Intervention im Flüchtlingslager - Fortsetzung

Kommentar von Tanja Rau
11.02.2014
Intervention im Flüchtlingslager - Fortsetzung

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Fortsetzung des Tagebuch-Berichts der Ärztin Tanja Rau über die Intervention in Flüchtlingslagern in Uganda für derzeit rund 37.000 Flüchtlinge aus dem benachbarten Südsudan. Mittwoch, 8. Jänner 2014, 8 Uhr Abreise von Adjumani im Norden Ugandas zurück zu unserer Klinik in Arua: Auf dem Weg werden wir noch ein anderes Flüchtlingslager evaluieren.

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Wir machen eine Evaluation in den Flüchtlingslagern, um die Lebenssituation der Menschen einzuschätzen (c) Tanja Rau/MSF

Nach einer 7-stündigen, anstrengenden Autofahrt in Arua angekommen warten bereits meine Mitarbeiter und eine Menge Arbeit auf uns. 21 Uhr Der Einsatzleiter und ich berichten dem Team über die aktuelle Lage: Welche Not ist am größten – Wasser? Nahrung? Unterkunft? Medizinische Versorgung? Was hat zuerst zu geschehen? Wo und wie können wir eingreifen? Jedes einzelne unserer Teams hier in Arua wird involviert sein müssen – für die Beschaffung von Medikamenten und Material, für die Logistik der Aufbauarbeiten der Feld-Kliniken, zur Administration der Anstellung von lokalem Personal, etc. Der medizinische Teamleiter – das bin nun ich – wird in allen Belangen herangezogen: „Frau Doktor, wie viele Mitarbeiter brauchst du? Welche Berufsgruppen? Wie soll die Klinik ausschauen, wo soll sie sein? Wo bekommen wir die Medikamente her, welche und wie viele? Wie viele Latrinen brauchen wir und wo? Die Wasserqualität ist sehr schlecht, wir erwarten viele kranke Menschen, was machen wir? Die Menschen haben kein Geld um Essen zu kaufen, außerdem sind wir hier im Busch, Leute sind unterernährt, wie reagieren wir?” 23 Uhr Auf manche Fragen habe ich noch immer keine Antwort, aber wir wissen, dass es andere Partner und Organisationen gibt, die gemeinsam mit uns in diesen Lagern eingreifen werden. Donnerstag, 9. Jänner, 7:25 Uhr Nachdem ich in unserem Büro schnell dringende Emails bearbeitet habe, geht es ab in das Krankenhaus in Arua. Dort erledige ich die Visite der Patienten mit medikamentenresistenter Tuberkulose. Gleich darauf geht es weiter zu einen Meeting im Bezirksamt, wo wir im Büro des Ministers um eine Erlaubnis zum Besuch eines weiteren Flüchtlingslagers bitten: Das Ocea-Rhinocamp. 11:20 Uhr Abfahrt zum Flüchtlingslager, wo wir die Lage begutachten und einschätzen. Daraufhin wird ein Bericht verfasst und wir informieren unser gesamtes Team. Freitag, 10. Jänner 2014 Da unsere medizinische Teamleiterin hier in Arua auf ihrem wohlverdienten Urlaub ist, bin ich zusätzlich für die HIV-Klinik zuständig. Neben Vorbereitungen für unser Notfallprojekt mache ich noch schnell Visite in den beiden Kliniken. Mittwoch, 15. Jänner 2014, 6 Uhr Eine knappe Woche nach der Begutachtung des Lagers starten wir unser Projekt in Ocea-RhinoCamp. In den letzten Tagen wurden einige Meetings und Diskussionen gehalten um zu definieren wie, wo und wann wir eingreifen. In Adjumani wird bereits fleißig gearbeitet. Nach unserer Begutachtung durch den Projektleiter, den Logistik-Assistenten und mich sind wir vom fast gesamten Team aus Kampala, der Hauptstadt Ugandas, abgelöst worden. Sie werden die nächsten Schritte einleiten bis das tatsächlich zuständige Notfallteam von Ärzte ohne Grenzen aus Paris angereist ist. Hier im Bezirk Arua werde ich zum medizinischen Leiter erkoren… Wow, ich bin sehr aufgeregt! Donnerstag, 16. Jänner 2014, 6 Uhr Ich bereite mich im Büro für den Tag vor. Im Flüchtlingslager Ocea angekommen beginne ich Patienten zu sehen:

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Ein Baby im Flüchtlingslager wird während der mobilen Klinik untersucht (c) Tanja Rau/MSF

Für heute habe ich noch kein Personal, das diese Tätigkeit übernehmen kann, aber ich habe mit dem Anstellungsprozess lokaler Mitarbeiter begonnen. Morgen werde ich mit Verstärkung anrücken. 23:30 Uhr Nach der Berichterstattung und der Besprechung mit dem Team in Arua und Vorbereitungen für den nächsten Tag falle ich in den Tiefschlaf. Freitag, 17. Jänner 2014, 6 Uhr Gott sei Dank haben wir gestern Pflegepersonal gefunden, die mich heute begleiten: Drei erfahrene Krankenschwestern. Auch heute werde ich noch einige Mitarbeiter finden müssen, die mich in den nächsten Wochen unterstützen.

