Niger: Wenn zur Ernährungskrise auch noch Malaria auftritt

20.09.2012
Regenzeit erhöht die Gefahr
Niger 2012
Tanya Bindra
Guidan Roumdji, Niger, 30.08.2012: Viele Menschen strömen jeden Tag in das Spital von Guidan Roumdji. Die tödliche Kombination aus Mangelernährung und Malaria tritt vor allem in der Regenzeit von Juli bis November in hoher Zahl auf.

Das Guidan Roumji-Spital in der Region Maradi im Süden Nigers: Ein anhaltender Strom von Krankenwagen kommt an und fährt wieder ab. Während des ganzen Tages behandelt das Team von Ärzte ohne Grenzen viele Kinder, die von Mangelernährung und Malaria geschwächt sind.

Während der letzten paar Tage stieg die Zahl der Kinder, die aufgenommen wurden von 117 auf 430. „Die Intensiv- und die Kinderstationen sind überfordert – wir haben 200 Prozent Auslastung“, sagt Mirko Tommasi, Ärzte ohne Grenzen-Einsatzleiter in Niger. „Wir haben schon sehr viele mangelernährte Kinder behandelt, aber mit dem Beginn der Regenzeit, gibt es zusätzlich noch einen starken Anstieg der Malariafälle. Fast 80 Prozent der aufgenommenen Kinder leiden an Malaria“, sagt er.

Starke Regenfälle verschlimmern Lage

Die starken Regenfälle, die im Juli begonnen haben, haben die Reserven an Getreide und Feldfrüchten zerstört. Damit hat sich die ohnehin angespannte Nahrungssituation noch deutlich verschlechtert. Die Nahrungsknappheit ist in dieser Periode zwischen den Mai und September-Ernten unausweichlich. Der Regen hat außerdem dazu geführt, dass sich die Moskitos – die Überträger der Malaria - stark vermehrt haben.

Wenn Kinder in entlegenen Gebieten Malaria bekommen, ist ihr Zustand meist schon sehr schlimm, wenn sie endlich einen Arzt erreichen. „Kinder mit Malaria kommen oft zu spät, sie sind dann schon in einem komatösen Zustand, weil sie kaum Zugang zu medizinischer Versorgung haben“, sagt Véronique Van Frachen, die medizinische Koordinatorin von Ärzte ohne Grenzen.

Tödliche Kombination

„Einer der Gründe dafür, warum Malaria so lebensgefährlich ist, liegt darin, dass die Erkrankung schwere Anämie verursachen kann, so wie auch die Mangelernährung“, erklärt Véronique Van Frachen. Malaria und Mangelernährung stellen eine fatale Kombination dar. Mangelernährte Kinder sind zu schwach, um Krankheiten bekämpfen zu können. Deswegen sind sie anfälliger für Malaria mit Komplikationen. Das Risiko, dass ein mangelernährtes Kind an Malaria stirbt ist größer als bei einem Kind, das genug zu essen hat.Mangelernährte Kinder mit einer schweren Malariaerkrankung werden stationär behandelt. Dabei wird die Mangelernährung durch die Gabe von therapeutischer Fertignahrung bekämpft, die Malaria mittels Artemisinin-basierter Kombinationstherapie (ACT) behandelt.

Wiederkehrende Krise

Jedes Jahr stehen die Menschen im Niger einer Nahrungsmittelknappheit gegenüber. Sie stellt eine enorme Belastung für die Gemeinschaften dar. Oft haben sich die Menschen kaum von der Ernährungskrise erholt, schlägt schon die nächste zu und die Menschen müssen Besitztümer verkaufen oder Schulden machen, um genug Lebensmittel kaufen zu können.

Um den Kreislauf aus Mangelernährung und damit verbundener Krankheiten zu reduzieren, arbeiten Ärzte ohne Grenzen und das nigrische Gesundheitsministerium an vorbeugenden Maßnahmen. Dazu zählen Impfkampagnen, die Verteilung spezieller nährstoffreicher Nahrungsmittel sowie die Verteilung von Moskitonetzen. Seit Beginn des Jahres 2012 wurden mehr als 150.000 Kinder im ganzen Land von Hilfsorganisationen notversorgt.

Langfristige Lösung nötig

„Um den Kreislauf der wiederkehrenden Notfälle zu durchbrechen, ist eine langfristige Lösung notwendig. Es muss sowohl der Zugang zur Gesundheitsversorgung als auch der Zugang zu Kinder-adäquater Nahrung verbessert werden“, erklärt Mirko Tommasi.

In Niger betreibt Ärzte ohne Grenzen medizinische und Ernährungsprogramme in den Regionen Tahoua, Maradi, Zinder und Agadez. Mehr als 50.000 Kinder mit akuter Mangelernährung und 105.000 Malaria-Fälle wurden seit Beginn des Jahres 2012 in medizinischen Einrichtungen von Ärzte ohne Grenzen und den Partnern der Organisation behandelt.