Leo Ho

Kinderarzt, Präsident
Leo Ho

Leo Ho ist gebürtiger Amerikaner und lebt seit 2015 in Österreich. Er hat sein Doktorat 1998 am Jefferson Medical College in Philadelphia abgeschlossen und am Children’s Hospital Medical Center of Akron seinen Turnus als Kinderarzt gemacht. Er hat in Philadelphia die Kinderambulanz am St. Christopher’s Hospital for Children geleitet, wo er auch eine Assistenzprofessur im Bereich Kinder-Notfallmedizin an der Drexel University School of Medicine innehatte. 2006 war der heute 47-Jährige das erste Mal für Ärzte ohne Grenzen ein halbes Jahr in Liberia im Einsatz. Sein siebenter und vorerst letzter Hilfseinsatz war als Einsatzleiter während der Corona-Pandemie in der Slowakei. Zuvor war er als Berater für Pädiatrie und Impfungen im Einsatzzentrum von Ärzte ohne Grenzen in Genf und als Vizepräsident im Vorstand von Ärzte ohne Grenzen Österreich.  
Seit 2021 ist er Präsident von Ärzte ohne Grenzen Österreich.

Wann hast Du Dich entschieden, für Ärzte ohne Grenzen tätig zu sein?
Internationale Reisen während meines Medizinstudiums haben mir zu der Erkenntnis geholfen, dass ich mit Ärzte ohne Grenzen arbeiten möchte. Als Medizinstudent besuchte ich einen Freund in Mexiko. Während meines Aufenthalts freundete ich mich mit einer Gruppe kleiner Kinder an, die fast täglich auf der Straße nicht weit von meiner Unterkunft spielten. Eine Nacht, Wochen später, sah ich die gleiche Gruppe von Kindern weit nach Mitternacht auf den Straßen herumlungern. Mir wurde plötzlich klar, dass sie kein Zuhause und nur einander hatten. Zu diesem Zeitpunkt fühlte ich mich ziemlich frustriert und hilflos, keine sinnvolle Hilfe anbieten zu können. Mir wurde auch bewusst, dass diese Ungleichheit mit ziemlicher Sicherheit an mehreren Orten auf der ganzen Welt vorkommt. Als ich später die Entscheidung traf, mich auf Pädiatrie zu spezialisieren, vergaß ich dieses Erlebnis nie. Und ich weiß, dass ich mit Ärzte ohne Grenzen die Möglichkeit hätte, dieser Ungerechtigkeit ein bisschen entgegenzuwirken.

Warum hast Du Dich entschieden, Präsident von Ärzte ohne Grenzen Österreich zu werden?
In den vergangenen Jahren konnte ich vielfältige Erfahrungen mit Ärzte ohne Grenzen in unterschiedlichen Bereichen sammeln. Ich war in mehreren internationalen Hilfseinsätzen tätig, habe u.a. in einer der Einsatzzentralen gearbeitet und auch die Arbeit im Vorstand von Ärzte ohne Grenzen Österreich ist mir bereits vertraut. 

Nachdem ich eine Familie, eine kleine Tochter habe, sind häufige und lange Hilfseinsätze für mich aktuell nicht möglich. Ich denke daher, dass ich meine bisherigen Erfahrungen jetzt gut als Präsident von Ärzte ohne Grenzen Österreich einbringen kann. MSF ist eine tolle Organisation, die extrem gute Arbeit leistet– und ich möchte mithelfen, dass wir das auch die nächsten Jahre so weiterführen. Dafür gibt es auch einiges zu tun.

Was zum Beispiel?
Ich denke, dass die zwei großen Themen, die uns als weltweite Bewegung besonders beschäftigen, auch für Ärzte ohne Grenzen Österreich wichtig – und zukunftsweisend – sind. Das ist zum einen der Bereich Diversität. Als humanitäre Organisation mit Hilfsprogrammen in rund 80 Ländern halte ich es wichtig für den Erfolg unserer Arbeit, dass die Teams so divers aufgestellt sind wie unsere Patient:innen. Zum Beispiel werden wir häufig als „westliche“ Organisation wahrgenommen, dabei sind Menschen aus allen Weltregionen bei uns tätig – der Großteil stammt aus den Einsatzländern selbst. So können wir bestmöglich auf die Bedürfnisse eingehen.

Das zweite große Thema, mit dem wir uns auch als medizinische Nothilfeorganisation auseinandersetzen müssen, ist die Klimakrise. Auf der einen Seite sehen wir die Auswirkungen von Klimawandel und Umweltverschmutzung in unseren Einsätzen, auf der anderen sind wir als Organisation selbst gefragt, unseren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. Wir müssen uns fragen, wie auch wir unsere Arbeitsweisen verbessern können, Besprechungskulturen der teils internationalen Teams auch nach der Corona-Pandemie online gestalten, um unnötige Flugreisen zu streichen etc. Wir alle müssen unseren Beitrag leisten.

Einsätze von Leo Ho

  • Slowakei, Februar 2021 - April 2021
  • Bangladesch, März 2019 - Mai 2019
  • Österreich, Oktober 2015 - Dezember 2015 
  • Demokratische Republik Kongo, Januar 2015 - Februar 2015 
  • Äthiopien, Juni 2008 - September 2008
  • Sierra Leone, Februar 2007 - August 2007
  • Liberia, Juni 2006 - Dezember 2006