Die Tatsache, dass so viele Menschen beim Versuch sterben, über das Mittelmeer nach Europa zu kommen, ist das Resultat starker „Push-Faktoren“, beispielsweise gewalttätige Konflikte wie in Somalia. Auch die Gewalt und die Misshandlungen, die Flüchtende während ihres Aufenthalts in Libyen erleben, führen dazu, dass die Menschen das Land verlassen und die gefährliche Überfahrt wagen. Zum anderen ist die gefährliche Flucht über das Meer auch eine direkte Folge der immer restriktiver werdenden EU-Asyl- und -Migrationspolitik.
Die Schließung der europäischen Grenzen und das fast vollständige Fehlen sicherer und legaler Wege, Asyl zu beantragen oder nach Europa zu migrieren, zwingt Tausende Menschen, ihr Leben an Bord ungeeigneter Boote zu riskieren. Verstärkter Grenzschutz, erhöhter Militäreinsatz, Bekämpfung von Schleppernetzwerken – die von der EU angestrengten Maßnahmen haben letztendlich dazu geführt, dass noch mehr Menschen im Mittelmeer ertrunken sind. Weiterhin konzentriert man sich auf die Bekämpfung der Auswirkungen und nicht auf die Ursachen. Die Schlepper beispielsweise haben nun einfach ihre Vorgehensweise an die europäischen Maßnahmen angepasst, sodass die Überfahrt noch gefährlicher geworden ist.
Ärzte ohne Grenzen ist davon überzeugt, dass Menschen ohne sichere Alternativen weiterhin bereit sein werden, sich auf gefährliche Routen zu begeben und ihr Leben zu riskieren. Sie auf See zu retten ist keine Lösung, sondern nur eine Notfallmaßnahme, um Menschen vor dem Tod zu bewahren.