Bangladesch hier bin ich: Wir sagen Diphterie den Kampf an

Im Blog berichtet unsere Krankenschwester Barbara Trattnig von ihrem Einsatz in Bangladesch - wo inzwischen fast 700.000 geflüchtete Rohingya aus Myanmar leben. Gemeinsam mit ihrem Team hat sie sich der Herausforderung gestellt, Diphterie zu behandeln.
Kommentar von Barbara Trattnig
28.03.2018

Barbara Trattnig aus Wien arbeitet als Krankenschwester bei Ärzte ohne Grenzen. Im Blog berichtet sie von ihrem letzten Einsatz in Bangladesch. Seit August 2017 sind dort fast 700.000 Rohingya aus Myanmar angekommen und leben unter prekären Umständen. Gemeinsam mit ihrem Team stellte sie sich der Herausforderung, Diphterie zu behandeln.

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Ende Dezember ging meine Reise los. Dann war es mal wieder an der Zeit, meinen Lieben in Österreich auf Wiedersehen zu sagen und mich meinen neuen Aufgaben zu widmen. Vor meinem Abflug und trotz einiger umfassender Briefings, kann einen nichts darauf vorbereiten, was einen wirklich im Projekt erwartet. Ich musste mich auf ein neues Land und ein neues Team einlassen. Die ersten Tage bestanden darin, sich alle Namen zu merken und zu verwechseln, auch die der internationalen und nationalen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. 

Das Projekt war ursprünglich im Oktober 2017 aufgebaut worden, um den geflohenen Rohingya aus Myanmar ein Mutter- Kind-Krankenhaus  mit einer Notaufnahme zur Verfügung zur stellen. Dieses wurde auch teilweise eröffnet. Die geplante Geburtsstation war bei meiner Ankunft jedoch ein Zentrum für Diphtherie. In den Flüchtlingslagern in Bangladesch war die Infektionskrankheit im November ausgebrochen – dies erforderte eine schnelle Reaktion. Im Krankenhaus waren wir für die schwersten Fälle zuständig. Mein Team bestand aus einem medizinischen Teamleiter, drei Ärzten, einer Hebamme und zwei Krankenschwestern – gemeinsam mit einem nationalen Team. Ich bin dazu gestoßen, um es zu unterstützen.

Wie die meisten von uns, hat niemand vor diesem Einsatz Diphtherie gesehen – wir kannten die Krankheit nur aus den Lehrbüchern. Wenn man mit dem ersten Fall konfrontiert wird, fragt man sich, wie kann ich diesen am besten behandeln und wie können wir als Team die Menschen vor dieser Erkrankung bewahren und wieder gesund nach Hause schicken? Jeder Fall war ein Kampf und wir haben Tag und Nacht unser Bestes gegeben, um Menschenleben zu retten. Dank der guten Zusammenarbeit aller internationalen und nationalen Teammitglieder haben wir uns im Diphterie-Behandlungszentrum dieser Herausforderung gestellt und dazu beigetragen, sie erfolgreich zu meistern.

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Der Ausbruch von Diphterie zeigt, dass Rohingya kaum Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Die Lebensbedingungen der Geflüchteten in Bangladesch müssen massiv verbessert werden, wobei der Schwerpunkt auf der Wasser- und Sanitärversorgung, der Bereitstellung vin Unterkünften und der Verringerung der Bevölkerungsdichte liegen sollte. Die Situation der Rohingya bleibt prekär; sie leben nach wie vor in Notunterkünften in übervölkerten Siedlungen. Daher ist das Risiko, dass Menschen erkranken, sehr hoch.

Lange Tage und lange Nächte liegen nun hinter uns und das komplette Krankenhaus hat inzwischen alle Diphterie-Fälle an andere Sektionen von Ärzte ohne Grenzen und NGOs abgegeben. Das Krankenhaus wurde zurückkonvertiert, weil die Diphtheriefälle weniger wurden und es inzwischen mehr alternative Behandlungszentren gibt. Wir kümmern uns nur noch um die Begutachtung der Patienten und Patientinnen und senden potentielle Diphtherie-Fälle andere Behandlungszentren. Es war nicht leicht, die Betroffenen abzugeben, weil unser Team eines der erfahrensten bei der Behandlung von den schweren Diphtheriefällen war. Es war auf jeden Fall eine anstrengende Zeit, aber wir haben alle sehr viel gelernt.

Das heißt, jetzt gehen wir zurück zu dem ursprünglichen Plan: Die Geburtshilfe wurde eröffnet. Das erste Baby kam noch in unserer Notaufnahme zur Welt. Willkommen Babygirl! Wir fokussieren uns nun auf die Behandlung von Kindern, die mangelernährt sind und eine stationäre Behandlung benötigen. Auch um Kinderkrankheiten, bei denen die kleinen Patienten und Patientinnen isoliert werden müssen. Die Neonatologie ist im Moment noch nicht eröffnet, aber die Krankenschwestern werden geschult. Dies bedarf sehr viel Training und Erklärungen, weil keiner der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vorher in diesem Bereich gearbeitet hat. Die Neonatologie befasst sich mit den speziellen Problemen von Frühgeborenen und kranken Neugeborenen und deren Behandlung.

In der Isolationsstation, die aus zwei Zelten besteht, werden im Moment komplizierte Masern, Windpocken, Keuchhusten, und Mumps behandelt. Wir sind gewappnet für weitere Erkrankungen und werden alles geben, um diesen kleinen Menschen die beste Versorgung zu ermöglichen  -  wie wir es schon bei der Behandlung von Diphtherie getan haben.

Mein Projekt war spannend und auf  keinen Fall langweilig, sondern ich lernte mit meinem Team jeden Tag etwas Neues. Wir versuchen unsere kleinen Patienten  und Patientinnen jeden Tag ein kleines Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Auch wenn ich mir dafür eine rote Nase auf die Maske malen muss – dann mach ich dies für die Kleinen gerne.
 

 

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