Sudan: Behörden verweigern Genehmigung für Verstärkungsteams

02.07.2014
Vertriebene in Darfur leiden unter extrem schlechten Lebensbedingungen

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Das Lager El Sereif in der Nähe von Nyala, der Hauptstadt des sudanesischen Bundesstaats Darfur.
MSF
Darfur, Sudan, 27.06.2014: Das Lager El Sereif in der Nähe von Nyala, der Hauptstadt des sudanesischen Bundesstaats Darfur. Im März und April dieses Jahres stieg die Zahl der neu ankommenden Vertriebenen stark an, die vor den Konflikten und der Zerstörung ihrer Dörfer im Südwesten von Nyala geflohen waren.

Rund 15.000 Menschen suchen im Lager El Sereif im sudanesischen Darfur vor gewaltsamen Konflikten Schutz – doch die extrem schlechten Lebensbedingungen setzen die Vertriebenen einem hohen gesundheitlichen Risiko aus. Die kürzlich im Lager angekommen 4.500 Menschen sind besonders gefährdet: Es gibt kaum ausreichend Trinkwasser und Infektionskrankheiten wie Hepatitis E verbreiten sich rasch. Trotz der enormen akuten Bedürfnisse hat das Verstärkungsteam von Ärzte ohne Grenzen, das in Khartoum angekommen war, keine Genehmigung erhalten, im Camp dringend nötige Soforthilfemaßnahmen durchzuführen.

Das Lager El Sereif liegt in der Nähe von Nyala, der Hauptstadt des Bundesstaats Darfur. Im März und April dieses Jahres stieg die Zahl der neu ankommenden Menschen stark an, die vor den Konflikten und der Zerstörung ihrer Dörfer im Südwesten von Nyala geflohen waren. Das medizinische Team von Ärzte ohne Grenzen arbeitet seit August 2013 im Vertriebenenlager und leistet bereits Nothilfe, um auf die gesundheitlichen Folgen der schlechten Lebensbedingungen zu reagieren.

Weniger als 5l Trinkwasser pro Person pro Tag

Während manche der Neuankömmlinge das Lager bereits wieder verlassen haben, befinden sich die 4.500 verbliebenen Menschen in einer besonders dramatischen Situation – ihre Unterkünfte befinden sich auf einem Fleck Wüste, wo keine der grundlegendsten lebenserhaltenden Ressourcen verfügbar sind. Vor dem neuen Zustrom an Vertriebenen mussten die BewohnerInnen des Lagers bereits mit weniger als 5 Liter Wasser pro Person pro Tag auskommen, obwohl das offizielle Minimum in Notsituationen bei 15 Litern liegt. Die neu angekommenen müssen mit noch weniger Wasser auskommen – zu wenig, um menschliches Leben erhalten zu können.

Die meisten der Behandlungen, die das Team von Ärzte ohne Grenzen im Lager vornimmt, sind auf die schlechten Lebensbedingungen zurückzuführen – verschmutztes Wasser und mangelnde Hygiene. „Ärzte ohne Grenzen hat die Bedürfnisse der Neuankömmlinge im Lager erhoben und eine potentielle Katastrophe festgestellt“, so Cyril Betrand, Einsatzkoordinator von Ärzte ohne Grenzen. „Was hier dringend gebraucht wird, ist eine Verstärkung unserer Teams mit MitarbeiterInnen, die Erfahrung im Umgang mit Notsituationen haben. Wir haben deshalb sofort reagiert und drei MitarbeiterInnen mit der entsprechenden Expertise geschickt, um lebensrettende Nothilfe-Maßnahmen einzuleiten. Wir verstehen nicht, weshalb das Team nach seiner Ankunft in Khartoum keine Erlaubnis erhalten hat, in das Lager weiterzureisen. Ihre Reisegenehmigungen werden blockiert, obwohl Treffen mit den höchsten Vertretern der betreffenden Behörden stattgefunden hatten.“

Bereits mehr als 400 Fälle von Hepatitis E

Besonders besorgniserregend ist der aktuelle Ausbruch der Virusinfektion Hepatitis E, die durch Wasser übertragen wird. Die Krankheit ist potentiell tödlich – es gibt keine spezifische Therapie außer der Behandlung der Symptome. Dieses Jahr wurden bis zum 21. Juni bereits mehr als 400 Fälle registriert. In Anbetracht der extrem miserablen Lebensumstände der damit besonders gefährdeten 4.500 Menschen befürchtet Ärzte ohne Grenzen eine drastische Ausbreitung der Epidemie. Nur eine rasche und äußerst umfassende Bereitstellung von Trinkwasser und Sanitäranlagen, durchgeführt von einer der anderen Organisationen im Lager oder durch die spezialisierten Teams von Ärzte ohne Grenzen, kann diese gesundheitliche Katastrophe verhindern.

„Die Weigerung, unsere Teams in das Lager reisen zu lassen, ist Grund zu größter Sorge“, erklärt Cyril Bertrand. „Wir waren bereits in der Vergangenheit mit administrativen Herausforderungen bei der Durchführung unserer Hilfsprogramme im Lager El Sereif konfrontiert. Doch in Anbetracht der alarmierenden Umstände ist die mangelnde Erlaubnis für unser Nothilfeteam einfach unbegreiflich. Wir rufen die Behörden dazu auf, schnellstmöglich Zugang zu gewähren, um zu verhindern, Menschenleben unnötig zu verlieren.“

Ärzte ohne Grenzen ist seit August 2013 im Vertriebenenlager El Sereif tätig und führt ambulante Behandlungen, Geburtshilfe und Impfungen durch, stellt therapeutische Nahrung für mangelernährte Kinder zur Verfügung und geht gegen den aktuellen Hepatitis E Ausbruch vor. Seit 1979 ist Ärzte ohne Grenzen im Sudan präsent; die medizinischen Teams der Organisation arbeiten seit 1985 in Darfur und bieten in der Region durchgehend seit 2004 medizinische Versorgung an. Ärzte ohne Grenzen ist eine neutrale, unparteiische, unabhängige medizinische Hilfsorganisation.