Medizinische Versorgung in Mossul völlig unzureichend

09.07.2018
Der Wiederaufbau von Gesundheitseinrichtungen in Mossul geht nur sehr langsam voran. Derzeit stehen für die geschätzten 1,8 Millionen Einwohner der Stadt immer noch weniger als 1.000 Krankenhausbetten zur Verfügung.
MSF/Sacha Myers
Twelve-year-old Anas is currently receiving treatment for infected bed sores at the Médecins Sans Frontières / Doctors Without Borders (MSF) post-operative care facility in east Mosul, northern Iraq. During the conflict between the Islamic State (IS) group and the Iraqi forces, Anas was hit in the spine with shrapnel and can no longer walk. “We were sitting outside, then out of nowhere, a mortar shell hit the middle of the street,” Anas explains. “People died and people were injured. I fell behind something like a table. I crawled on the street until the ambulance came.” “After my injury, I was really frustrated and bored, especially in the beginning when I would watch my friends play. But then I learnt not to feel frustrated.” The MSF facility provides free surgeries, post-operative care, rehabilitation and mental healthcare, especially for war-wounded patients. MSF works closely with local health authorities to refer the most urgent patients for care. The facility is run by a team of 30 highly qualified international and Iraqi medical experts and has a 33-bed capacity.

Ein Jahr nach Ende der Kämpfe in Mossul ist dort die medizinische Versorgung völlig unzureichend. Neun der 13 öffentlichen Krankenhäuser der Stadt wurden bei den Kämpfen beschädigt. Die Kapazitäten zur medizinischen Versorgung sowie die Zahl der verfügbaren Betten haben sich dadurch um rund 70 Prozent reduziert. Der Wiederaufbau von Gesundheitseinrichtungen in Mossul geht nur sehr langsam voran. Derzeit stehen für die geschätzten 1,8 Millionen Einwohner der Stadt immer noch weniger als 1.000 Krankenhausbetten zur Verfügung. Täglich kehren tausende Menschen nach Mossul zurück. Ärzte ohne Grenzen behandelt in Mossul immer mehr Patienten und Patientinnen, die in den zerstörten Gebäuden verletzt werden.

„Gesundheitsversorgung zu bekommen ist jeden Tag eine Herausforderung für Tausende Kinder und Erwachsene in Mossul“, sagt Heman Nagarathnam, Einsatzleiter von Ärzte ohne Grenzen im Irak. „Die Einwohnerzahl der Stadt wächst von Tag zu Tag. Allein im Mai 2018 kamen knapp 46.000 Menschen nach Mossul zurück. Aber das öffentliche Gesundheitssystem erholt sich nicht so schnell, und es gibt eine riesige Kluft zwischen den verfügbaren Angeboten und den tatsächlichen Bedürfnissen der wachsenden Bevölkerung.“

Besonders dringend benötigt werden derzeit mehr Kapazitäten in Notaufnahmen, auf chirurgischen Stationen, der Onkologie und zur Behandlung von Brandwunden ebenso wie medizinische Ausrüstung und eine zuverlässige Versorgung mit bezahlbaren Medikamenten. Gebraucht werden außerdem psychologische Angebote für Menschen, die traumatische Gewalterfahrungen und den Verlust von Angehörigen verarbeiten müssen, sowie chirurgische Nachsorge, Schmerztherapie und Physiotherapie für Patienten und Patientinnen mit Kriegsverletzungen. Diese leiden oft seit Monaten, weil sie nicht die medizinische Versorgung erhalten, die sie bräuchten.

Hygienische Bedingungen sind schlecht

In Mossul zu leben ist derzeit gefährlich. Die hygienischen Bedingungen sind schlecht, es mangelt an fließendem Wasser und Strom, viele Gebäude sind beschädigt und Minen und Sprengkörper sind noch immer in Straßen und Gebäuden der Stadt verteilt. All dies stellt ein Risiko für die Gesundheit der zurückgekehrten Menschen dar und erhöht den Bedarf an medizinischer Versorgung.

Das Team in dem von Ärzte ohne Grenzen betriebenen Krankenhaus im Westen Mossuls beobachtete in den vergangenen 12 Monaten eine Verschiebung der gesundheitlichen Probleme der Patienten und Patientinnen. Während die Mitarbeitenden zunächst vor allem Kriegsverletzte behandelten, kamen dann mehr Patienten und Patientinnen mit Verletzungen durch Minen und andere Sprengkörper. Zuletzt stieg die Zahl der Verletzungen, die auf die schwierigen Lebensbedingungen in der zerstörten Stadt zurückzuführen sind. So wurden im Mai etwa 95 Prozent der Patienten und Patientinnen, die in die Notaufnahme kamen, von herunterfallenden Trümmern, beim Einsturz von Gebäuden oder bei Stürzen verletzt.

„Die Kämpfe in Mossul sind seit einem Jahr offiziell beendet“, sagt Nagarathnam. „Nationale und internationale Akteure müssen viel mehr dafür tun, damit die Menschen in Mossul die Gesundheitsversorgung bekommen, die sie brauchen. Die öffentlichen Gesundheitseinrichtungen müssen wieder aufgebaut werden, die Menschen müssen bezahlbare Medikamente bekommen und Gesundheitseinrichtungen mit dem nötigen Material ausgestattet werden.“