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Bei der "Triage" werden die PatientInnen für die Untersuchung je nach der Schwere ihrer Erkrankung gereiht (c) Tanja Rau/MSF

Neben dem Einstellen und Bezahlen von Personal arbeite ich auch an der Medikamentenbeschaffung und bei logistischen Fragestellungen mit. Ich habe festgestellt, dass nicht nur Lücken in der “Ersten Hilfe” vorhanden sind, sondern auch im “Screening Point”, wo Flüchtlinge am Tag der Anreise geimpft und auf Krankheiten gecheckt werden. Diese zwei Sektionen werden mein Fokus sein. Samstag, 18. Jänner 2014, 6 Uhr Meine Arbeitstage beginnen nun um 5:30 Uhr morgens. Um 6 Uhr bereite ich mich im Büro und der Apotheke auf den Tag vor – von der „Statistiken-Zettel-Wirtschaft“ bis zum Zusammensuchen nötiger Medikamente für den Tag. Um 7 Uhr brechen wir auf. Das Camp ist 1,5 Stunden Fahrtzeit entfernt und die Lage wird als zu gefährlich eingeschätzt um dort zu übernachten. Die Logistik ist fertig mit den Aufbau-Arbeiten und ich starte meinen ersten Tag in dieser mobilen Klinik! Ein unglaubliches Gefühl, wenn man sich vor Augen hält, was man innerhalb 2 Tagen erreichen kann. An dieser Stelle ein ganz, ganz herzliches Dankeschön und “well-done” an das gesamte Logistik-Team!

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Der Eingang zu unserer mobilen Klinik im Flüchtlingslager (c) Tanja Rau/MSF

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Einer unserer lokalen Mitarbeiter während einer Untersuchung (c) Tanja Rau/MSF

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Ein junger Patient wird gewogen (c) Tanja Rau/MSF

Meine Tage enden zwischen 22 und 23 Uhr. Ich überprüfe Medikamente, die während des Tages angeliefert werden und richte sie mir für den nächsten Tag her.

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Die Apotheke unserer mobilen Klinik (c) Tanja Rau/MSF

Montag, 20. Jänner 2014 Mein Team ist fast vollständig, 13 Mitarbeiter konnte ich bis jetzt finden. Ich bin sehr froh, so motivierte und erfahrene Teamkollegen gefunden zu haben!

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Unser Team! (c) Tanja Rau/MSF

In der kommenden Woche werden Arbeitsvorgänge evaluiert, besprochen und optimiert. Wir sind froh, einen Krankheitsausbruch verhindert zu haben und hoffen, dass wir auch weiterhin effizient arbeiten können! Alles Liebe, Tanja

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16.03.2014
22:44
christine cmolik

Liebe Tanja, ich bewundere immer diese Einsätze und hoffe, dass ihr auch jedes Mal gesund wieder nach Hause kommt. Man kann dieses Elend gar nicht nachvollziehen. War jetzt bei einem Vortrag von Ärzte ohne Grenzen über Indien und bin wieder auf das Neue gestärkt, für euch alle zu spenden. Denn auch so kann man ein wenig dazu beitragen.
Wir spenden schon viele Jahre und tun es immer gerne.
Wünsche viel Erfolg, vor allem Gesundheit!!! Alles Liebe sendet Christine aus Linz aus der Heimat!!!

14.02.2014
17:00
Irmgard Henkes

Großer Respekt vor Eurem Einsatz,
Bin seit über 30 Jahren Krankenschwester. War immer mein Traum einmal einen solchen Einsatz zu machen. Hat leider nie gepasst. Viel Glück und alles Gute für Euren Einsatz.

Liebe Grüsse

18.03.2014
13:22
Tanja Rau

liebe christine,

durch menschen wie dich macht ihr es möglich, dass wir fahren können! danke vielmals! ohne eure spenden würde nichts passieren.
jeder einzelne euro ist wichtig und helfend!
noch viel schöner ist es, wenn man im freundeskreis und in der familie darüber spricht und diese schlimme lage ins gedächtnis ruft!
bleib auch du mit deinen lieben gesund!
ich bin jetzt seit über einer woche zurück!... mal schauen wo es jetzt mit mir hingeht!

alles liebe, christine
tanja

14.02.2014
12:47
Christine ulmer

Liebe Tanja
Super deine Arbeit und euer Einsatz !
Weiterhin viel Glück und kraft

27.02.2014
13:44
Tanja Rau

liebe irmgard,
auch dir danke ich fuer deine worte! ihr gebt mit euren botschaften kraft fuer alle mitarbeiter von ärzte ohne grenzen, weil ihr uns das Gefuehl gebt wertvoll zu sein und sinnvoll zu arbeiten! vielen dank!
tanja

27.02.2014
13:44
Tanja Rau

liebe christine
ich bin mir sicher, dass deine arbeit bestimmt auch sehr wichtig und wertvoll ist!
vielen lieben dank und auch dir viel glueck!
tanja

30.04.2014
12:27
Avi Z

Hey Tanja,

Willkommen zurück nach Wien! Dank dir und deinem Team schöpfen die Menschen in Aura mit Sicherheit sehr viel mehr Hoffnung, und können um einiges positiver in die Zukunft blicken. Ich hoffe die Klinik entwickelt sich weiterhin nach deinen Vorstellungen. Euer Einsatz und diese bedingungslose Hingabe ist einfach nur Bewundernswert. Ich kann jeden Menschen den ich kenne nur ans Herz legen, ab und zu etwas Geld zu spenden um eure Projekte aktiv zu unterstützen.

lg, Avi

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