Italien: Katastrophale hygienische Bedingungen für Migranten in Lampedusa

01.04.2011
Ärzte ohne Grenzen fordert die italienischen Behörden auf, die Lebensbedingungen im Hafen von Lampedusa zu verbessern
Italien 2011
Halimatou Amadou/MSF
Lampedusa, Italien, 13.03.2011: Ankunft der Migranten Hafen von Lampedusa.

Rom/Wien, 1. April 2011. Die hygienischen und sanitären Bedingungen der Migranten auf der italienischen Insel Lampedusa sind inakzeptabel, erklärt die medizinische Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) und fordert entsprechende Unterstützung für die Migranten.

Derzeit müssen sich am Hafen der Insel Lampedusa 3.000 Migranten 16 Container-Toiletten teilen. Es stehen nur zwei Wassertanks bereit, und die Behörden stellen anderthalb Liter Wasser pro Tag und Migrant zur Verfügung. Diese sanitären Bedingungen sind unter den humanitären Standards, die pro Tag und Person 20 Liter Wasser sowie eine Latrine für 20 Personen vorsehen. „Es ist kaum zu glauben, dass das in Italien passiert – in einem G8-Land! Die Lebensbedingungen auf der Insel sind schlimmer als jene in Flüchtlingslagern auf der ganzen Welt, in denen Ärzte ohne Grenzen im Einsatz ist“ beklagt Kostas Moschochoritis, Geschäftsführer der italienischen Sektion von Ärzte ohne Grenzen.Seit dem 14. Februar leistet Ärzte ohne Grenzen gemeinsam mit lokalen Behörden medizinische Hilfe für auf der Insel ankommende Migranten und Asylwerber. Das medizinische Team führt mithilfe einer mobilen Klinik Triage durch. Nach den Umwälzungen und den gewaltsamen Zusammenstößen in der arabischen Welt sind über 18.000 Menschen auf Lampedusa gelandet.

Bessere Aufnahmebedingungen notwendig

Die italienische Regierung führt derzeit Transfers von Migranten per Schiff in Richtung Aufnahmelagern in Apulien, Sizilien  und anderen Regionen Italiens durch. Ärzte ohne Grenzen ist über die hygienischen Bedingungen auf der Insel und in den überfüllten Lagern beunruhigt. „Die schlechten hygienischen Bedingungen können das Entstehen von Infektionskrankheiten begünstigen. Für bessere Aufnahmebedingungen und einen besseren Zugang zu medizinischer Behandlung in den Zentren, wohin die Migranten transferiert werden, muss gesorgt werden“ erklärt Barbara Maccagno, medizinische Verantwortliche für die Projekte von Ärzte ohne Grenzen in Italien.„Die Mehrheit der Migranten in den letzten Tagen waren Menschen, die aus Tunesien kamen, aber wir haben auch Flüchtlinge aus Libyen gesehen. Diese kommen ursprünglich aus Eritrea, Somalia, Gambia, Nigeria und dem Sudan. Um diese Menschen sorgen wir uns ganz besonders, denn sie haben eine längere und gefährlichere Anreise hinter sich“ fährt Barbara Maccagno fort.In den kommenden Tagen wird Ärzte ohne Grenzen zum zweiten Mal über 2500 Hygiene-Kits mit Decken, Seife und Handtüchern an die obdachlosen Migranten auf dem Hafen verteilen. Ohne entsprechende sanitäre Anlagen sind diese Verteilungen aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. „Diese Aufnahmebedingungen sind inakzeptabel und dürfen nicht anhalten, denn sie verletzen die Würde dieser Menschen“ erklärt Kostas Moschoritis. Die Hilfe von Ärzte ohne Grenzen wird von privaten Spendern finanziert, und die Organisation erhält keine institutionellen Gelder von der italienischen Regierung. Ärzte ohne Grenzen war bereits zwischen 2002 und 2009 auf Lampedusa tätig. Ein Team bestehend aus einem Arzt, einer Krankenschwester und einem Kultur-Vermittler war mit einer mobilen Klinik unterwegs. In dieser Zeit war das Team Tag und Nacht in Bereitschaft, um ankommenden Migranten auf der Insel bei Bedarf medizinische Hilfe zu leisten. In Phasen, in denen mehr Menschen ankamen – vor allem im Sommer – wurden die Teams verstärkt. Die mobile Klinik war am Hafen von Lampedusa installiert und mit allem nötigen medizinischen Material ausgestattet, um erste Hilfe für Migranten mit Gesundheitsproblemen leisten zu können. Insgesamt hat Ärzte ohne Grenzen 5.000 Migranten medizinisch betreut.

Pressemitteilung zum Download