Äthiopien: Mehr Hilfe ist nötig – Menschen von Gewalt und Vertreibungen betroffen

21.12.2018
In Äthiopien sind Menschen in mehreren Landesteilen von Gewalt und Vertreibungen betroffen. Sie brauchen dringend Zugang zu Nahrung, Unterkünften und medizinischer Versorgung.
Responding to Ethiopia’s displacement crisis
Igor G. Barbero / MSF/MSF
People queue to see a doctor during an MSF mobile clinic in Banko Baya town, Guji, in Ethiopia’s Oromia region.

In Äthiopien sind Menschen in mehreren Landesteilen gleichzeitig von Gewalt und Vertreibungen betroffen. Es sind dringend weitere Anstrengungen nötig, damit all jene Menschen, die aus ihren Häusern fliehen mussten, Zugang zu grundlegenden Dingen wie Nahrung, Unterkünften und medizinischer Versorgung erhalten.

Ärzte ohne Grenzen hat gerade ein Notfallprojekt im Süden des Landes beendet. Auch deshalb ruft die Organisation zu mehr Hilfe auf und ist auf weitere Krisen vorbereitet. Die Notfallhilfe in Gedeo in der Region der südlichen Nationen, Nationalitäten und Völker (SNNPR) sowie in Guji in der Region Oromia begann im Juli 2018, nachdem die ethnische Gewalt im Mai eskaliert war und Hunderttausende Menschen aus ihren Häusern flohen.

„Tausende Menschen lebten zusammen auf engstem Raum", berichtet Josh Rosenstein, Notfallkoordinator von Ärzte ohne Grenzen. „Familien schliefen auf dem Boden in leerstehenden Gebäuden und litten häufig unter Durchfall. Viele litten an Darmparasiten, Atemwegsinfekte und Hauterkrankungen. Dies ist auf die schlechten, beengten Lebensbedingungen und den Mangel an sauberem Wasser zurückzuführen."  

Unsere Hilfe im Überblick

Logistische Teams von Ärzte ohne Grenzen begannen sofort mit der Verbesserung der Sanitärversorgung und der Bereitstellung von Trinkwasser. Zwischen August und Dezember 2018 lieferten sie mehr als 2,8 Millionen Liter sauberes Wasser an verschiedene Orte und reparierten zahlreiche Wasserversorgungssysteme und Handpumpen.

Gleichzeitig unterstützten die medizinischen Teams von Ärzte ohne Grenzen zwei Krankenhäuser, vier Gesundheitszentren, fünf Gesundheitsposten und elf mobile Kliniken in den Gebieten Gedeo und Guji. Zwischen Juli und Dezember 2018 leisteten die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen knapp 80.000 medizinische Konsultationen und behandelten rund 6.000 schwer mangelernährte Kinder unter fünf Jahren. Im August haben die Teams in Gedeo in Zusammenarbeit mit der regionalen Gesundheitsbehörde mehr als 103.000 Kinder unter 15 Jahren gegen Masern geimpft. Die Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen leisteten zudem psychosoziale Hilfe, sie behandelten Überlebende sexueller Gewalt und verteilten wichtige Hilfsgüter. 

Übergabe der medizinischen Aktivitäten

Sieben Monate später haben sich die Gesundheitsindikatoren in den beiden Regionen stabilisiert, und Ärzte ohne Grenzen konnte seine medizinischen Aktivitäten an die äthiopischen Gesundheitsbehörden und andere Akteure übergeben.

„In den vergangenen Wochen konnten wir feststellen, dass es weniger schwere gesundheitliche Probleme gab“, sagt Mohamed Morchid, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Äthiopien. „Die von uns unterstützten Gesundheitszentren nehmen weniger schwer mangelernährte Kinder auf. Durch die Kaffeeernte konnten die Menschen wieder etwas verdienen. Mit dem Ende der Regenzeit ist auch das Risiko für den Ausbruch von Infektionskrankheiten gesunken."

Am Ende des Einsatzes hat Ärzte ohne Grenzen medizinische und logistische Hilfsmittel zur Verfügung gestellt, die für die kommenden zwei Monate ausreichen, einschließlich Kits zur Behandlung der häufigsten Krankheiten.

Während sich die Situation in Gedeo und Guji zweifellos verbessert hat, leben viele Vertriebene noch immer unter prekären Bedingungen in Lagern und Kirchengebäuden oder haben Unterschlupf bei Verwandten und Freunden gefunden. Gleichzeitig haben anhaltende ethnische Konflikte und Berichte über sporadische Gewalt in den vergangenen Wochen dazu geführt, dass mehr Menschen fliehen.

Bei Bedarf muss Hilfe verstärkt werden

Ärzte ohne Grenzen ist bereit, neue Notfallprojekte zu starten – sei es in Gedeo, Guji oder anderswo im Land, falls neue Gewalttaten ausbrechen, es zu einer erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustands der Menschen kommt, oder zu einer starken Zunahme an Mangelernährung bei Kindern.

Gleichzeitig fordert Ärzte ohne Grenzen andere Organisationen auf, sich darauf vorzubereiten, ihre Hilfe zu verstärken. Es muss sichergestellt werden, dass die Bedürfnisse der intern vertriebenen Menschen im ganzen Land mit unparteiischer Hilfe gedeckt werden.

„Es ist wichtig, die Mobilisierung auf lokaler, regionaler und bundesstaatlicher Ebene fortzusetzen“, sagt Morchid. „Der dringende Bedarf der Menschen an Gesundheitsversorgung, Unterkünften und Nahrung muss gedeckt werden. Zudem müssen diejenigen, die heimkehren möchten, dies sicher und frei tun können“, betont Morchid.

Ärzte ohne Grenzen arbeitet seit mehr als 30 Jahren in Äthiopien. Die Organisation hat landesweit bei Fällen von Mangelernährung, Malaria und akuten wässrigen Durchfällen medizinische Hilfe geleistet sowie medizinische Hilfe für Flüchtlinge und andere Menschen angeboten. Ärzte ohne Grenzen bietet kostenlose und qualitativ hochwertige medizinische Hilfe, häufig in Zusammenarbeit mit staatlichen Gesundheitsbehörden, Institutionen und anderen Partnern. Ärzte ohne Grenzen ist unabhängig von allen politischen und kriegführenden Parteien und bietet Menschen in Not medizinische Hilfe, unabhängig ihrer Herkunft, Religion, politischen Überzeugung oder ihres Geschlechts.

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