Ebola: Die Welt muss aus den Erfahrungen lernen

Liberia feiert 42 Tage ohne neue Ebola-Infektion - Epidemie damit beendet. Ärzte ohne Grenzen betreibt weiterhin Kliniken für Überlebende.

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14.01.2016
Nubia At MSF Ebola Treatment Center In Conakry, Guinea.
Tommy Trenchard
Nubia is carried outside (by a maternal assistant who is herself a survivor of the virus) to the family waiting area to meet her uncle, Adama. At the Medecins Sans Frontiers (MSF) Ebola Clinic in Conakry, Guinea. Adama said: "I felt such emotion when I saw her. Last time we visited her [when she had Ebola] she looked so different. Now she looks so healthy. I'm going to go and tell the rest of the family right now. We didn't think she could survive. But she is in good hands. And she is a warrior."

Wien, am 14. Jänner 2016 – Liberia feiert 42 Tage ohne neue Ebola-Infektion: Damit markiert der heutige Tag das Ende des Ebola-Ausbruchs in West-Afrika. Die internationale humanitäre Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) ruft die Weltgemeinschaft dazu auf, aus den Erfahrungen zu lernen, um auf ähnliche Ausbrüche in Zukunft besser vorbereitet zu sein. Ärzte ohne Grenzen betreibt in Liberia, Sierra Leone und Guinea weiterhin Kliniken für Ebola-Überlebende.

 „Heute ist ein Tag zum Feiern und ein Tag der Erleichterung, dass dieser Ausbruch endlich vorbei ist“, sagt Joanne Liu, die internationale Präsidentin von Ärzte ohne Grenzen. „Wir müssen alle aus den Erfahrungen lernen, um unsere Reaktion auf zukünftige Epidemien und den Umgang mit vernachlässigten Krankheiten zu verbessern. Die internationale Reaktion auf diesen Ebola-Ausbruch war nicht durch fehlende Mittel eingeschränkt, sondern durch mangelnden politischen Willen, rasch zu helfen. Bei jedem Hilfseinsatz sollten die Bedürfnisse der Erkrankten und der betroffenen Gruppen im Mittelpunkt stehen, nicht politische Interessen.“

Bis heute kein effektives Gegenmittel

„Wir beglückwünschen alle Menschen, die unermüdlich dazu beigetragen haben, diese verheerende und beispiellose Epidemie zu einem Ende zu bringen. Gleichzeitig gedenken wir allen medizinischen Fachkräften, die ihr Leben im Kampf gegen Ebola verloren haben“, sagt Brice de le Vingne, Leiter der Programmabteilung von Ärzte ohne Grenzen in Brüssel. „Diese furchtbare Epidemie hat fast 40 Jahre, nachdem Ebola 1976 entdeckt wurde, zugeschlagen. Trotzdem gibt es bis heute, auch nach medizinischen Studien und dem Ende der Epidemie, noch immer kein effektives Gegenmittel.“

Vom Beginn der Epidemie an war Ärzte ohne Grenzen in den am stärksten betroffenen Ländern Guinea, Liberia und Sierra Leone tätig. Die Teams bauten Behandlungszentren auf, boten psychologische Unterstützung an, führten Aufklärungs- und Beobachtungsaktivitäten durch und halfen beim Nachverfolgen von Kontaktpersonen der Erkrankten. Auf dem Höhepunkt des Ausbruchs waren in den drei Ländern insgesamt fast 4.000 einheimische und mehr als 325 internationale Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Einsatz. In den Behandlungszentren wurden insgesamt 10.376 Patienten und Patientinnen aufgenommen, von denen 5.226 an Ebola erkrankt waren. Insgesamt gab die Organisation mehr als 96 Millionen Euro im Kampf gegen die Epidemie aus.

Betreuung von Überlebenden

Ebola-Überlebende haben häufig mit Spätfolgen wie Gelenkschmerzen, chronischer Müdigkeit oder Seh- und Hörproblemen zu kämpfen. Zudem leiden sie unter der Stigmatisierung und Ablehnung in ihrer Gemeinschaft und brauchen deshalb eine auf sie zugeschnittene Betreuung. Ärzte ohne Grenzen hat beim Aufbau von Kliniken für Ebola-Überlebende in Liberia, Sierra Leone und Guinea mitgeholfen. Diese bieten eine Rundumbetreuung einschließlich ärztlicher Versorgung und psychosozialer Betreuung an, unterstützen die Betroffenen aber auch im Umgang mit Stigmatisierung.

 „Während der ganzen Dauer der Epidemie habe ich immer wieder erlebt, wie Gemeinschaften auseinandergerissen wurden“, erzählt Hilde de Clerck, die für Ärzte ohne Grenzen in Liberia, Guinea und Sierra Leone als Epidemiologin arbeitete. „Zu Beginn war die internationale Gemeinschaft wie gelähmt und reagierte entsprechend langsam. Es war eine furchtbare Erfahrung, ganz auf uns allein gestellt und der Epidemie immer einen Schritt hinterher zu sein. Umso motivierender war die große Einsatzbereitschaft der einheimischen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Zum Glück kamen dann auch andere internationale Akteure dazu. Bei der nächsten Epidemie muss die Welt vorbereitet sein und viel schneller und effizienter handeln.“

Der Ebola-Einsatz von Ärzte ohne Grenzen

Ärzte ohne Grenzen war in den drei am schwersten von der Epidemie betroffenen Ländern Guinea, Sierra Leone und Liberia sowie in Nigeria, Senegal und Mali im Einsatz. Im Jahr 2014 bekämpfte die Organisation zudem einen Ebola-Ausbruch in der Demokratischen Republik Kongo. Ärzte ohne Grenzen bietet heute in zwei Kliniken in Sierra Leone und in Liberia Ebola-Überlebenden ärztliche und psychologische Betreuung an; eine weitere Klinik wurde in Guinea eröffnet. Da die Epidemie den bereits zuvor geschwächten Gesundheitssystemen stark zugesetzt hat, hilft Ärzte ohne Grenzen bei deren Wiederaufbau mit. So werden demnächst in verschiedenen Städten in Sierra Leone (Kabala, Magburaka, Kenema) neue Hilfsprogramme im Bereich Mutter-Kind-Gesundheit eröffnet, in Monrovia (Liberia) wurde ein neues Kinderkrankenhaus bereits eröffnet. In Guineas Hauptstadt Conakry betreibt die Organisation in Zusammenarbeit mit der Gesundheitsbehörde ein HIV-Projekt.