Haiti ist ein Inselstaat in der Karibik mit einer Bevölkerung von 11 Millionen Menschen.
Die humanitäre Situation in Haiti ist aufgrund von Gewalt, Krankheitsausbrüchen und einem Mangel an grundlegenden Gesundheitsdiensten besonders schwierig.
Ärzte ohne Grenzen behandelt Cholerafälle und ermöglicht der Bevölkerung Zugang zu medizinischer Grundversorgung.
1991
Beginn der Arbeit
34,7
Mio. EUR
Ausgaben (Vorjahr)
1487
Einsatzkräfte
Ländervergleich Österreich & Haiti
Hilfe in Port-au-Prince
Ärzte ohne Grenzen hat sich im letzten Jahr darauf fokussiert, Lücken im Gesundheitssystem des Landes zu füllen und Ausbrüche von Cholera zu verhindern und zu behandeln. Wir behandelten auch zahlreiche Opfer im Zuge der eskalierenden Gewalt im Land.
Die ohnehin instabile Situation in Haiti verschlechterte sich 2022 erheblich, als rivalisierende Banden einen brutalen Krieg auf den Straßen führten und die Hauptstadt Port-au-Prince über längere Zeiträume isolierten. Diese beispiellos hohe Gewalt führte zu einem starken Anstieg der Patientenzahl in unseren Krankenhäusern im Laufe des Jahres.
Juli war der schlimmste Monat, mit über 300 getöteten Menschen und zahlreichen Fällen sexueller Gewalt. Mehr als 20.000 Menschen wurden in der Hauptstadt vertrieben. Unter diesen sehr schwierigen Bedingungen arbeiteten unsere Teams daran, die Aktivitäten in unseren drei Trauma- und Notfallkrankenhäusern in Port-au-Prince aufrechtzuerhalten und auszubauen. Wir behandelten Opfer von Schuss- und Stichverletzungen, Opfer sexueller Gewalt sowie Menschen mit schweren Verbrennungen und Verletzungen im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen.
Medizinische Hilfe in anderen Teilen des Landes
Unser Krankenhaus in Cité Soleil musste im April nachdem ein Patient unmittelbar außerhalb des Gebäudes getötet wurde, die Aktivitäten einstellen. Im Juli haben wir die Einrichtung wiedereröffnet, um auf den großen Zustrom von Verletzten zu reagieren.
Nach der Ankündigung einer Erhöhung der Treibstoffpreise im September brachen gewaltsame Proteste im ganzen Land aus. Barrikaden wurden errichtet, die viele Hauptstraßen blockierten, und die wirtschaftliche Aktivität kam zum Erliegen. Die Situation wurde noch verschärft, als eine der großen Banden den Zugang zum wichtigsten Ölterminal des Landes über einen Monat lang blockierte, was zu Treibstoffknappheit führte und dazu zwang, dass Gesundheitseinrichtungen schließen oder ihre Leistungen reduzieren mussten, da sie von Generatoren abhängig sind, um Strom zu erzeugen.
Die Unruhen beeinträchtigten auch vorübergehend die Wasserversorgung und schufen ideale Bedingungen für das Wiederauftreten von Cholera. Selbst grundlegende Dienste wurden aufgrund der anhaltenden Gewalt und der Treibstoffkrise, die auch nach der Wiederherstellung des Zugangs zum Ölterminal anhielt, praktisch unzugänglich.
Um diese Probleme zu mildern, liefern unsere Teams trotz enormer Herausforderungen bei der Beschaffung von Treibstoff und medizinischem Material sowie bei der Überweisung von Patienten zwischen verschiedenen Einrichtungen eine Reihe medizinischer Dienstleistungen in der Hauptstadt und anderen Teilen des Landes.
Neben dem Betrieb und der Unterstützung von Krankenhäusern und Gesundheitszentren betreiben wir mobile Kliniken in den am stärksten betroffenen Vierteln von Port-au-Prince, wie Brooklyn, Bel'Air, Bas Delmas und Delmas 4. Wir können in diesen schwer erreichbareärzten Gebieten arbeiten, weil die Arbeit von Ärzte ohne Grenzen von den Gemeinschaften positiv wahrgenommen und respektiert wird.
Bereits einige Tage nach dem Erdbeben machte sich ein weiteres Team nach Baradères in Nippes auf, um die Lage zu beurteilen. Die Stadt war fast vollständig von allen Verkehrswegen abgeschnitten. Wir behandelten Patient.innen außerhalb des Krankenhauses, aus Angst, das Gebäude könnte einstürzen. Schon vor dem Erdbeben gab es für die Bewohner:innen in der Region wenig Möglichkeiten medizinisch versorgt zu werden. Aus diesem Grund erreichten uns bei Beginn unserer Aktivitäten auch Menschen, die unabhängig von der Katastrophe medizinische Hilfe benötigten.
Viele Familien schliefen unter freiem Himmel in der Nähe ihrer zerstörten Häuser. Einige errichteten aus Holz behelfsmäßige Behausungen. Die Überschwemmungen in Folge des Tropensturms Grace, der über das Erdbebengebiet zog, verschlimmerte die Situation, viele Betroffene waren von Hilfe abgeschnitten, da Wege unpassierbar waren. Wer nach dem Beben im Freien oder in Zelten Zuflucht fand, den trafen die starken Regenfälle besonders hart.
Mehr als eine halbe Millionen Menschen in der Region sind dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen.
Hilfe nach sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt
Sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt (SGBV) ist ein weit verbreitetes Problem in Haiti. Die schwere sozioökonomische Krise und das hohe Maß an gewalttätigen Auseinandersetzungen haben einen erheblichen Einfluss auf das Empfinden ganzer Gemeinschaften, die isoliert sind und einem höheren Risiko sexueller Übergriffe ausgesetzt sind.
Ärzte ohne Grenzen betreibt zwei Kliniken in Port-au-Prince und weiter nördlich in Gonaïves und unterstützt drei Krankenhäuser, um Opfern von sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt spezialisierte medizinische, psychologische und soziale Betreuung zu bieten. Eine kostenlose Telefonhotline verringert die Barriere zur Versorgung und bietet Opfern psychologische Unterstützung aus der Ferne sowie Überweisungen an Gesundheitszentren. Unsere mobilen Kliniken, die in unsicheren und schwer erreichbaren Vierteln arbeiten, bieten auch SGBV-Betreuung an.
Mutter-Kind Gesundheit
Die Bereitstellung und Zugänglichkeit von Mutter- Kind Gesundheitsbehandlungen ist in Haiti äußerst begrenzt und trägt zu einer der höchsten Müttersterblichkeitsraten der Welt bei. Unsere Einsätze im Süden des Landes zielen darauf ab, auf die dringenden Bedürfnisse in diesem Bereich zu reagieren. Im letzten Jahr haben wir unsere Aktivitäten im Bereich sexuelle und reproduktive Gesundheit in unserer Klinik in Port-à-Piment im Südwesten Haitis ausgeweitet und begonnen, Operationen für komplizierte geburtshilfliche Fälle sowie prä- und neonatale Versorgung anzubieten.