Staaten, die Migranten abweisen, tragen zu Krankheit und Leid bei

06.06.2013
Unterschriftenaktion für menschliche Behandlung von Flüchtlingen

Wien - Unter dem Motto „Gegen Unmenschlichkeit" formiert sich eine breite, parteiunabhängige Allianz aus zivilgesellschaftlichen Organisationen und bekannten Persönlichkeiten, um einen Kurswechsel bei der österreichischen Flüchtlingspolitik einzuleiten. Die Initiative wurde vom ehemaligen Bankdirektor und Gründer von „Alpine Peace Crossing" Ernst Löschner und dem ORF-Journalisten Michael Kerbler ins Leben gerufen und richtet sich an die Bundesregierung und an alle Parlamentsparteien. Löschner und Kerbler ist es gelungen, 14 NGOs sowie zahlreiche bekannte Persönlichkeiten aus der Zivilgesellschaft als MitträgerInnen und UnterstützerInnen des Aufrufs zu gewinnen. Um eine menschlichere Flüchtlingspolitik nach der kommenden Nationalratswahl durchzusetzen, kann die Petition „Gegen Unmenschlichkeit" ab sofort unter http://gegen-unmenschlichkeit.at/ unterschrieben werden.

Ernst Löschner, der Initiator des Aufrufes appelliert an Bundeskanzler Faymann und Vizekanzler Spindelegger: „Wie in Österreich mit Flüchtlingen umgegangen wird, ist menschenverachtend! Wo sind da die christlichen Werte einer Volkspartei und die sozialen Werte der Sozialdemokratie? Machen Sie sich persönlich ein Bild, wie es ist, wenn ein Schutz-suchender hier ankommt, abgeschoben wird und eine Familie zerrissen wird. Sie sind die höchsten Repräsentanten der Regierung, die die Gesetze zu Flucht und Asyl immer weiter verschärft hat. Die Folge ist ein jeden Respekt verweigerndes System. Es liegt an Ihnen, dies zu ändern - von Grund auf! Finden Sie persönliche, klare Worte und handeln Sie entsprechend!"

Anny Knapp, Asylkoordination, begründet die Initiative: „Flüchtlinge erhalten oft nicht den Schutz, den sie brauchen. Und wenn sie ihn doch bekommen, dann oft erst nach langwierigen Verfahren. Seit vielen Jahren wird Fairness und Rechtsstaatlichkeit im Umgang mit Flüchtlingen eingefordert und auf die Gefahr von Menschenrechts-Verletzungen hingewiesen. Menschlichkeit in der Asylpolitik ist aber noch immer nicht in Sicht. Bei immer mehr Menschen wächst daher der Unmut. Es höchste Zeit ist für eine menschlichere Politik!"

Die Organisationen fordern eine Sicherstellung, dass gut integrierte Personen nicht abgeschoben, Familien nicht zerrissen und humanitäre Umstände berücksichtigt werden. Asylsuchende brauchen einen effektiven Zugang zum Arbeitsmarkt nach längstens sechs Monaten sowie ungehinderten Zugang zu Schul- und Weiterbildung. Eine an menschlichen Bedürfnissen orientierte Grundversorgung mit flächendeckender, professioneller Betreuungs-Struktur sollte selbstverständlich sein! Anny Knapp: „Wir pochen auf eine Überarbeitung der österreichischen Asyl- und Fremdengesetze und auf öffentlich finanzierten unabhängigen Rechtsbeistand für Menschen, die um Schutz ansuchen. Die menschenverachtende ‚Asyllotterie' muss beendet werden: Europa braucht ein solidarisches System der Flüchtlingsaufnahme mit Rechten und Standards. Österreich muss hier mit gutem Beispiel vorangehen!"

Breite Unterstützung für die Initiative

Die Schauspielerin Ursula Strauss unterstützt die Forderungen der Initiative und erklärt: „Ich kann nicht verstehen dass es nicht möglich ist in dieser unserer reichen Gemeinschaft, auf die wir doch so stolz sind, zu begreifen, dass eine Gesellschaft immer am Umgang mit den schwächsten Gliedern gemessen wird. Warum ist diese Angst so groß vor den anderen? Leben bedeutet Entwicklung und Veränderung. Veränderung hat es immer gegeben. Es kommt nur darauf an, ob wir sie zulassen können oder ob wir am Fleck stehen bleiben wollen - und uns dadurch letztendlich selbst aus der Gemeinschaft ausschließen."

