Ärzte ohne Grenzen stellt Arbeit in Krankenhaus in Carrefour/Haiti ein

30.01.2023
Bewaffnete Männer drangen in das von Ärzte ohne Grenzen unterstützte öffentliche Krankenhaus Raoul Pierre Louis ein, um einen Patienten mitzunehmen und vor dem Spital zu erschießen.

Bewaffnete Männer sind am Donnerstag, den 26. Januar, in das von Ärzte ohne Grenzen unterstützte öffentliche Krankenhaus Raoul Pierre Louis eingedrungen. Sie zerrten einen Patienten aus der Notaufnahme und töteten ihn vor dem Krankenhaus. Das Krankenhaus befindet sich in Carrefour, einem Stadtteil im Westen der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince. Es ist bereits das zweite Mal innerhalb von sechs Monaten, dass dieses Krankenhaus einen vergleichbaren Vorfall erlebt. Ärzte ohne Grenzen sieht sich daher gezwungen, die Arbeit in dem Krankenhaus einzustellen.

Am Donnerstagnachmittag drangen drei bewaffnete, maskierte Männer in die Notaufnahme des Krankenhauses ein und entführten einen Patienten, der mit einer Schussverletzung eingeliefert worden war. Sie zerrten ihn gewaltsam aus dem Krankenhaus und töteten ihn mit einem Kopfschuss etwa zehn Meter außerhalb des Krankenhausgeländes.

„Es ist das zweite Mal, dass wir in diesem Krankenhaus eine solche Situation erleben“, sagt Benoit Vasseur, Einsatzleiter von Ärzte ohne Grenzen in Haiti. Ein ähnlicher Vorfall geschah am 14. August 2022. „Wir sind erneut schockiert über diesen Akt brutaler Vergeltung, der gegen alle humanitären Grundsätze verstößt und den Schutz missachtet, den dieser Patient innerhalb einer medizinischen Einrichtung hätte genießen sollen."

„In Anbetracht dieses inakzeptablen Ausmaßes an Gewalt haben wir keine andere Wahl, als alle unsere Aktivitäten im Krankenhaus Raoul Pierre Louis vorübergehend einzustellen", so Vasseur. „Wir werden unsere Arbeit so lange aussetzen, wie wir die Sicherheit unserer Mitarbeitenden und Patient:innen nicht gewährleisten können.“

Der Vorfall ereignete sich an einem Tag, der von Protesten und Unruhen in mehreren Teilen der Hauptstadt Port-au-Prince und ihrer Umgebung geprägt war. Innerhalb weniger Stunden wurden sechs Menschen mit Schussverletzungen in das Notfallzentrum von Ärzte ohne Grenzen in Turgeau gebracht, darunter ein Schüler, der bei der Ankunft bereits tot war. In diesem Kontext muss der sichere Zugang zur medizinischen Notfallversorgung mehr denn je respektiert werden.

Ärzte ohne Grenzen arbeitet seit mehr als 30 Jahren in Haiti und bietet medizinische Versorgung für die bedürftigsten Bevölkerungsgruppen. Ärzte ohne Grenzen fordert alle auf, die Waffen tragen, die medizinische Arbeit zu respektieren. Patient:innen, Personal, medizinische Einrichtungen und Krankenwagen müssen geschützt werden.