„Heute werde ich euch vom Moskitonetz erzählen“

19.02.2013
Kampf gegen Malaria

Themengebiete:

Guinea 2012
Marie Bachmann/MSF
Guéckédou, Guinea, 14.03.2012: Ein Gesundheitshelfer klärt mithilfe der Schautafeln Dorfbewohner über die Gefahren der Malaria auf.

In Guinea hat  Ärzte ohne Grenzen zur Bekämpfung von Malaria ein Netzwerk von lokalen Gesundheitsarbeiterinnen und -arbeitern eingerichtet, deren persönliches Engagement von den Dorfgemeinschaften geschätzt und unterstützt wird.

Der 44-jährige André Millimouno ist Maurer von Beruf. Im September 2010 hat der fröhliche, dynamische Mann jedoch seinen Beruf aufgegeben und wurde Gesundheitsarbeiter. Zusammen mit seinen 47 Kolleginnen und Kollegen beteiligt er sich im Rahmen des Projekts von  Ärzte ohne Grenzen an der Malariabekämpfung in Guéckédou in der Region Waldguinea.

Ein einfacher Slogan

Heute Morgen besucht André das Dorf Kat-Kama, das 16 Kilometer entfernt vom nächsten Gesundheitsposten liegt. Auf dem kleinen Platz haben sich zahlreiche Dorfbewohner unter dem großen Baum versammelt. Sie wissen, dass André gekommen ist, um sie über die Malaria zu informieren und vor allem um sie zu testen und die Kranken zu behandeln. Auf seinem T-Shirt steht ein einfacher Slogan: „Die Gesundheitsarbeiter setzen sich gegen Malaria ein.“

André spricht mit lauter Stimme, um das Geschrei der Kinder zu übertönen, die seinen Besuch sehr aufregend finden. „Heute werde ich euch vom Moskitonetz erzählen und wie ihr es am besten verwendet, um euch und eure Kinder vor der Malaria zu schützen“, beginnt er. Zwanzig Minuten lang klärt André die Dorfbewohnerinnen und -bewohner zu diesem Thema auf und fragt dann nach, ob es im Dorf Kranke gibt.

Testresultat in einer Viertelstunde

Eine Mutter nähert sich ihm mit ihren zwei Kindern, und bald darauf folgen andere ihrem Beispiel. Die beiden Töchter von Delba Mara haben „einen heißen Körper“, wie man hier sagt. André misst ihre Temperatur. Das Thermometer zeigt beim einen Mädchen 37,8 °C an und 38,5 °C beim anderen. Nun zieht er Latex-Handschuhe über und entnimmt jedem Kind von der Fingerspitze einen Tropfen Blut, das er auf eine kleine Plastikscheibe gibt – ein Schnelltest für Malaria. Nach einer Viertelstunde bestätigt der Test die Diagnose in beiden Fällen. André gibt der Mutter ASAQ-Tabletten mit, ein hochwirksames Malaria-Medikament auf der Basis von Artemisinin. Er erklärt ihr, dass die Kinder drei Tage lang täglich eine Tablette einnehmen müssen und es äußerst wichtig ist, diese Dosierung genau einzuhalten.

Drei Stunden später hat André bei acht weiteren Personen Malaria festgestellt und auch ihnen Medikamente ausgehändigt. In den meisten Fällen handelt es sich um Kinder unter fünf Jahren. André kann nicht alle Malariafälle behandeln. Säuglinge von weniger als zwei Monaten, schwangere Frauen und Fälle von schwerer Malaria verweist er an den Gesundheitsposten.

Eine persönliche Entscheidung

„Seit ich Gesundheitsarbeiter geworden bin, komme ich kaum mehr dazu, auf dem Bau zu arbeiten“, sagt der Vater von acht Kindern. „Die Kranken nehmen mich stark in Anspruch und ich brauche viel Zeit für sie, doch es ist meine persönliche Entscheidung, mich als Gesundheitsarbeiter einzusetzen.“

Wie die anderen Gesundheitsarbeiterinnen und –arbeiter  im Einsatzgebiet von  Ärzte ohne Grenzen in Guéckédou wird auch André von seiner Gemeinschaft unterstützt. Sie erledigt für ihn bestimmte Arbeiten auf dem Feld und gibt ihm nach der Ernte ein paar Dutzend Kilo Reis ab. Ohne Beteiligung der Gemeinschaft wären derartige Aktivitäten nicht möglich. „Wenn ein Dorf sich dafür entscheidet, seinen Gesundheitsberater zu unterstützen und zu entlasten, übernimmt es aktiv die Verantwortung im Gesundheitsbereich. Die Chancen, dass das Projekt auch nach einem Rückzug von  Ärzte ohne Grenzen weitergeführt wird, steigen dadurch erheblich“, erklärt Philippe Latour,  Ärzte ohne Grenzen-Koordinator in Guéckédou.