Der Kabarettist Thomas Maurer unterstreicht: „Es ist höchste Zeit, systematische Schikane nicht mehr als liebenswerte nationale Schrulle zu akzeptieren. Zeit, einer längst zum Selbstzweck gewordenen, partiell von ideologischen Triebtätern unterwanderten Fremden-Justizbürokratie Einhalt zu gebieten. Zeit, der xenophoben Hetze als politischem Instrument die Akzeptanz zu entziehen und denen, die trotzdem nicht die Finger davon lassen können, jeden Respekt. Zumindest in jenen politischen Parteien, die den sozial Schwachen auch andere Angebote zu machen haben als das systematische Entwürdigen der sozial Schwächsten, sollte da doch ein Konsens herstellbar sein."

Dr. Johannes Poigenfürst erklärt: "Aus vielen Erzählungen von Asylsuchenden und aus den Medien, gewinnt man den Eindruck, dass manche Teile des Asylgesetzes dazu verleiten, in schikanöser Art und Weise angewendet zu werden. Die generell geschaffene Abneigung gegen Asylsuchende führt manchmal zur Anwendung der Vorschriften in sadistischer Weise, so dass die Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung der hier gestrandeten Flüchtlinge immer weiter vertieft wird. Wir fordern eine Verbesserung der Gesetzeslage und menschlich positivere Handhabung ihres Amtes seitens der Beamten. Am wichtigsten wäre ein beispielgebendes Verhalten aller entscheidenden Politikerinnen und Politiker in der Frage der Asylsuchenden."

"Länder, die sich gegen unerwünschte Migranten abschotten, tragen dazu bei, dass diese auf immer gefährlicheren Routen ihr Leben und ihre Sicherheit aufs Spiel setzen. Die ganz konkreten Auswirkungen der unmenschlichen Aufnahmebedingungen sind Krankheit und Leid für die betroffenen Menschen. Das sehen die Teams von Ärzte ohne Grenzen in den Hilfsprogrammen an den Grenzen Europas seit Jahren", sagt Irene Jancsy , Kommunikationsleiterin von Ärzte ohne Grenzen Österreich.

Der ORF-Journalist Michael Kerbler betont: „Eine besonders perfide Form der Unmenschlichkeit ist die Gleichgültigkeit. Sie entzieht anderen Menschen das, was uns eigentlich ausmachen sollte: Humanität. Jedes Jahr kommen zwischen eintausend und zweitausend Menschen beim Versuch, nach Europa zu gelangen, ums Leben. Die EU investiert enorme Mittel in den Ausbau des Grenzschutzes und riskiert damit, dass Flüchtlinge immer höhere Risiken auf sich nehmen müssen, um in Europa Schutz zu finden. Gleichgültigkeit ist der Freund des Feindes - derjenigen, die politisch Andersdenkende verfolgen, das Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung unterbinden, und die ungehinderte Religionsausübung unterdrücken. Es ist immer der Aggressor, der von unserer Gleichgültigkeit profitiert."

Trägerorganisationen: Amnesty International Österreich, Ärzte ohne Grenzen Österreich, Asylkoordination Österreich, Caritas Österreich, Diakonie Österreich, Don Bosco Flüchtlingswerk Österreich, Flüchtlingsprojekt Ute Bock, Integrationshaus, Österreichisches Rotes Kreuz, Republikanischer Club – Neues Österreich, SOS-Kinderdorf Österreich, SOS Mitmensch, Volkshilfe Österreich, ZARA – Zivilcourage und Anti-Rassismus Arbeit

UnterstützerInnen (unter anderen): Christian Ludwig Attersee, Markus Breitenecker, Erhard Busek, Matthias Naske, Michael Bünker, Friedrich Cerha, Cecily Corti, Barbara Coudenhove-Kalergi‎, Dimitré Dinev, Paul Gulda, André Heller, Elfriede Jelinek, Thomas Maurer, Robert Meyer, Felix Mitterer, Manfred Nowak, Nicholas Ofczarek, Anton Pelinka, Wolfgang Petritsch, Johannes Poigenfürst, Willi Resetarits, Gerhard Roth, Fuat Sanac, Susanne Scholl, Erwin Steinhauer, Barbara Stöckl, Ursula Strauss, Peter Turrini, Lojze Wieser, Anton Zeilinger.

Rückfragehinweis:

Matthias Schickhofer (Mediensupport - supportingchange.org): Tel: 0699 112 971 84, E-Mail: [email protected]

Webinfo: Petition, alle UnterstützerInnen und Hintergrund: http://gegen-unmenschlichkeit.at