Flüchtlingskinder im Süden Äthiopiens leiden unter Mangelernährung

18.04.2019
Äthiopien
Im Süden des Landes leben zehntausende Binnenflüchtlinge. Vor allem Kleinkindern leiden unter teils schwerer Mangelernährung. Ärzte ohne Grenzen ist vor Ort.
Kleinkind mit Mangelernährung im Süden Äthiopiens
Markus Boening/MSF
Gedeo, Äthiopien, 11.04.2019: Ein Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen behandelt ein Kleinkind mit Mangelernährung

Im Süden des Landes leben zehntausende Binnenflüchtlinge in Lagern. Die Zahl von Kleinkindern und schwangerer Frauen mit Mangelernährung ist alarmierend. Teams von Ärzte ohne Grenzen sind vor Ort.

Addis Abeba / Wien, 18. April 2019 – Die Lebensbedingungen zehntausender Binnenflüchtlinge im Süden Äthiopiens sind aufgrund ihres Ernährungszustandes und der mangelhaften Versorgung mit sauberem Trinkwasser alarmierend. Daher hat Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) mit einer Soforthilfe in der äthiopischen Region der südlichen Nationen, Nationalitäten und Völker (SNNPR) begonnen und fordert andere humanitäre Organisationen auf, ihre Hilfe in den zahlreichen Lagern rasch auszubauen.

Ende März haben Teams von Ärzte ohne Grenzen Kinder unter fünf Jahren in acht Lagern für Binnenvertriebene in der Teilregion Gedeo untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass die Anzahl von Fällen von akuter und schwerer akuter Mangelernährung deutlich über der Notfallschwelle lagen. Die Teams registrierten auch eine hohe Zahl schwangerer Frauen mit Unterernährung.

Zu wenig Aufklärung

„Wir sahen eine dringende Notwendigkeit, die Unterstützung für die Behandlung unterernährter Kinder zu verstärken, da die wenigen entsprechenden Einrichtungen in der Region völlig überfordert waren und die erforderliche spezialisierte Betreuung für Kinder mit medizinischen Komplikationen nicht anbieten konnten. Zu den größten Problemen gehört, dass unterernährte Kinder zu spät zur Behandlung gebracht werden. Das zeigt Lücken bei der Aufklärung auf“, sagt Markus Böning, Feldkoordinator für Ärzte ohne Grenzen in Gedeo.

Teams von Ärzte ohne Grenzen unterstützen nun die örtlichen Gesundheitsbehörden mit dem Schwerpunkt auf Ernährung. Bisher haben sie in zwei Stabilisierungszentren mehr als 200 Kinder unter fünf Jahren wegen schwerer akuter Mangelernährung behandelt sowie über 55 Kinder mit besonderen medizinischen Problemen.

Die Maßnahmen werden in den kommenden Tagen auf die Verbesserung der Wasser- und Sanitärbedingungen in einigen der Vertriebenenlager und informellen Siedlungen ausgedehnt. Lokale Gesundheitsbehörden haben in den letzten Wochen mehrere tausend Fälle von wässrigem Durchfall gemeldet.

Überfüllte Lager

„Die Lager sind überfüllt. Es herrschen äußerst schlechte Lebensbedingungen. Es droht der Ausbruch von Epidemien. Die Vertriebenen sind gesundheitlich sehr gefährdet, nachdem sie mehrmals hintereinander weiterziehen mussten“, sagt Böning.

Ärzte ohne Grenzen hatte in der Region einen der größten Nothilfeeinsätze des vergangenen Jahres gestartet, nachdem eine gewaltige Zahl an Menschen wegen ethnisch motivierter Gewalt ihre Häuser verlassen musste. Auf dem Höhepunkt der Krise im Juli 2018 sprachen die äthiopischen Behörden von fast einer Million Vertriebenen. Im Dezember hatten sich die Gesundheitsindikatoren verbessert, die Zahl der Überweisungen in die Krankenhäuser nahm ab und viele Menschen hatten die Lager verlassen. Vor drei Monaten hatte Ärzte ohne Grenzen den Nothilfeeinsatz deshalb beendet.

Lage hat sich wieder verschärft

Doch seither hat sich die Situation dramatisch verschlechtert. Neuerliche Unsicherheit, Gewaltandrohungen und mangelnde Unterstützung trieben viele die Menschen erneut zurück nach Gedeo. „Die Vertriebenen, die nicht nach Hause zurückgekehrt sind, haben in der lokalen Bevölkerung Unterschlupf gesucht. Doch die Vorräte sind aufgebraucht und gleichzeitig haben Vertriebene, die in den Städten und Dörfern geblieben sind, keinen Zugang zu humanitärer Hilfe. Daher ziehen viele von ihnen nun in neue Lagern“, sagt der Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Äthiopien, Mohamed Morchid. „Es ist entscheidend, jetzt auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene Hilfe zu mobilisieren und die Versorgung  mit Lebensmitteln, Wasser, Unterkünften und medizinischer Versorgung auszuweiten.“