Innovative Strategien im Kampf gegen die Malaria

„Das System der Gesundheitsarbeiter haben wir eingerichtet, um die einfache Malaria möglichst nahe bei der Bevölkerung behandeln zu können“, erklärt Jeannette Pedersen. Die Pflegefachfrau ist für den Bereich Dorfgemeinschaften des  Ärzte ohne Grenzen-Projekts zuständig. „Problematisch ist hier nicht nur die weite Entfernung zum nächsten Gesundheitszentrum, sondern auch der schlechte Zustand der Wege. Außerdem verfügen die Leute über keine Transportmittel.“

„Wir möchten, dass diese Strategie im ganzen Land umgesetzt wird“, sagt Charles Gaudry,  Ärzte ohne Grenzen-Einsatzleiter in Guinea. „Die Entwicklung ist vielversprechend. Das Gesundheitsministerium hat mit seinen Partnern bereits begonnen, zur Behandlung der einfachen Malaria auch in anderen Regionen des Landes ein System mit Gesundheitsarbeitern aufzubauen und stützt sich dabei auf die Erfahrung von  Ärzte ohne Grenzen in Guéckédou.“

2012 wurden im Gebiet von Guéckédou in den von  Ärzte ohne Grenzen unterstützten Einrichtungen insgesamt 77.000 Malariapatientinnen und -patienten behandelt, wovon 23.000 durch Gesundheitsarbeiter betreut wurden.

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Philippe Latour/MSF
Guéckédou, Guinea, 22.01.2013: Der Logistiker Laurent Sax zeigt Freiwilligen des guineischen Roten Kreuzes, wie die chlorhaltigen Lösungen zuzubereiten sind, die im Falle eines Choleraausbruchs zur Anwendung kommen.
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Philippe Latour/MSF
Guéckédou, Guinea, 22.01.2013: Sechs Labortechniker von Ärzte ohne Grenzen sind zuständig für die Untersuchung der Blutabnahmen für die von Epicentre durchgeführte Studie. Alle sechs Monate werden fast 7.000 Blutabnahmen vorgenommen.
8Guinea 130665 2013
Philippe Latour/MSF
Guéckédou, Guinea, 22.01.2013: Amanda Tiffany, Epidemiologin beim Ärzte ohne Grenzen-Forschungszentrum Epicentre, überwacht die Datenerhebung zu einer Studie, die den Einfluss der Arbeit von Ärzte ohne Grenzen auf die Verbreitung der Malaria untersucht.
7Guinea 130664 2013
Philippe Latour/MSF
Guéckédou, Guinea, 22.01.2013: Robert Tamba Tolno überwacht im Auftrag von Ärzte ohne Grenzen die Sterblichkeitsraten. Wissenschaftliche Studien sollen die Auswirkungen des Einsatzes untersuchen, den Ärzte ohne Grenzen zur Bekämpfung von Malaria in der Präfektur Guéckédou durchführt.
g 6Guinea 130663 2013
Philippe Latour/MSF
Guéckédou, Guinea, 22.01.2013: Ärzte ohne Grenzen unterstützt die Gesundheitseinrichtungen auch logistisch, vor allem mit dem Ziel, dass medizinische Abfälle bestmöglich entsorgt werden. Auch Latrinen und Wasserversorgungssysteme wurden errichtet.
5Guinea 130662 2013
Philippe Latour/MSF
Guéckédou, Guinea, 22.01.2013: Gesundheitshelfer Jérémie führt bei einem kleinen Kind mit Fieber einen Malaria-Schnelltest durch. Jérémie ist Teil eines Netzes von insgesamt 48 lokalen GesundheitshelferInnen, das mit der Unterstützung von Ärzte ohne Grenzen aufgebaut wurde.
4Guinea 130661 2013
Philippe Latour/MSF
Guéckédou, Guinea, 22.01.2013: Eines der besten Mittel, um eine Ansteckung mit Malaria zu verhindern, sind mit Insektiziden behandelte Moskitonetze. Im März 2012 haben die Ärzte ohne Grenzen-Teams mehr als 65.000 solcher Netze verteilt.
3Guinea 130660 2013
Philippe Latour/MSF
Guéckédou, Guinea, 22.01.2013: Pflegefachfrau Adama Barry erkundigt sich nach dem Gesundheitszustand des eineinhalbjährigen Abdoul, der wegen einer schweren Malaria ins Spital eingewiesen wurde.
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Philippe Latour/MSF
Guéckédou, Guinea, 22.01.2013: Dr. Youla Sidiboun bei einer Besprechung mit den Hebammen des Gesundheitszentrums in Mangalla. Jede schwangere Frau erhält präventive Medikamente gegen Malaria sowie zwei Moskitonetze.
1Guinea 2011
Sarah-Eve Hammond
Guéckédou, Guinea, 14.06.2011: In Guéckédou wütet die Malaria. Mehr als 70 Prozent der Bevölkerung sind mit dem Parasiten, der von Moskitos übertragen wird, infiziert. Seit Juni 2010 leitet Ärzte ohne Grenzen dort ein Pilotprojekt zur Bekämpfung der Krankheit.
Guinea 2011
Sarah-Eve Hammond
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