21.05.2025
Die Mitgliedsstaaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben in Genf den Text des Pandemieabkommens verabschiedet. Melissa Scharwey, Expertin für globale Gesundheit von Ärzte ohne Grenzen erklärt, worum es dabei geht.

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„Mit der Verabschiedung des Pandemievertrags wurde nach langjährigen Verhandlungen endlich eine erste Einigung erzielt. Dieser kann nun die Rahmenbedingungen schaffen, um im Pandemiefall eine gerechtere Produktion und Verteilung von Impfstoffen, Medikamenten und anderen Medizinprodukten für alle Menschen sicherzustellen. Dies ist ein wichtiger Schritt – auch wenn der Prozess noch nicht vollständig abgeschlossen ist.” 

In mehreren wichtigen Fragen hätte das Pandemieabkommen stärkere Verpflichtungen enthalten können, wie beispielsweise einen verpflichtenden Technologietransfer. Dennoch begrüßt Ärzte ohne Grenzen seine positiven Elemente als wichtige Grundlage. Darauf könne aufgebaut werden, so Scharwey.

Zu diesen positiven Aspekten zählen insbesondere die Bestimmungen für den vorrangigen Zugang von Gesundheitspersonal zu medizinischen Gütern wie Impfstoffen, Medikamenten oder Tests sowie Regelungen für den verbesserten Zugang humanitärer Organisationen zu betroffenen Menschen im Pandemiefall. Ebenfalls begrüßenswert sind die Vereinbarungen zur Entwicklung und Umsetzung nationaler Richtlinien, die einen gerechten Zugang zu medizinischen Gütern für alle sicherstellen sollen, wenn öffentliche Mittel in die Forschung und Entwicklung dieser Produkte geflossen sind. Auch die Einigung über mehr Transparenz bei der Lieferung und Beschaffung von medizinischen Gütern ist ein wichtiger Erfolg. 

Ein Streitpunkt konnte bislang jedoch nicht geklärt werden und wird nun in einem Anhang zum Vertragstext weiterverhandelt: der sogenannte PABS-Mechanismus, der einerseits die Weitergabe von Daten über Krankheitserreger regeln soll, sowie andererseits die Leistungen, die Länder im Gegenzug für diese geteilte Daten erhalten sollen. Die WHO sieht vor, dass die Mitgliedstaaten in den nächsten sechs bis 12 Monaten eine Lösung für diesen Mechanismus aushandeln. Erst nachdem diese Bestimmungen finalisiert sind, kann das Pandemieabkommen als Ganzes ratifiziert werden und in Kraft treten.

Ärzte ohne Grenzen fordert die Regierungen der WHO-Mitgliedsstaaten dazu auf, jetzt mit der Umsetzung der Bestimmungen auf nationaler Ebene zu beginnen. 

„Den Worten müssen nun dringend Taten folgen. Denn als medizinische Nothilfeorganisation erleben unsere Teams in Einsätzen immer wieder, dass sie im Fall von Krankheitsausbrüchen und Pandemien mit leeren Händen dastehen, weil lebensnotwendige medizinische Gegenmaßnahmen nicht überall verfügbar sind. Um Menschenleben zu schützen und Pandemien effektiv einzudämmen, müssen die Vorkehrungen jetzt auch in nationale Gesetze überführt werden. Der heute verabschiedete Text zum Pandemieabkommen bietet dafür die richtige Grundlage,” sagt Scharwey.

Werner Reiter | Ärzte ohne Grenzen

Werner Reiter

Press Officer