DR Kongo: „Ich weiß nicht, wie wir enden werden, wenn es so weiter geht”

In Nizi, im Gebiet von Djugu im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo, leben 10.000 Vertriebene auch ein Jahr nach ihrer Ankunft noch immer unter prekären Bedingungen.
07.02.2019
Djugu displaced people, DRC
MSF/MSF
D.R. Kongo, 16.02.2019: Unser Gesundheitsberater Luckenson Jean François verteilt in einem der Camps Medizin an die Vertriebenen.

In Nizi, im Gebiet von Djugu im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo, leben 10.000 Vertriebene auch ein Jahr nach ihrer Ankunft noch immer unter prekären Bedingungen. Sie waren Ende 2017 vor gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen geflohen.

Vor der Strohhütte von Innocent auf einem Gelände für Vertriebene in Limani hat sich eine Menschenansammlung gebildet. „Ich weiß nicht, wie wir enden werden, wenn es so weiter geht. Die Kinder leiden, weil sie nichts zu essen haben. Wer nicht isst, wird krank!”, ruft Melchior. Und Espérance erzählt: „Wir sind nun schon fast ein Jahr hier. Wir leben unter schwierigsten Bedingungen - ohne Teller und ohne Kanister, um Wasser zu transportieren. Die umliegenden Felder sind bereits bestellt. Da so viele Menschen hier leben, müssen wir sehr weit gehen, um Arbeit zu finden."

 

MSF
D.R. Kongo, 14.12.2018: Die Vertriebenen leben in Strohhütten, die nicht regendicht sind.

D.R. Kongo, 14.12.2018: Die Vertriebenen leben in Strohhütten, die nicht regendicht sind.


Auch im einige Kilometer entfernten Tsé Lowi ist die Situation nicht besser. An manchen Hütten wurden zum Schutz vor Unwettern alte Plastiksäcke oder Säcke von Nahrungsmittelverteilungen befestigt. „Es hilft ein bisschen, aber die meisten Hütten sind undicht und es regnet rein. Manche Hütten haben überhaupt keinen Schutz”, erzählt Mambo, einer der Bewohner. „Es gibt keine Planen, keine Lebensmittel, keine Latrinen und nur eine einzige Wasserstelle, die weit entfernt ist und nicht viel Wasser hergibt. Unser Leben hier ist extrem schwierig. Die Menschen sind damit beschäftigt, Essen aufzutreiben”, sagt Joachim, ein Nachbar.

 

Die Sterblichkeitsrate ist höher als üblich

Melchior, Espérance und Joachim errichteten ihre behelfsmäßigen Unterkünfte in Limani und Tsé Lowi im Februar 2018, als sie vor den Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen im Gebiet von Djugu geflohen waren. Ganze Dörfer wurden damals in Brand gesetzt und zehntausende Menschen zur Flucht gezwungen. Allein in der Gegend um Nizi haben sich an 13 Orten insgesamt 10.000 Vertriebene niedergelassen. Im Gebiet von Djugu gibt es insgesamt 26 solcher Lager und in der Stadt Bunia noch einmal zwei Standorte mit insgesamt 8.700 Menschen.  

Seit April 2018 ist Ärzte ohne Grenzen in der Region aktiv und unterstützt neun Gesundheitszentren und zwei Spitäler. In dieser Zeit hat Ärzte ohne Grenzen mehr als 57.000 kostenlose Sprechstunden durchgeführt. Trotzdem hat eine Umfrage im Oktober gezeigt, dass die Sterblichkeit in den Dörfern und Vertriebenenlagern um Nizi noch immer höher ist als üblich, vor allem bei Kindern unter fünf Jahren. Sie leiden meist unter Malaria, Durchfallerkrankungen, Atemwegsinfektionen und Mangelernährung.

Wir weiten unsere Aktivitäten aus

„Die Lebensumstände der Vertriebenen erhöhen sowohl das Risiko für Krankheiten wie auch deren Schweregrad. Die hygienischen Bedingungen sind oft sehr schlecht und es gibt zu wenig Latrinen. In den Unterkünften ist es fast nicht möglich ist, sich vor Moskitos oder Kälte zu schützen. Weil sie weit weg von ihren Feldern leben, haben die Menschen ihre bisherige Lebensgrundlage verloren und müssen improvisieren, um zu überleben. „Als Folge steigt das Risiko für Mangelernährung bei Kindern", erklärt Dr. Moussa Ousman, Einsatzleiter von Ärzte ohne Grenzen. Oft fehlt den Menschen auch der Zugang zu medizinischer Versorgung – weil die Wege zu weit sind oder sie kein Geld für die Behandlung haben. Ein weiteres Problem stellt die Verbreitung von Malaria dar, die in der Region endemisch ist und während der Regenzeit jeweils den Höhepunkt erreicht.  

Aufgrund der prekären Situation haben wir unsere Aktivitäten vor Ort verstärkt. Wir versorgen die Lager mit Medikamenten, unterstützen die einheimische Bevölkerung an fünf Standorten und bilden Mitglieder der Gemeinschaften darin aus, die häufigsten Krankheiten wie Malaria, Durchfallerkrankungen und akute Atemwegserkrankungen frühzeitig zu erkennen und zu versorgen.  „Um die Sterblichkeit hier spürbar zu senken, genügen medizinische Maßnahmen jedoch nicht. Die Grundbedürfnisse der vertriebenen Menschen müssen ebenfalls abgedeckt werden”, bemerkt Dr. Ousman – und fügt hinzu, dass es in der gesamten Provinz Ituri ungefähr 50 Vertriebenenlager mit unzähligen weiteren Menschen gebe, die Hilfe benötigten.