Kommentar von Laura Leyser
05.04.2022
Unsere Geschäftsführerin Laura Leyser berichtet vor Ort, wie wir durch Innovation und Technologie medizinische Expertise in die entlegensten Gebiete bringen können.

Erstaunlich schnell gingen die Reisevorbereitungen, um nach Côte d’Ivoire zu fliegen. Wirklich glauben konnte ich es erst, als ich tatsächlich im Flugzeug Richtung Abidjan saß. Lange stand der Besuch am Plan und nun war endlich der richtige Zeitpunkt da.  

Neue Einsatzzentrale

In Abidjan errichtet Ärzte ohne Grenzen gerade eine neue Einsatzzentrale. Eine, die nicht nur physisch näher an unseren Patient:innen ist und daher einen wichtigen Schritt in Richtung Diversität setzt, sondern auch eine, die Innovation stark in den Fokus stellt. Und das ist auch der Grund, warum ich hinfliege. Ärzte ohne Grenzen Österreich unterstützt das 2019 gegründete interne IT Center, dass allen Büros und Mitarbeiter:innen von Ärzte ohne Grenzen weltweit hilft. Und dieses Center hat eben auch die neue Einsatzzentrale ausgestattet und ist maßgeblich daran beteiligt, dort Innovation für mehr Wirksamkeit für unsere Patient:innen zu ermöglichen.

Seit Februar ist endlich auch das lokale IT Team rekrutiert und es wird gemeinsam ein Innovationsworkshop abgehalten. Am wichtigsten ist mir aber, zu verstehen, was bei dem Projekt bis jetzt gut funktioniert hat und was weniger gut, um daraus zu lernen und noch besser zu werden. Denn es gibt bereits weitere Sektionen, die eine ähnliche Unterstützung benötigen würden.  

Medizin handlich verpackt

Dass Innovation und Technologie auch ganz unmittelbar unsere Patient:innen unterstützten, darf ich bei einem Projektbesuch in Agboville, einer Provinz in Côte d’Ivoire, erleben. Ärzte ohne Grenzen hat dort vor erst 3 Monaten und in Partnerschaft mit der Regierung begonnen, Telemedizin einzuführen. 10 Gesundheitszentren in der Provinz haben einen Koffer mit tragbaren medizinischen Geräten bekommen, für Blut- und Harnanalysen, Ultraschalluntersuchungen, EKGs, Blutdruckmessungen und mehr. Alles tragbar, alles vernetzt und alles in einen kleinen Koffer passend. Das allein ist ja schon beeindruckend, aber mir ist schnell die Tragweite dieser Unterstützung bewusst geworden. 

Wir bringen damit medizinische Fachexpertise in die entlegensten Gebiete.

Die automatisch eingespielten Patient:innendaten werden umgehend über eine sichere Onlineplattform an Partnerfachärzt:innen in der Provinzhauptstadt und bei komplizierten Fällen an die Universitätsklinik in Abidjan oder an eine:n unserer Ärzt:innen geschickt. Die Diagnose und die Empfehlungen kommen innerhalb einer Stunde wieder retour.  

Erster Ultraschall in 7. Schwangerschaft

Nach mehreren Stunden Autofahrt, große Teile davon auch über unbefestigte Straßen, kommen wir bei der ersten Klinik, die wir besuchen, an. Dort steht heute Schwangerenvorsorge am Plan. Die Frauen warten bereits in ihren leuchtenden Gewändern vor der kleinen Klinik – weit und breit das einzige Gebäude, das nicht aus Lehm gebaut ist. Zita, 39 Jahre alt, willigt ein, dass ich mit zur Untersuchung komme. 

Es ist bereits ihre siebente Schwangerschaft, aber ihre allererste Ultraschalluntersuchung.

Sie ist sichtlich gespannt und verfolgt aufmerksam das Ultraschallbild und die Erklärungen der Hebamme und des Arztes mit. Schnell ist klar, dass es ihrem ungeborenen Baby gut geht und alle Parameter stimmen. Dennoch sich wird auch ein:e Gynäkolog:in über unsere Telemedizinplattform die Daten kurz ansehen, um eben auch den Blick einer:s Fachärzt:in zu ermöglichen und so sicherzugehen, dass nichts übersehen wird.

Umso wichtiger, da die Côte d’Ivoire nach wie vor eine der höchsten Mütter- und Kindersterblichkeitsraten aufweist. Nachdem ich selbst Mutter von zwei Kindern bin, berührt mich dieser Moment sehr und macht mich – wieder einmal – unglaublich stolz, für Ärzte ohne Grenzen zu arbeiten.

Dieser Zugang zu Diagnosen und die Schnelligkeit ebendieser rettet Leben, das ist klar.

Die größte Herausforderung ist überall eine stabile Stromversorgung und Internetverbindung zu haben. Aber daran arbeiten unsere Logistik- und IT-Teams nun mit Hochdruck. Und wenn das Projekt in der Provinz Agboville erfolgreich evaluiert wird, soll es in Zusammenarbeit mit der Regierung auf den Rest des Landes ausgeweitet werden. Und wer weiß, vielleicht bald auf ganz West- und Zentralafrika…  

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