Syrien: Treibstoffknappheit gefährdet medizinische Einrichtungen

Ärzte ohne Grenzen warnt vor gravierenden Unterbrechungen lebensrettender medizinischer Hilfe aufgrund des Treibstoffmangels in Nordsyrien.
22.06.2015
In Idlib area, MSF in an hospital for burn patients
MSF
Idlib, Syrien, 17.01.2015: Ärzte ohne Grenzen betreibt in Idlib ein 15-Betten-Spital zur Versorgung von Verbrennungsopfern. In einer Notaufnahme können auch medizinische Notfälle behandelt werden.

Die medizinische Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) warnt davor, dass sich der aktuelle Treibstoffmangel in Nordsyrien gravierend auf tägliche Dienstleistungen, vor allem aber auf lebensrettende medizinische Aktivitäten auswirkt.

Viele medizinische Einrichtungen in Hama und Idlib mussten ihren Betrieb aufgrund eines Mangels an Treibstoffen für Transport und Generatoren einstellen oder deutlich zurückfahren. Da aufgrund von Kämpfen zwischen bewaffneten Gruppen in Teilen Nordsyriens die Versorgungswege in den letzten Tagen abgeschnitten waren, ist Diesel seit 14. Juni immer schwerer erhältlich, die Preise dafür sind um fast 500 Prozent gestiegen. Die Preise für andere Produkte auf den lokalen Märkten sind in der Folge ebenfalls gestiegen. Außerdem wurde durch die Treibstoffknappheit die Herstellung von Grundnahrungsmitteln wie Brot unterbrochen.

Behörden und Spitäler rufen um Hilfe

Die Gesundheitsbehörden in Hama und Idlib haben am 15. und 16. Juni um Hilfe gerufen und angekündigt, dass ihre medizinischen Einrichtungen die Aktivitäten aufgrund des Treibstoffmangels zurückfahren müssten und sie vielleicht gezwungen seien, in den kommenden Tagen zu schließen, wenn weiterhin kein Treibstoff verfügbar sei. Krankenhäuser in anderen Gebieten haben ebenfalls um Hilfe gerufen, und der syrische Zivilschutz warnte davor, dass seine Hilfsaktivitäten in Aleppo, Hama, Idlib und Lattakia aufgrund des Engpasses möglicherweise beendet werden müssen. 

„Die medizinische Situation in Nordsyrien war bereits schwierig für die Bevölkerung“, erklärt Dounia Dekhili, Programmverantwortliche von Ärzte ohne Grenzen für Syrien. „Jetzt, wo so viele Spitäler vielleicht schließen müssen, ist das Leben vieler Syrer noch stärker bedroht. Treibstoff ist unerlässlich für den Betrieb von Trinkwasserpumpen, für Inkubatoren für Neugeborene und für den Betrieb von Rettungswagen.“

Treibstofflieferungen an 15 Einrichtungen

Der Treibstoff-Vorrat des Krankenhauses von Ärzte ohne Grenzen in Atmeh reicht zwar noch für ein paar Wochen, allerdings musste es den Verbrauch bereits einschränken. Einige Spitäler, die Ärzte ohne Grenzen im Norden unterstützt, haben die Organisation um Treibstoff gebeten. Bis jetzt hat Ärzte ohne Grenzen 6.200 Liter Diesel an 15 medizinische Einrichtungen in Aleppo, Idlib und Hama sowie 880 Liter an Krankenwagenorganisationen geliefert.

Ärzte ohne Grenzen evaluiert derzeit den Bedarf anderer Spitäler in Nordsyrien, die von der Organisation unterstützt werden und beobachtet weiterhin die Lage, aber mit einigen Krankenhäusern, in denen die Generatoren nicht mehr in Betrieb sind, ist kein Kontakt mehr möglich.

Enormer Bedarf der Bevölkerung

„Die Unterstützung, die wir leisten, hat nur eine kurzfristige Auswirkung“, erklärt Dekhili. „Wir rufen dazu auf, Hilfslieferungen mit Treibstoff zu mobilisieren und auf den enormen Bedarf  der syrischen Bevölkerung zu reagieren, damit lebenserhaltende Dienstleistungen in Krankenhäusern und Krankenwagen funktionieren und Bäckereien arbeiten können.“

Ärzte ohne Grenzen betreibt sechs medizinische Einrichtungen innerhalb Syriens und unterstützt direkt über 100 Kliniken, Gesundheitsposten und Feldspitäler. Ärzte ohne Grenzen betreut auch syrische Patienten, die nach Jordanien, in den Libanon und den Irak geflohen sind.