„Nachts kann er nicht schlafen”

Mobile Kliniken im Dorf Macanip zur Versorgung von 2.500 Inselbewohnern

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13.12.2013
Bernadina mit ihrem jüngsten Kind (C) Florian Lems/MSF
Florian Lems/MSF
Macanip, Philippinen, 04.12.2013: Bernadina, eine der Bewohnerinnen des Dorfes Macanip im Norden der Insel Leyte, mit ihrem jüngsten Kind bei der mobilen Klinik von Ärzte ohne Grenzen.

Im Dorf Macanip, im Norden der Insel Leyte, hat Taifun Haiyan vier von fünf Häusern zerstört und die lokalen Gesundheitseinrichtungen in einen Haufen Betonbruch verwandelt. Teams von Ärzte ohne Grenzen führen mobile Kliniken, um die 2.500 Inselbewohner gesundheitlich zu versorgen. Auch psychologische Unterstützung wird angeboten um Kindern zu helfen, sich von dem traumatischen Ereignis zu erholen. Eine der Bewohnerinnen von Macanip ist die 26-jährige Bernadina Barraza.

„Ich habe drei kleine Kinder", sagt Bernadina. „Mein Ehemann arbeitet in einer anderen Stadt, also bin ich untertags alleine mit den Kindern. Die Kleinste, meine Tochter Marie Jersel, ist gerade fünf Monate alt geworden. Sie leidet an Durchfall, deshalb kam ich in die mobile Klinik um sie untersuchen zu lassen und Medizin zu bekommen. Mein Sohn hat Fieber und einen juckenden Hautausschlag, deshalb brachte ich ihn auch."

Die frühere Gesundheitseinrichtung von Macanip ist ein Trümmerhaufen, die Bevölkerung sowie deren Gesundheitsversorgung sich selbst überlassen. Schwangere Frauen und kranke Menschen müssen in das Bezirkskrankenhaus der Stadt Jaro reisen, welches zwar vom Taifun beschädigt wurde, aber immer noch funktionsfähig ist - überfüllt mit PatientInnen aus der gesamten Region.

Schutz vor dem Taifun in der Dorfschule

Als der Taifun in Macanip aufgetroffen ist, hat Bernardina mit ihren Kindern in der Dorfschule gemeinsam mit anderen Inselbewohnern Schutz gesucht. „Meine Kinder hatten solche Angst", sagt Bernadina. „Es war laut und erschreckend." Die zwei Evakuierungszentren des Dorfes - die Schule und die Kirche - waren unter den wenigen Gebäuden im Dorf, die dem verheerenden Sturm Stand halten konnten.

Bernadina und ihre Familie sind ohne Verletzungen davon gekommen, aber die Kinder leiden immer noch unter den psychologischen Nachwirkungen der Katastrophe. „Seit dem Taifun geht es meinem vierjährigen Sohn Jerson nicht gut", sagt Bernadina. „Untertags ist alles in Ordnung: er spielt mit den anderen Kindern und hat keine Beschwerden. Aber nachts kann er nicht schlafen. Er wacht oft plötzlich auf, als ob er vor etwas Angst hätte. Ich denke er ist immer noch traumatisiert vom Taifun."

Grundversorgung mittels mobiler Kliniken

Die mobilen Kliniken von Ärzte ohne Grenzen bieten den Dorfbewohnern Grundversorgung und emotionale Unterstützung. Meliza Daz, eine philippinische Psychologin, arbeitet mit dem medizinischen Team zusammen. Sie beschreibt die Symptome eines der notleidenden Kinder. „Dieser kleine Bub wachte nachts schreiend auf und konnte stundenlang nicht wieder einschlafen", sagt Meliza. „Außerdem hat er begonnen ins Bett zu machen, manchmal dreimal pro Nacht, das ist eine häufige Reaktion auf ein traumatisches Ereignis für Kinder seines Alters, die Geschehenes nicht verarbeiten können und häufig eine körperliche Reaktion zeigen."

Um ihm mit seiner Not zu helfen hat Meliza Papier und Stifte besorgt. „Er ist ein sehr schüchternes Kind", sagt Meliza, „deshalb habe ich ihm Papier und Stifte gegeben um zu zeichnen, wovor er solche Angst hat. Ich habe ihn das Bild beschreiben lassen, er meint es ist ein Monster und er hätte Angst, dass es ihn verletzt. Ich bat ihn, etwas zu zeichnen, dass ihm helfen würde um sich selbst zu schützen und er zeichnete sich mit einem Schwert. Wir nennen das rekronstruktives Spiel; es hilft Kindern traumatische Ereignisse zu bewältigen. Gleichzeitig ist es wichtig den Eltern zu sagen, dass sie für ihre Kinder da sein müssen, sie umarmen wenn sie Angst haben damit sie sich sicher fühlen."

Wiederaufbau nach der Zerstörung

Nach der medizinischen Betreuung und einem Beratungsgespräch, nimmt Bernardina Medizin für ihre Kinder aus der Apotheke von Ärzte ohne Grenzen und macht sich auf den Nachhauseweg. „Unser Haus wurde zerstört, aber glücklicherweise konnten wir eine kleine Hütte aus etwas Material bauen, das wir im Dorf zusammengesammelt haben", sagt sie. „Zum Glück werden einmal pro Woche Lebensmittel verteilt, andere Hilfsgüter wie Plastikplanen oder Zelte haben wir noch nicht erhalten. Ich weiß nicht, was uns die Zukunft bringen wird. Alles was ich mir wünsche ist in der Lage zu sein unser Haus zu reparieren und unsere Leben wieder aufzubauen."