Dutzende Flüchtlinge und Migranten nach Flucht vor Schleppern verwundet

28.05.2018
Die Flucht von mehr als hundert Flüchtlingen und Migranten am Mittwochabend hat einmal mehr gezeigt, unter welch schrecklichen Bedingungen Menschen in Libyen festgehalten werden. Ärzte ohne Grenzen unterstützte die Notversorgung von 25 Verletzten, die ins Krankenhaus von Bani Walid gebracht wurden.

Die Flucht von mehr als hundert Flüchtlingen und Migranten am Mittwochabend hat einmal mehr gezeigt, unter welch schrecklichen Bedingungen Menschen in Libyen festgehalten werden. Die Menschen waren von Schleppern entführt und westlich von Bani Walid gefangen gehalten worden. Beim Versuch zu fliehen wurde auf sie geschossen, es gab mehrere Todesopfer. Ärzte ohne Grenzen unterstützte die Notversorgung von 25 Verletzten, die ins Krankenhaus von Bani Walid gebracht wurden.

Bei den Überlebenden handelt es sich in erster Linie um Teenager aus Eritrea, Äthiopien und Somalia, die in Europa um Asyl ansuchen wollten. Sie berichteten, dass sie von Menschenhändlern gefangen gehalten worden waren, die sie mehrmals zwischen Bani Walid und Nesma hin und her verkauft hätten.

Medizinische Versorgung von 25 Verletzten

Ein Team von Ärzte ohne Grenzen unterstützte das medizinische Personal im Krankenhaus von Bani Walid bei der medizinischen Versorgung der 25 Verletzten. Sie leisteten Erste Hilfe für 18 Personen mit leichten Verletzungen, sieben Patienten wurden wegen schwerer Schusswunden und multipler Knochenbrüche stationär aufgenommen. Ärzte ohne Grenzen spendete medizinische Hilfsgüter an das Krankenhaus, um die Bestände an Medikamenten und anderem medizinischen Material wieder aufzufüllen.

Die Überlebenden berichteten den Mitarbeitern der Hilfsorganisation, dass mindestens 15 Menschen gestorben seien. Zumindest 40 weitere Personen (mehrheitlich Frauen) wurden zurückgelassen. Einige Überlebende erzählten den Teams von Ärzte ohne Grenzen, dass sie bis zu drei Jahre in Gefangenschaft gehalten worden waren. Narben auf ihren Körpern, sichtbare Wunden elektrischer Verbrennungen und alte infizierte Wunden gaben Aufschluss über die erlittene Tortur; die Menschen sind traumatisiert. Die Mehrheit der Betroffenen sind unbegleitete Minderjährige.

Die schnelle Reaktion von Angestellten des öffentlichen Krankenhauses, der Gemeinde und von zivilgesellschaftlichen Organisationen sowie der Ältesten und von Angehörigen von Sicherheitskräften in Bani Walid spielte eine wichtige Rolle: Sie schützten die Flüchtlinge, als diese von ihren Entführern und bewaffneten Männer verfolgt wurden, die versuchen, sie erneut zu entführen. Unter der Aufsicht der Sicherheitskräfte von Bani Walid wurden die Überlebenden in einer dortigen Einrichtung untergebracht. Am Donnerstag wurden sie schließlich in Haftanstalten in Tripolis überstellt. Medizinische Teams von Ärzte ohne Grenzen in Tripolis versorgen die Jugendlichen medizinisch.

"Willkürliche Inhaftierung kann keine Lösung sein"

„Es müssen nun Maßnahmen ergriffen werden, damit die Patienten Zugang zur erforderlichen Behandlung erhalten. Diese extrem gefährdeten Menschen müssen vor weiteren Übergriffen geschützt werden, nachdem sie solche Gräueltaten überlebt haben. Willkürliche Inhaftierung kann keine Lösung sein, sie brauchen dringend Schutz und Hilfe ", sagt Christophe Biteau, der Einsatzleiter von Ärzte ohne Grenzen in Libyen.

Dieser Vorfall ist ein weiteres Beispiel für das Leid, das viele Migranten und Flüchtlinge in Libyen erfahren. Ärzte ohne Grenzen hat keinen Zugang zu den geheimen Gefängnissen in der Region um Bani Walid; es ist unklar, wie viele Menschen dort weiterhin festgehalten werden. Entführungen und Lösegelderpressungen sind nach wie vor ein blühendes Geschäft. EU-finanzierte Maßnahmen in Libyen, die darauf abzielen Migranten und Flüchtlingen zu kriminalisieren und sie um jeden Preis daran zu hindern, europäische Küsten zu erreichen, befeuern dieses Geschäft zusätzlich.

Ärzte ohne Grenzen ist seit einem Jahr in Bani Walid tätig. Die Entführung von Migranten und Flüchtlingen sowie Folter, um Lösegeld zu erpressen, sind in dieser Region weit verbreitet. Die Hilfsorganisation unterstützt lokale Ärzte, die von der dortigen Situation ebenso entsetzt sind und jene Menschen versorgen, die aus den alptraumhaften Lagern entkommen können.