Zentralafrikanische Republik: Die „Vertriebenen vom Bischofssitz“ sind wieder zu Hause

Nach eineinhalb Jahren Flucht in eine Enklave auf den Bischofssitz von Berbérati, können hunderte Menschen wieder in ihre alte Heimat zurückkehren.
03.09.2015
CAR - Displaced people leaving Berberati's diocese
MSF
While the remaining 319 Families who took refuge in the Berbarati diocese are packing their stuff and MSF distributed food package to accompany their return to their original neighborhood Poto Poto.

Am 1. August 2015 beendete Ärzte ohne Grenzen/Médecins sans Frontiers (MSF) den Einsatz am Bischofssitz in Berbérati, nachdem alle Vertriebenen, die dort gelebt hatten, in ihr Quartier Poto-Poto zurückkehren konnten. Gegen 400 Personen hatten seit Februar 2014 auf dem Gelände des Bischofssitzes der Stadt Unterschlupf gefunden. Während den über anderthalb Jahren hatten sie dort eingeschlossen gelebt.

Die "Vertriebenen vom Bischofssitz", zum großen Teil muslimische Händler der Stadt Berbérati, hatten während über achtzehn Monaten unter schwierigsten Bedingungen gelebt. Damit diese von der Aussenwelt abgeschnittenen Menschen dennoch Zugang zu einer medizinischen Grundversorgung hatten, suchten Teams von Ärzte ohne Grenzen mit einer mobilen Klinik mehrmals pro Woche den Bischofssitz auf. Einfache ärztliche Behandlungen wurden direkt vor Ort angeboten und Patienten, die eine weiterführende Behandlung benötigten, wurden ins Universitätsspital von Berbérati überwiesen, das ebenfalls von Ärzte ohne Grenzen unterstützt wird.

Zwischen 2014 und Juli 2015 hielten die Ärzte ohne Grenzen-Teams dort mehr als 4.800 ärztliche Sprechstunden ab. In Zusammenarbeit mit dem Welternährungsprogramm (WFP) stellte Ärzte ohne Grenzen auch die Versorgung der Vertriebenen mit Nahrungsmitteln sicher.

Nahrungspakete für den Start verteilt

Im Juni 2015 veranlassten die Behörden der Präfektur Mambere Kadei die Umsetzung von Maßnahmen, die den sozialen Zusammenhalt zwischen den verschiedenen Gemeinschaften in Berbérati stärken sollten. Mit der Unterstützung von lokalen und internationalen Akteuren wurde so die allmähliche Rückkehr der 360 noch auf dem Bischofssitz lebenden Menschen ermöglicht. Nach der ersten Welle im Juli 2015 konnten Anfang August schließlich sämtliche Familien ihre Enklave verlassen und wieder nach Hause kehren.

"Die Rückkehr der vertriebenen Menschen wird von der Bevölkerung gut aufgenommen. Sie ist das Resultat der beharrlichen Arbeit der lokalen Behörden und Partnerorganisationen", erklärt Ben, der Vorsteher des Quartiers Poto-Poto. Bei der Abreise verteilte Ärzte ohne Grenzen jedem Haushalt Nahrungsmittel, die für einen Monat reichen sollen. Denn die meisten der Vertriebenen haben alles verloren und müssen nun wieder von vorne anfangen. Ihre Zukunftsperspektiven sind ungewiss, denn der Wiederaufbau ihrer Geschäfte wird nicht einfach sein. Amadou, der die Einwohner von Poto-Poto repräsentiert, bringt es auf den Punkt: "Wir sind froh, wieder zurück in unserem Quartier zu sein. Doch bis wir unser altes Leben wieder haben, gibt es noch viel zu tun."

Leben wird sich wieder normalisieren

Für Géraldine Duc, medizinische Koordinatorin bei Ärzte ohne Grenzen, ist die Rückkehr dieser Menschen eine ausgezeichnete Nachricht. "Nach eineinhalb Jahren, während denen sie unter schwierigsten Bedingungen und von der Außenwelt abgeschnitten lebten, können diese Familien nun endlich wieder in ihr Zuhause zurück. Auch wenn sie zuerst ihre Angst überwinden und alles wieder aufbauen müssen, wird das Leben sich allmählich wieder normalisieren."

Ärzte ohne Grenzen freut sich sehr, dass die Vertriebenen von Berbérati wieder nach Hause kehren konnten, ist aber besorgt über die Lage anderer Bevölkerungsgruppen, die weiterhin in Enklaven leben. So sind in Carnot seit Februar 2014 fast 500 Vertriebene, die auf dem Kirchengelände Zuflucht gefunden haben, noch immer von der Außenwelt abgeschnitten.

20% der Bevölkerung vertrieben oder geflohen

Im Juli 2015 lebten 368.000 Personen als Vertriebene innerhalb der Zentralafrikanischen Republik, davon 30.000 in der Hauptstadt Bangui. Dazu kommen rund 460.000 Menschen, die in die Nachbarländer geflohen sind, hauptsächlich nach Kamerun, in den Tschad und in die Demokratische Republik Kongo. Insgesamt leben zwanzig Prozent der gesamten Bevölkerung Zentralafrikas entweder als intern Vertriebene oder als Flüchtlinge.

Ärzte ohne Grenzen ist seit 1997 in der Zentralafrikanischen Republik tätig und betreibt gegenwärtig rund fünfzehn Projekte im Land. Die Organisation startete im Januar 2014 einen Notfalleinsatz in Berbérati, um den Opfern des blutigen Konflikts Hilfe zu leisten und die medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Heute arbeitet Ärzte ohne Grenzen im Universitätsspital Berbérati in den Abteilungen für Pädiatrie und Ernährungshilfe. 2015 wurden bisher 2.349 Kinder auf der Pädiatrie aufgenommen und 787 Kinder wurden gegen Mangelernährung behandelt. Die Ärzte ohne Grenzen-Teams unterstützen außerdem vier Gesundheitszentren in den umliegenden Dörfern. Zwischen Januar und Juni 2015 wurden dort 7.580 Sprechstunden abgehalten.