04.02.2025
Die katastrophale Ernährungslage im Sudan könnte sich nach Einschätzung von Ärzte ohne Grenzen weiter verschlechtern. Es braucht ein sofortiges Handeln, um weitere vermeidbare Todesfälle durch Mangelernährung zu verhindern.

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Die Ernährungslage im Sudan ist bereits jetzt katastrophal, sie könnte sich nach Einschätzung von Ärzte ohne Grenzen in diesem Jahr weiter verschlechtern. Es braucht ein sofortiges Handeln internationaler Geberländer, der Konfliktparteien im Sudan und ihrer Verbündeten, um weitere vermeidbare Todesfälle durch Mangelernährung zu verhindern.

Mother and child at Kalma camp health centre
Abdoalsalam Abdallah

Daten von Ärzte ohne Grenzen aus verschiedenen Regionen im Sudan zeigen die Schwere der Mangelernährungskrise – in der besonders betroffenen Region Darfur, aber auch darüber hinaus. 

In Nord-Darfur, wo die Belagerung der Stadt al-Faschir durch die Rapid Support Forces den Zugang zu lebensnotwendigen Gütern behindert, untersuchten Teams von Ärzte ohne Grenzen im Dezember 2024 in der Ortschaft Tawila über 9.500 Kinder unter fünf Jahren während einer Verteilung von therapeutischer Nahrung. Dabei stellten sie eine Quote akuter Mangelernährung von 35,5 Prozent fest. 7 Prozent der untersuchten Kinder litten an schwerer akuter Mangelernährung. 

Im vergangenen September wurde bei 34 Prozent der 29.300 Kinder, die von Ärzte ohne Grenzen während einer Impfkampagne im Samsam-Vertriebenenlager in Nord-Darfur untersucht wurden, akute Mangelernährung festgestellt.

In Nyala und den umliegenden Orten, wo Ärzte ohne Grenzen in mehreren Einrichtungen unterstützt, wurden im Oktober Kinder unter fünf Jahren untersucht. Bei ihnen lag der Anteil an schwerer akuter Mangelernährung bei 23 Prozent.

Dass auch die Lage außerhalb der Region Darfur kritisch ist, zeigen unter anderem die Ergebnisse eines Screenings in Omdurman im Bundesstaat Khartum. Die im Oktober 2024 von Ärzte ohne Grenzen durchgeführte Untersuchung während einer Impfkampagne für Kinder ergab, dass 7,1 Prozent der untersuchten Kinder unter schwerer akuter Mangelernährung litten. 

Auch die Daten des jüngsten IPC-Berichts* zeigen ein enormes Ausmaß der Ernährungskrise im Sudan. Ihm zufolge ist rund die Hälfte der sudanesischen Bevölkerung von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen, darunter 8,5 Millionen Menschen, die sich in einer Notlage beziehungsweise Hungersnot-ähnlichen Zuständen befinden. 

„Trotz dieses neuen Weckrufs ist die humanitäre und diplomatische Mobilisierung für Hilfslieferungen weit hinter dem Bedarf zurückgeblieben. Um nur die Menschen in der größten Notsituation mit monatlichen Lebensmittelrationen zu versorgen, wären 2.500 Hilfsgütertransporte pro Monat erforderlich. Zwischen August und Dezember kamen jedoch nur etwa 1150 Hilfslieferwagen nach Darfur", sagt Einsatzleiter Stephane Dovon.

Laut Vereinten Nationen waren „noch nie in der Geschichte so viele Menschen von Hunger und Hungersnot betroffen wie heute im Sudan.” Dieser Erkenntnis müssen Taten folgen. 

Ärzte ohne Grenzen ruft die UN-Organisationen, internationale Organisationen, Geberländer und Regierungen mit Einfluss auf, alle Optionen für die humanitäre Hilfe im Sudan zu prüfen, einschließlich Luftwege, um Lieferungen über die Straßen zu ergänzen oder gegebenenfalls zu ersetzen. Zusätzlich muss es eine drastische Aufstockung der verfügbaren Finanzmittel und der logistischen Kapazitäten geben, letzteres auch in Nachbarländern wie dem Tschad.

*IPC (Integrated Food Security Phase Classification) ist ein Instrument zur Einstufung der Ernährungssicherheit, des Ausmaßes von Mangelernährung sowie zur Ableitung notwendiger Hilfsmaßnahmen.