Neues Hilfsprojekt für Gewaltopfer im kongolesischen Boga

23.06.2015
Die Menschen in der isolierten Region Boga haben kaum Zugang zu medizinischer Hilfe – ein neues Projekt soll langfristig zu einem nachhaltigen Gesundheitssystem beitragen.
Emergency in South Irumu: Vaccinations and distributions in unstable areas
Louise Annaud/MSF
Süd-Irumu, Demokratische Republik Kongo, 30.09.2013: Aufgrund der Gewalt werden in der Provinz Orientale immer noch tagtäglich Menschen vertrieben, es gibt kaum medizinische Hilfe. Ein neues Projekt von Ärzte ohne Grenzen will das Gesundheitssystem verbessern.

Die Menschen in der isolierten Region Boga haben kaum Zugang zu medizinischer Hilfe – vor allem Gewaltopfer wurden bisher nur dürftig bis gar nicht versorgt. Ärzte ohne Grenzen startete daher vor Ort ein neues Projekt, um Lücken zu schließen und langfristig zu einem nachhaltigen Gesundheitssystem beizutragen.

Seit dem 1. April 2015 leitet Ärzte ohne Grenzen einen Hilfseinsatz im entlegenen Gesundheitsbezirk Boga, der zum Distrikt Ituri in der Provinz Orientale gehört. Das Ziel ist es, die Qualität der Gesundheitsleistungen für die ansässige Bevölkerung und für Vertriebene zu verbessern. Schwerpunkte sind die medizinische und psychologische Betreuung von Gewaltopfern sowie Leistungen im Bereich der reproduktiven Gesundheit.

Verbesserung der Gesundheitsleistungen

Die Region Boga liegt isoliert im Süden des Gebiets Irumu. Bewaffnete Gruppen, ethnische Spannungen und ein nicht funktionierendes Gesundheitswesen erschweren den Menschen den Zugang zu medizinischer Versorgung. Die wenigen vorhandenen Gesundheitseinrichtungen sind in schlechtem Zustand, das Personal ist kaum ausgebildet. „Die Menschen suchen daher oft traditionelle Heiler auf oder gehen für eine Behandlung ins benachbarte Uganda. Dabei kommt es leider wegen der fehlenden Nachbetreuung häufig zu Komplikationen und kritischen Situationen“, erklärt Kevin Coppock, Einsatzleiter von Ärzte ohne Grenzen. Dazu kommen noch hohen Kosten für Gesundheitsleistungen.

Vor diesem Hintergrund hat Ärzte ohne Grenzen in Zusammenarbeit mit lokalen Partnern ein Projekt mit einer Mindestdauer von zwei Jahren gestartet. Der Einsatz soll die Qualität der Gesundheitsleistungen in dieser Region, wo kaum humanitäre Organisationen tätig sind, verbessern. Momentan unterstützt Ärzte ohne Grenzen das Referenzspital von Boga und das Gesundheitszentrum in Rubingo.

Seit Anfang April betreibt Ärzte ohne Grenzen im Spital in Boga eine Notaufnahme und eine Intensivstation mit zehn Betten. Auch im Labor, im Sterilisierungsraum sowie bei der Gebäudesanierung arbeiten unsere Teams mit. Geplant ist auch eine Modernisierung des Operationssaals und der Geburtenabteilung. Im ersten Monat wurden über 160 Patienten und Patientinnen in der Notaufnahme behandelt und 60 Menschen stationär aufgenommen.

Fokus auf Betreuung von Gewaltopfern

Im Fokus des Projekts steht einerseits die ärztliche und psychologische Betreuung von Gewaltopfern. „Die angebotenen Leistungen für Gewaltopfer – egal, ob Opfer sexueller, häuslicher oder bewaffneter Gewalt – der lokalen Gesundheitszentren sind eher dürftig“, stellt Coppock fest. „Unsere Sprechstunden stehen Frauen und Männern zur Verfügung. Gerade bei Männern wird manchmal vergessen, dass auch sie Opfer von Vergewaltigungen und Gewalt werden.“ Neben der Hilfe für die Opfer leistet Ärzte ohne Grenzen parallel dazu auch Aufklärungsarbeit in den Dörfern. So wurden im April insgesamt 2.750 Menschen an 37 Standorten in dem Gesundheitsbezirk zu diesem Thema informiert.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die reproduktive Gesundheit – das Projekt konnte bereits erste Erfolge verzeichnen: Aufgrund des großen Interesses an vorgeburtlichen Untersuchungen im April 2015 bietet Ärzte ohne Grenzen nun im Gesundheitszentrum von Rubingo zwei Mal statt nur einmal wöchentlich Sprechstunden an. In den kommenden Monaten sollen diese Aktivitäten auch im Gesundheitszentrum von Burasi gestartet werden. Das Gebiet ist aufgrund der schweren Regenfälle momentan besonders schwer erreichbar.

Bereits jetzt werden Pläne über die Weiterführung der Aktivitäten nach dem Projektende entwickelt: „Wir arbeiten sehr eng mit lokalen Akteuren zusammen, um ein sicheres, wirtschaftliches und nachhaltiges Gesundheitssystems zu fördern. Ein System, das auf kostenpflichtigen, aber erschwingliche Gesundheitsleistungen basiert, würde ermöglichen, dass sich die medizinischen Einrichtungen nach unserem Einsatzende selbst finanzieren können. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist es, den Wissenstransfer sicherzustellen und das lokale Personal entsprechend auszubilden“, betont der Einsatzleiter. Eine Maßnahme, die zukünftig auch in anderen Gesundheitszentren des Bezirks umgesetzt werden könnte.

Lesen Sie im Einsatzblog den Bericht des Architekten Ricardo Baumgarten über seinen Einsatz in Baraka in der Demokratischen Republik Kongo: "Im Kongo ist alles anders"