Ärzte ohne Grenzen startet weltweite Kampagne zur Senkung der Preise für Pneumokokken-Impfstoff in ärmeren Ländern

23.04.2015
Ärzte ohne Grenzen startet heute Kampagne „A fair Shot“ zur Senkung des Preises für Pneumokokken-Impfstoff in ärmeren Ländern. Denn Lungenentzündung stellt eine der Hauptursachen für Kindersterblichkeit dar.
Annie McNicoll/MSF

Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) hat heute die weltweite Kampagne „A fair Shot“ gestartet, um die Pharmakonzerne GlaxoSmithKline (GSK) und Pfizer aufzufordern, den Preis für Pneumokokken-Impfstoff in ärmeren Ländern radikal auf 5 US-Dollar pro Kind zu senken und offenzulegen, wieviel die Impfstoffe derzeit in den unterschiedlichen Ländern kosten. Nur so können mehr Kinder vor dieser tödlichen Krankheit geschützt werden, die eine der Hauptursachen für Kindersterblichkeit darstellt.

Im Jänner hat Ärzte ohne Grenzen den Bericht über Impfstoffpreise „The Right Shot Report: Bringing Down Barriers to Affordable and Adapted Vaccines“ (PDF) veröffentlicht, der aufgezeigt hat, dass sich die Impfkosten für ein Kind in den ärmsten Ländern seit 2001 um das 68-fache erhöht haben und sich viele Länder neue hochpreisige Impfstoffe wie jene gegen Pneumokokken, die jährlich etwa einer Million Kinder das Leben kosten, nicht leisten können.

Preis für Immunisierung dramatisch gestiegen

„Wir sind Ärzte und haben zu viele Kinder atemringend an Lungenentzündung sterben gesehen. Daher fordern wir jeden auf, dem das Leben von Kindern etwas bedeutet, sich an unserer Kampagne zu beteiligen und Pfizer und GSK aufzurufen, zu gewährleisten, dass arme Länder ihre Babys vor dieser tödlichen Krankheit schützen können“, erklärt Dr. Greg Elder, Leiter der Hilfseinsätze von Ärzte ohne Grenzen in Paris. „Die sehr hohen Preise, die Pfizer und GSK für den Pneumokokken-Impfstoff verlangen, machen es vielen Regierungen und humanitären Organisationen unmöglich, Kinder zu impfen. Nachdem der Preis für die Immunisierung eines Kindes im letzten Jahrzehnt dramatisch gestiegen ist, müssen wir nun handeln.“

Eine Ursache für den massiven Anstieg der Impfpreise ist mitunter auch die fehlende Transparenz des Impfstoffmarktes. Dadurch werden Verhandlungen mit den Herstellern für arme Länder und Hilfsorganisationen erschwert, die keine Preise vergleichen können. Einige Länder müssen Vertraulichkeitsklauseln unterschreiben und dürfen so ihre Kosten für die Impfstoffe nicht offenlegen. In etwa 45 Ländern gibt es keine Information über die Kosten für den Pneumokokken-Impfstoff. Diese Geheimhaltung und die fehlende Transparenz verhindern faire Preise für Impfungen. Das führt so weit, dass Länder mit mittlerem Einkommen mehr für die Pneumokokken-Impfung zahlen als reiche Länder: Tunesien zahlt mehr als Frankreich, und manche Länder zahlen ein Vielfaches des Preises, den andere zahlen: Südafrika zahlt fast dreimal so viel wie Brasilien.

Extreme Geheimhaltung der Preise

„Es ist absurd, dass die Preise eines lebensrettenden Produkts geheim gehalten und Länder und Organisationen darüber im Dunkeln gelassen werden“, erklärt Dr. Manica Balasegaram, Leiter der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen. „Die extreme Geheimhaltung ist verblüffend. Wir können von Pfizer und GSK keine Informationen über ihre Preise für Pneumokokken-Impfstoffe in den verschiedenen Ländern bekommen. Die Frage, die wir uns heute stellen, lautet: Wie kann ein Land faire Impfstoffpreise verhandeln, wenn ihm wesentliche Informationen fehlen?“

Im Vorfeld der Weltimpfwoche ruft Ärzte ohne Grenzen die Öffentlichkeit dazu auf, die neue Kampagne in den sozialen Medien zu unterstützen und so den Druck auf die Pharmakonzerne zu erhöhen. Ärzte ohne Grenzen bittet Unterstützer weltweit, unter dem Hashtag #AskPharma die Offenlegung der Preise für den Pneumokokken-Impfstoff zu verlangen und dessen Preis auf 5 US-Dollar pro Kind zu senken: afairshot.msf.org

Ärzte ohne Grenzen impft jedes Jahr Millionen von Kindern. Impfkampagnen finden meist statt, um Ausbrüche von Masern, Meningitis, Gelbfieber und Cholera einzudämmen. Die Organisation unterstützt aber auch Routineimpfungen in Projekten für Mütter- und Kindergesundheit. Im Jahr 2013 wurden mehr als 6 Millionen Impfstoffdosen in die Projekte geliefert.  Ärzte ohne Grenzen hat den Pneumokokken-Impfstoff in der Vergangenheit für seine Nothilfeprojekte gekauft. 2013 hat Ärzte ohne Grenzen im Flüchtlingslager Yida im Südsudan Impfungen mit dem Pneumokokken-Impfstoff durchgeführt. 2014 wurden ähnliche Impfkampagnen für Flüchtlinge in Uganda und Äthiopien durchgeführt. Die Organisation plant, den Einsatz dieses Impfstoffs und anderer Impfstoffe in seinen Nothilfeprojekten auszuweiten.