Südsudan: Cholera fordert Todesopfer im Upper Nile State

Teams behandeln 904 PatientInnen - prekäre Bedingungen in Vertriebenenlagern
30.07.2014
Ein Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen vor einem Zelt für die Neuaufnahme von PatientInnen in das Cholera-Behandlungszentrum in Juba
Andreea Campeanu
Juba, Südsudan, 27.05.2014: Ein Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen vor einem Zelt für die Neuaufnahme von PatientInnen in das Cholera-Behandlungszentrum in Juba: Für das Händewaschen und die Aufbereitung von Trinkwasser werden unterschiedlich stark konzentrierte Chlor-Lösungen verwendet.

Die schlechten hygienischen und sanitären Bedingungen in überfüllten Lagern setzen Vertriebene im Südsudan einem besonders hohen Risiko aus, sich mit Cholera anzustecken. Seit Anfang Juli 2014 haben die Teams von Ärzte ohne Grenzen im Bundesstaat Upper Nile mehr als 900 PatientInnen gegen Cholera behandelt. In Malakal und Wau Shilluk wurden zwei Behandlungszentren aufgebaut, wo PatientInnen aus den betroffenen Gebieten medizinische Hilfe erhalten.

„Cholera ist eine behandelbare Krankheit – sie kann jedoch tödlich verlaufen, wenn sie nicht rechtzeitig diagnostiziert und behandelt wird. Die Durchfallerkrankung führt zu schwerer Dehydrierung, die wiederum innerhalb weniger Stunden mit dem Tod enden kann“, erklärt Llanos Ortic, medizinischer Notfall-Koordinator im Südsudan.

Innerhalb von nur drei Wochen seit dem Start der Hilfsaktivitäten von Ärzte ohne Grenzen sind bereits 19 Menschen an Cholera gestorben – daher ist so rasch wie möglich weitere humanitäre Hilfe nötig. Die prekäre Lage der Bevölkerung in diesem Gebiet hat sich seit dem Ausbruch des gewaltsamen Konflikts im Dezember 2013 noch weiter verschärft. Die Menschen sind gezwungen, in überfüllte Vertriebenenlager und Lager zum Schutz der Zivilbevölkerung (PoC) zu flüchten, wo die schlechten Lebensbedingungen die Ausbreitung der Krankheit begünstigen.

Wassermangel und zu wenige Latrinen

Der Mangel an sauberem und sicherem Trinkwasser ist allgemein ein Problem in dieser Region. In Wau Shilluk leben geschätzt rund 50.000 Menschen – Vertriebene sind gezwungen, ungereinigtes Regenwasser zu verwenden und auf Grund der extrem wenigen Latrinen ihre Notdurft im Freien zu verrichten. Die anhaltenden schweren Regenfälle schwemmen die Fäkalien in Trinkwasserquellen, wodurch die oral-fäkale Verbreitung einer übertragbaren Krankheit wie Cholera ermöglicht wird. Hilfsorganisationen vor Ort arbeiten derzeit am Bau weiterer Latrinen zur Einhaltung sanitärer Mindeststandards, um der Bevölkerung bei der Vermeidung dieser Übertragung zu helfen.

Seit der Konflikt am 15. Dezember 2013 im Südsudan ausgebrochen ist, fanden gewaltsame Übergriffe in verschiedenen Teilen des Upper Nile State statt, auch in der Hauptstadt Malakal. Den Preis für diese Übergriffe und die anhaltende Gewalt zahlt jedoch die Zivilbevölkerung: Die andauernde Unsicherheit innerhalb des Landes hält die verängstigten Menschen davon ab, rechtzeitig medizinische Hilfe aufzusuchen. Deshalb sind alle an diesem Konflikt beteiligten Gruppen aufgerufen, die Sicherheit wiederherzustellen den Menschen zu ermöglichen, medizinische Versorgung in Anspruch zu nehmen.

Mangelernährung macht Bevölkerung noch verletzlicher

Die herrschende Nahrungsmittelunsicherheit im Bundesstaat Upper Nile und die daraus resultierende Mangelernährung macht die Bevölkerung noch angreifbarer für Infektionskrankheiten wie Cholera – ihre Immunsysteme sind bereits geschwächt und unterliegen daher rasch im Kampf gegen den Tod. Bisher haben die Teams von Ärzte ohne Grenzen mehr als 3.195 Menschen – die meisten davon Kinder – in therapeutische Ernährungsprogramme in Malakal, Wau Shilluk, Kodok und Lul aufgenommen. Die anhaltende Regenzeit macht es den Menschen unmöglich, ihre Felder zu pflügen. Das bedeutet, dass auch Malaria und andere für diese Saison typische Krankheit in der nächsten Zeit zu erwarten sind.

Ärzte ohne Grenzen hat bereits weitere Teams aus verschiedenen Teilen des Südsudan für die Arbeit im Upper Nile State mobilisiert, um auf den Anstieg von Cholera-Fällen zu reagieren und die weitere Ausbreitung der Krankheit einzudämmen. Gemeinsam mit GesundheitshelferInnen des Gesundheitsministeriums und anderen Organisationen konzentriert sich ein Teil der Arbeit von Ärzte ohne Grenzen auf die Aufklärung der Bevölkerung über Ursachen, Verbreitung und Vermeidung der Krankheit. Doch in Anbetracht einer ohnehin bereits schwierigen gesundheitlichen Situation und einer verletzlichen Bevölkerung besteht weiterhin ein großer Bedarf an medizinischen Fachkräften vor Ort, um mit solchen Krankheitsausbrüchen umgehen zu können und sicherzustellen, dass die Verbreitung der Krankheit eingedämmt wird.

Seit April diesen Jahres wurden bereits insgesamt 4.765 Cholera-Fälle im Südsudan registriert. 109 Menschen starben, 19 davon im Bundesstaat Upper Nile. Ärzte ohne Grenzen hat in verschiedenen Landesteilen Behandlungszentren aufgebaut, auch in Torit und der Hauptstadt Juba. Die Organisation unterstützt auch das Lehrkrankenhaus in Juba mit Aktivitäten in den Bereichen Wasser und Sanitär.

Lesen Sie hier die Geschichte von Mary Keji und ihren beiden Kindern, die im Südsudan an Cholera erkrankt waren:  „Haltet alles sauber!“