Syrien: Von Ärzte ohne Grenzen unterstütztes Krankenhaus durch Luftangriffe komplett zerstört - 13 Menschen starben

09.08.2016
Stark frequentiertes Spital im Einzugsgebiet von etwa 70.000 Menschen in der Stadt Millis wurde am 6. August bei Luftangriffen in Schutt und Asche gelegt.
MSF Supported Hospital Bombed in Idlib, Syria
MSF
A hospital supported by Médecins Sans Frontières (MSF) is destroyed by an aerial bombing in Millis town, Idlib Governorate, Syria on Saturday 06 August. Killing four hospital staff and nine others, including children. The hospital was struck with two direct (and two in the immediate vicinity) aerial strikes at around 2:00pm local time. Six other hospital staff were wounded. The bombing substantially destroyed the building, and the hospital is currently closed. This comes in the midst of an escalation in intensity of conflict in Idlib Governorate.

Aleppo/Wien, am 9. August 2016. Ein stark frequentiertes Krankenhaus im Einzugsgebiet von etwa 70.000 Menschen in der syrischen Stadt Millis in der Provinz Idlib wurde am 6. August bei Luftangriffen in Schutt und Asche gelegt, berichtet Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF). Die Organisation hatte das Krankenhaus unterstützt. Vier Mitarbeiter des Krankenhauses und neun weitere Personen  unter ihnen fünf Kinder und zwei Frauen  wurden getötet. Sechs Mitarbeiter wurden verwundet. Zwei Luftangriffe trafen das Krankenhaus gegen 14.00 Uhr Ortszeit direkt. Bei zwei weiteren Luftangriffen auf Ziele in der unmittelbaren Umgebung wurde es nochmals getroffen. Die Bombardements zerstörten das Gebäude nahezu vollständig. Zurzeit ist das Krankenhaus geschlossen.

Bei den Luftangriffen wurden der Operationssaal, die Intensivstation, die Kinderabteilung, etwa 80 Prozent der medizinischen Geräte, Krankenwagen und der Stromgenerator zerstört. Das Krankenhaus war auf Kinderheilkunde spezialisiert und als Referenz-Zentrum bekannt. Es bot grundlegende Gesundheitsversorgung in einer Region mit 70.000 Menschen aus Millis und angrenzenden Gebieten, in denen sich eine beträchtliche Zahl Vertriebener aufhält. Im Krankenhaus wurden notmedizinische Eingriffe und gewöhnliche Behandlungen für täglich rund 250 Patienten durchgeführt. Seit Anfang 2014 wurde es von Ärzte ohne Grenzen unterstützt. Die Hilfsorganisation lieferte Vorräte, stand dem Personal in technischen Fragen beratend zur Seite und unterstützte es später auch finanziell, um die medizinische Versorgung der Menschen in Millis und Umgebung aufrechtzuerhalten.

"Bombardierung ist ein Skandal!"

“Die Bombardierung eines weiteren Krankenhauses in Syrien ist ein Skandal”, sagt Dr. Silvia Dallatomasina,  medizinische Einsatzleiterin von Ärzte ohne Grenzen im Nordwesten Syriens. “Den Mut und den Einsatz syrischer Mediziner können wir nur bewundern. Sie arbeiten inmitten dieses Krieges weiter, in dem Krankenhäuser regelmäßig von Bombardierungen und Beschuss getroffen werden. Wir spüren eine große Verpflichtung, sie in ihrer wichtigen lebensrettenden Arbeit zu unterstützen. Jedes Mal, wenn ein Krankenhaus zerstört wird – sei es gezielt oder während eines der wahllosen Angriffe auf zivile Gebiete – geht dabei ein weiterer Rettungsanker für die Menschen in Syrien verloren. Es gibt Krankenhäuser, die nahe den Frontlinien Hilfe für Kriegsverletzte durchführen, andere versorgen schwangere Frauen bei Problemen. Gebraucht werden alle diese Einrichtungen, den in ihnen werden Leben gerettet.”

Der Umfang der Angriffe in der Provinz Idlib und die Anzahl von Verletzten hat zugenommen: In den ersten sechs Monaten des Jahres berichteten Mitarbeiter der beiden größten von Ärzte ohne Grenzen unterstützten Referenzkrankenhäuser in Idlib von sieben Masseneinlieferungen von Verwundeten. 294 Menschen waren verwundet, 33 starben. Im Juli kamen neunmal sehr viele Verletzte gleichzeitig in den Kliniken an, in diesem Monat waren es 466 Verletzte und 37 Tote.

Krankenhäuser dürfen keine Angriffsziele sein

“Wir wiederholen unseren dringenden Aufruf an all jene, die Einfluß auf die Kriegsführung in Syrien haben – darunter vier von fünf permanenten Mitgliedern des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen: Sorgen Sie dringend dafür, dass bei Angriffen keine Krankenhäuser getroffen werden”, sagt Dallatomasina. “Als Mediziner werden wir alles in unser Macht stehende tun, um die medizinische Hilfe in Syrien zu verstärken. Aber die Angriffe auf Krankenhäuser müssen sofort aufhören!”

Ärzte ohne Grenzen betreibt sechs medizinische Einrichtungen im Norden Syriens und unterstützt ca. 150 weitere in Gebieten, in denen die Organisation nicht arbeiten kann. Die Unterstützung von MSF umfasst medizinisches Material, die Bezahlung eines Grundgehaltes, damit sich die Angestellten auf ihre medizinische Arbeit konzentrieren können; Benzinlieferungen, damit die Generatoren betrieben werden können; Beiträge zum Wiederaufbau, wenn eine Einrichtung beschädigt oder zerstört wurde; und fachlicher medizinischer Rat. Rund 70 syrische Einrichtungen erhalten diese umfassenden Unterstützungsleistungen. 80 weitere medizinische Einrichtungen werden in Notsituationen und weniger regelmäßig mit medizinischem Material und fachlichem Rat unterstützt, beispielsweise wenn eine große Anzahl Verletzter gleichzeitig eintrifft.