Ernährungskrise in Madagaskar: Ohne Visa muss Ärzte ohne Grenzen Hilfe einstellen

13.08.2021
Ohne Einreisevisa für internationale Mitarbeiter:innen kann Ärzte ohne Grenzen die Hilfe inmitten einer schweren Ernährungskrise in Süd-Madagaskar nicht fortsetzen.

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Ohne Einreisevisa für internationale Mitarbeitende kann Ärzte ohne Grenzen seine Hilfe inmitten einer schweren Ernährungskrise in Süd-Madagaskar nicht fortsetzen. Seit März haben die Teams der Organisation rund 6.000 mangelernährte Kinder in den Provinzen Amboasary und Ambovombe medizinisch versorgt. Ärzte ohne Grenzen fordert die madagassischen Behörden auf, neue Einreisevisa schnellstmöglich auszustellen, um die medizinische Hilfe im Süden des Landes nicht zu gefährden. 


„Pandemiebedingte Reisebeschränkungen sollten Hilfsorganisationen nicht daran hindern, auf andere, ebenso drängende Krisen zu reagieren“, sagt Bérengère Guais, Notfallkoordinatorin von Ärzte ohne Grenzen. „Als medizinische Organisation wissen wir um die Wichtigkeit von Infektionskontrolle und Prävention von COVID-19. Wir haben strenge Hygieneprotokolle für unsere Teams und Patient:innen. Dazu gehört auch, dass wir alle internationalen Mitarbeiter:innen, die in Madagaskar tätig werden, systematisch impfen.“
 
Auch nachdem Madagaskar seine Grenzen wegen der COVID-19-Pandemie im März 2020 geschlossen hatte, erhielt Ärzte ohne Grenzen spezielle Genehmigungen, um Teams und Hilfsgüter weiterhin ins Land zu bringen. Seit Juli werden diese dreimonatigen Visa nicht mehr gewährt. Die Behörden fürchten die Ausbreitung der Delta-Variante des Coronavirus. Ohne Personal wird Ärzte ohne Grenzen seine Projekte aber nicht aufrechterhalten können.
 
Bislang hat Ärzte ohne Grenzen auf zwölf Anträge für Einreisevisa für Ärzt:innen, Pflegepersonal und weitere Mitarbeitende von den höchsten Stellen der madagassischen Verwaltung keine Antwort erhalten. „Zehn internationale Mitarbeitende müssen in zwei Tagen das Land verlassen, weil ihre Visa auslaufen. Weitere 12 müssen in drei Wochen ausreisen,“ so Guais.
 
Seit Ende 2020 ist die Situation für rund 1,3 Millionen Menschen im Süden Madagaskars katastrophal. Eine historische Dürre und Sandstürme haben die Landwirtschaft beeinträchtigt und die Nebeneffekte von COVID-19 haben die chronische Ernährungsunsicherheit in der Region noch verstärkt. Staatliche Stellen und humanitäre Organisationen, darunter Ärzte ohne Grenzen, haben daher ihre Programme zur Bekämpfung der akuten Mangelernährung und die Nahrungsmittelsoforthilfe für die betroffenen Menschen verstärkt.
 
Seit Ende März sind mobile Kliniken von Ärzte ohne Grenzen in den Provinzen Amboasary und Ambovombe unterwegs, die zu den am stärksten betroffenen Gebieten gehören. Sie versorgen mangelernährte Kinder und verteilen in rund 20 Orten Nahrungsmittelrationen. Auf Bitten der örtlichen Gesundheitsbehörden besuchten die Teams auch besonders abgelegene und bedürftige Dörfer. Bisher wurden 300 Tonnen Nahrungsmittel verteilt, bis Oktober sollen weitere 750 Tonnen folgen. Rund 30.000 Menschen erhalten bereits Trinkwasser, neue Brunnen und Bohrlöcher sind geplant.
 
Wenn Ärzte ohne Grenzen keine neuen Einreisevisa erhält, müssen alle Projekte geschlossen werden und die Organisation wird gezwungen sein, die Verträge von mehr als 150 madagassischen Mitarbeiter:innen zu kündigen. 

 

Eva Hosp, Media und Events

Eva Hosp

Media & Events