Libyen: Ärzte ohne Grenzen versucht weiterhin Medikamente und Hilfsgüter in die von der Gewalt betroffenen Gebiete zu bringen

08.03.2011
Lieferungen über die Straßen oder per Boot
Libyen 2011
Jehan Bseiso
Bengasi, Libyen, 06.03.2011: Libysches medizinisches Personal und Freiwillige arbeiten zusammen mit Teams von Ärzte ohne Grenzen in Bengasi. Tonnen von medizinischem Material werden organisiert, um sie dorthin zu bringen wo sie gebraucht werden.

Seit am 24. Februar das erste Team von Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) die ägyptisch-libysche Grenze passieren konnte, hat die Organisation die Lage in verschiedenen medizinischen Einrichtungen in Bengasi und anderen Städten wie Brega and Ajdabya erkundet und medizinische Materialen ausgegeben. Bis jetzt hat Ärzte ohne Grenzen 22 Tonnen medizinische Ausrüstung und Material nach Bengasi geliefert.

Darunter sind auch Medikamente, chirurgische Utensilien, Verbände und Material zur Behandlung von Verbrennungen für die zentrale Apotheke der Stadt. Derzeit sind elf weitere Tonnen Material auf dem Weg nach Bengasi. Von dort aus können sie in Gebiete geliefert werden, in denen es aufgrund der andauernden Kämpfe zu Engpässen kommt.

Schwieriger Zugang

Das Team von Ärzte ohne Grenzen versucht weiterhin Ras Lanuf und die Gebiete weiter im Westen Libyens zu erreichen, doch die schlechte Sicherheitslage und die Kampfhandlungen machen Erkundungsfahrten weiterhin unmöglich. 

Am 3. März besuchte ein chirurgisches Team von Ärzte ohne Grenzen das einzige Krankenhaus der Stadt Ajdabiya, etwa 160 Kilometer von Bengasi. Am 2. März waren dort 30 Verletzte aufgenommen worden, von denen elf verstarben. Das Krankenhaus konnte den Ansturm an Patienten relativ gut bewältigen und alle Bedürfnisse waren zur Zeit des Besuchs gedeckt.

Da nach weiteren Zusammenstößen westlich von Ras Lanuf eine zweite Welle von Verletzten das Krankenhaus von Ajdabya erreichte, verbrachte eine OP-Schwester von Ärzte ohne Grenzen die Nacht auf der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses und assistierte bei zehn Operationen an Patienten mit Schussverletzungen. Insgesamt wurden an diesem Tag 50 Verletzte ins Krankenhaus von Ajdabiya eingeliefert.

Der Zugang zu den weiter westlich gelegenen Gebieten, wo Mediziner aus einigen Orten um Unterstützung durch Ärzte ohne Grenzen gebeten haben, ist nach wie vor extrem schwierig. Ärzte ohne Grenzen arbeitet daran, mehr Medikamente und Materialien in diese Gebiete zu bringen. Am 6. März musste ein Team, das sich auf den Weg nach Ras Lanuf gemacht hatte, aufgrund der extrem schlechten Sicherheitslage seine Fahrt abbrechen. Ein weiteres Team von Ärzte ohne Grenzen befindet sich seit 23. Februar an der Grenze zwischen Tunesien und Libyen und ist bereit medizinisches Personal und Hilfsmaterial nach Libyen zu schicken, sobald sich die Grenze öffnet.

Psychologische Unterstützung an der tunesischen Grenze

In den vergangenen Tagen sind rund 94.000 Menschen aus Libyen nach Tunesien geflohen. Seit 3. März ist der Flüchtlingsstrom über die Grenze kleiner geworden und hat sich von 8.000 bis 14.000 Menschen pro Tag auf im Schnitt ungefähr 2.500 Personen verringert.

Die Grundbedürfnisse der Migranten und Migrantinnen können vor Ort erfüllt werden. Weil viele von ihnen aber in Libyen verschiedene Formen der Gewalt miterlebt oder erlitten haben und ihre unmittelbare Zukunft ist unsicher ist, hat Ärzte ohne Grenzen am 4. März ein Programm für psychische Gesundheit eröffnet.

Ärzte ohne Grenzen überwacht die Lage von der Grenze aus und ist bereit an der Grenze medizinisch-humanitäre Hilfe zu leisten. Berichten zufolge dürfen Verletzte Libyen nicht verlassen und tatsächlich überqueren nur wenige verwundete Personen die Grenzen. Gleichzeitig werden medizinische Teams und Hilfslieferungen an der tunesischen Seite der Grenze blockiert. Ärzte ohne Grenzen überprüft zurzeit alle Möglichkeiten, mehr Medikamente und medizinisches Material nach Libyen zu schicken, um den Bedarf des medizinischen Personals im Westen von Libyen zu decken.