Südsudan: Oft ist jeder Tag ein Kampf ums Überleben

Kommentar von
02.08.2018
Alexandra Schuster aus Kumberg bei Graz ist gerade als "Flying Mechanic" im Südsudan. In ihren zweiten Blogeintrag schildert sie, was sie vor Ort erlebt.

Alexandra Schuster aus Kumberg bei Graz ist gerade als "Flying Mechanic" im Südsudan. In ihrem letzten Blogbeitrag schilderte die begeisterte Mechanikerin bereits ihre ersten Eindrücke nach der Ankunft. Was sie aktuell vor Ort erlebt, erfahren Sie hier.

Alexandra Schuster

Wenn man nachts endlich im Zelt unter dem Moskitonetz liegt, versucht einzuschlafen und den Grillen und Fröschen lauscht, dann weiß man, dass man mitten in der Natur ist. Auf einmal verstummt das gleichmäßige Hintergrundgeräusch des Generators. Jetzt aber schnell die Taschenlampe aufdrehen, Schuhe ausschütteln (damit sich dort kein Skorpion oder sonstiges Getier versteckt) und ab zum Generatorraum. Ginge es nur um das Licht, dann wäre es nicht so dramatisch. Aber in diesem Fall hängen auch das Krankenhaus und vielen Geräte an dieser einzigen Stromquelle weit und breit. Fällt der Generator aus, dann ist auch der Operationsraum ohne Strom.

Alexandra Schuster

Als Mechanikerin unterstützte ich die Projekte von Ärzte ohne Grenzen. Die wahre Last der Verantwortung  liegt bei den sogenannten „Logs“, den Logistikern und Logistikerinnen.

Täglich organisieren sie alles, was anfällt. Die sogenannten „daily workers“, die mal das Gras mit der Machete schneiden, tiefe Löcher graben, Wände streichen oder sonstige Arbeiten verrichten. In ihren Verantwortungsbereich fallen auch Technik, Strom, Unterkunft, Sicherheit, Wasserversorgung und Transport. Sie sind auch für die Freigabe der Landebahn verantwortlich. Das heißt, sie beurteilen, ob der Boden stabil genug ist, um nach einem Regenfall Fracht oder Passagiere zu empfangen.

Derzeit ist im Südsudan Regenzeit. Hier gibt es den sogenannten „black cotton soil“. Ein klebriger, stabiler Schlamm, der es besonders schwierig macht, sich von A nach B zu bewegen. Viele unserer Aktivitäten finden in abgelegen Gebieten statt, wo wir die einzigen sind, die die Menschen medizinisch versorgen. Deswegen müssen wir im Logistik-Team dafür sorgen, dass medizinisches Personal und Material zu den Leuten gelangt.

Alexandra Schuster

Wir sind hier mit Booten, Traktoren und sogar Quads unterwegs, um Hilfe zu leisten. Offroad- Fahrerlebnisse pur. Was im ersten Moment nach einer Menge Spaß klingt, ist es in Wahrheit aber nicht. Nach stundenlangem Ruckeln und Stoßen tut einem mehr als nur der Rücken weh. Wenn man dann wieder umkehren muss, weil der Fluss nicht überquerbar ist, dann ist das sehr deprimierend. Doch all die freundlichen und lachenden Gesichter der Bevölkerung, die unsere Arbeit hier schätzen, kompensieren diese Strapazen.

Alexandra Schuster

Die bedingten Mittel, die uns hier zur Verfügung stehen, sind oft sehr deprimierend. Vieles könnte doch so einfach sein, aber leider ist es das nicht. Kaum jemand hat Strom in seinem Zuhause. Nach Sonnenuntergang gibt es keine Lichtquellen mehr. Oft ist jeder Tag ein Kampf ums Überleben. Die Inflation ist wöchentlich spürbar und durch die Armut ist auch die Kriminalität sehr hoch. Man kann sich vorstellen, dass in einem Bürgerkriegsland die Gewaltschwelle extrem niedrig ist.

Kaum jemand von meinen nationalen Kollegen und Kolleginnen hier in Juba lebt mit seiner Familie hier. Diese leben meist in Flüchtlingslagern in Uganda, Nord- Sudan, in der Demokratischen Repubik Kongo und anderen afrikanischen Staaten. Dort gibt es Schulen, Krankenhäuser und mehr Sicherheit. Meistens sind sie selbst dort aufgewachsen und sind nur für den Job und ein regelmäßiges Einkommen wieder in den Südsudan zurückgekehrt. Wann sich dieses Land wieder stabilisieren wird und es hier wieder lebenswerter wird, weiß wohl niemand. Vieles können wir nicht ändern oder verbessern, aber wir können versuchen, zu verstehen, wieso vieles so ist, wie es ist.

Die Flüchtlingsdebatte in Europa scheint mir so scheinheilig, wenn ich daran denke, dass Uganda letztes Jahr ungefähr genauso viele Flüchtlinge aufgenommen hat, wie alle europäischen Staaten zusammen. Die Gastfreundschaft bekommt hier eine andere Bedeutung in diesem Kontext. Hier könnten wir uns jede Menge von den afrikanischen Staaten abschauen.

Es ist Zufall, wo wir geboren werden und jeder und jede hat das Recht auf medizinische Versorgung - alle Menschen sind gleich und sollten auch gleichwertig behandelt werden!

Alexandra Schuster

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02.08.2018
13:26
Josef Pastl

Thanks for the report and Background information, yu R a great and tough girl.
Take care and come back safely.
Brgds...Josef

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