bei der Begleitung von Notfall-Geburten, um lebensbedrohliche Komplikationen  zu verhindern. So betreiben wir in Afghanistan, Nigeria und Haiti Gesundheitszentren, in denen Frauen mit Notfall-Geburten und ihre Neugeborenen eine umfassende medizinische Versorgung erhalten. Die Teams behandeln unter anderem Frauen, die an einer Eklampsie („Schwangerschaftsvergiftung“) leiden, und intervenieren bei Geburtsstillständen und nachgeburtlichen Blutungen.

Ein neues Leben für Frauen mit Geburtsfisteln

Bei jüngeren Frauen hängt ein Geburtsstillstand oft damit zusammen, dass sie körperlich noch nicht voll entwickelt sind. Die Folgen können verheerend sein und die Frauen ein Leben lang beeinträchtigen – so zum Beispiel, wenn Geburtsfisteln entstehen. In unserem Projekt in Jahun, im Norden Nigerias, haben wir uns auf die Behandlung von Fisteln spezialisiert: ohne die speziellen chirurgischen Eingriffe zur Behebung der mit den Fisteln verbundenen Inkontinenz und die monatelange Behandlung und Rehabilitierung wäre eine junge Frau ihr Leben lang ausgegrenzt und geächtet.

Ein weiteres wichtiges Thema ist sexuelle Gewalt. Im Allgemeinen werden junge Frauen häufiger Opfer von Vergewaltigungen als ältere. Ohne eine angemessene Versorgung kann dies sexuell übertragbare Krankheiten wie HIV, ungewollte Schwangerschaften und psychologische Traumata zur Folge haben. Für sehr junge Frauen können die Konsequenzen allerdings gravierender sein, denn häufig haben sie nicht genug Vertrauen oder ihnen fehlt gar die Sprache, um darüber zu sprechen, was ihnen passiert ist.

In der Klinik für Opfer sexueller Gewalt, die wir im Slum Mathare in Nairobi (Kenia) betreiben, sind die Hälfte unserer Patientinnen jünger als 18 Jahre. Psychologische und medizinische Hilfe stehen hier rund um die Uhr zur Verfügung. In Tegucigalpa, Honduras, werden viele Mädchen im Alter von 10 bis 14 Jahren vergewaltigt und oftmals haben sie keinen Zugang zu der ohnehin nur sehr eingeschränkt vorhandenen Notfallversorgung. Wir setzen uns entschieden dafür ein, dass diese besonders schutzbedürftige Gruppe einen besseren Zugang zu medizinischer Versorgung erhält.

All die Themen, die hier angerissen wurden, können in der Jugendzeit von Mädchen sehr prägend sein und über ihr späteres Wohlbefinden oder gar Überleben mit entscheiden. Wir sollten uns das immer vor Augen führen.