Nothilfe für syrische Familien auf der Flucht

03.10.2013
Tausende Menschen strömen in den Norden des Irak
MSB54 Diala Ghassan MSF web
Diala Ghassan/MSF
Irak, 09.09.2013: Eine Gruppe von Flüchtlingen auf ihrem Weg durch das Niemandsland zum letzten Kontrollpunkt am Weg in den Irak.

Täglich fliehen tausende Menschen vor der Gewalt in Syrien. Seit dem Beginn des Konflikts suchten über zwei Millionen Syrer Zuflucht in einem ihrer Nachbarländer. Ärzte ohne Grenzen / Médecins Sans Frontières (MSF) ist seit Mai 2012 im Norden des Irak im Einsatz.

„Wir kommen aus Tel Brak im Nordosten von Syrien. Vor sieben Monaten haben wir unser Zuhause verlassen, da die Gegend zur Kriegszone wurde. Das ganze Dorf ist gegangen", sagt Zeina, die gerade mit ihrem Mann und vier Kindern über die irakische Grenze gekommen ist.

„Wir lebten sieben Monate in den Bergen, hatten kein richtiges Zuhause, keine Arbeit, kein Geld und manchmal nichts zu essen", sagt Zeina. „Dann entschieden wir, nach Al Qamishli und von dort über die Grenze in den Irak zu gehen. Da die Grenze geschlossen war, warteten wir in einer nahe gelegenen Schule. Als wir hörten, dass die Grenze wieder offen ist, gingen wir früh morgens los. Wir brauchten zwei Stunden zu Fuß. Wir sind so erleichtert, nun hier zu sein."

Rund 60.000 syrische Flüchtlinge haben die Grenze in die Region Kurdistan Irak passiert, seit sie am 15. August nach dreimonatiger Schließung wieder geöffnet wurde. Am Tag der Grenzöffnung waren es 7.000 Personen, im darauffolgenden Monat kamen täglich 800 Syrer über die Grenze.

Mitte September wurde die Grenze erneut für zwei Wochen geschlossen. Mittler weile ist sie wieder geöffnet – die Teams von Ärzte ohne Grenzen an der Grenze und in den umliegenden Lagern bereiten sich auf einen großen Flüchtlingsstrom vor.

 

Der lange Weg in die Sicherheit

 

Die Mehrheit der syrischen Flüchtlinge erreicht die Grenze nach einem langen Fußmarsch in größter Hitze durch ein Wüstental. Sie haben alles zurückgelassen: Familienmitglieder sowie ihr ganzes Hab und Gut. Die meisten Flüchtlinge stammen aus Damaskus und Aleppo, jedoch kommen auch immer mehr aus der Provinz Al-Hasaka im Nordosten Syriens dazu, nachdem es in dieser Region vermehrt zu Kämpfen gekommen ist.

Die Teams von Ärzte ohne Grenzen betreuen auf beiden Seiten der Grenze Gesundheitsposten. Sie bieten medizinische Behandlungen an und verteilen Wasser an die Flüchtlinge, die auf den Transfer in die verschiedenen Übergangslager warten, die zurzeit in den irakischen Provinzen Dohuk, Erbil und Sulaymanya eingerichtet werden.

 

Behandlung vieler Frauen und Kinder

 

„Die Mehrheit unserer Patienten sind Kinder, schwangere Frauen oder Mütter von Neugeborenen", berichtet Landeskoordinator Paul Yon in Dohuk. „Viele leiden unter einer leichten Dehydrierung, da sie weite Strecken zurückgelegt haben oder vor der Grenzüberquerung lange warten mussten. Wir beobachten auch Fälle chronischer Krankheiten wie Bluthochdruck, Asthma und Epilepsie. Viele kamen in Syrien nicht mehr an ihre Medikamente, da das Gesundheitssystem zusammengebrochen ist. Manche Patienten, die wir an unseren Gesundheitsposten behandeln, stehen unter Schock: Sie wurden seit Ausbruch des Konflikts mehrmals innerhalb Syriens vertrieben und haben beschlossen, ihr Land zu verlassen, weil sie lebensbedrohende Situationen erlebt haben", sagt Yon.

Auf der irakischen Seite führten die Teams von Ärzte ohne Grenzen bislang über 1.040 Behandlungen bei denjenigen Flüchtlingen durch, die auf den Transfer nach Dohuk, Erbil und Sulaymaniya warten. Da viele Menschen nichts mehr besitzen, verteilten die Teams auch Güter wie Wasserkanister und Plastikplanen an 290 Familien in den Übergangslagern. In den kommenden Tagen wird Ärzte ohne Grenzen zudem die allgemeine Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen in einigen Lagern der Provinz Erbil beginnen.

Auf der syrischen Seite haben die Teams von Ärzte ohne Grenzen 982 medizinische Behandlungen durchgeführt und 33.000 Personen, die an der Grenze warteten, mit Wasser versorgt.

 

Ein neues Leben als Flüchtling

 

Beim Übertritt der Grenze in den Irak werden die Syrer von den kurdischen Autoritäten und dem UN-Flüchtlingsrat UNHCR registriert. Nach der Registrierung werden sie in eines der zahlreichen über den gesamten Norden des Irak verteilten Flüchtlingslager gebracht. Nach mehrfachen Vertreibungen innerhalb Syriens seit dem Ausbruch des Konflikts vor zweieinhalb Jahren endet für viele hier die Reise und sie beginnen ein neues Leben als Flüchtling.

Seit Mai 2012 sind Teams von Ärzte ohne Grenzen bereits im Flüchtlingslager Domiz in der Provinz Dohuk im Einsatz, wo über 42.000 syrische Flüchtlinge untergebracht sind. Ärzte ohne Grenzen kümmert sich dort um die Grundversorgung und bietet psychologische Betreuung an. Ärzte ohne Grenzen wird weiterhin die Situation an der Grenze überwachen und hält sich für Notfalleinsätze bereit. Gleichzeitig kümmern sich die Teams um die Versorgung von 70.000 Flüchtlingen, die sich in der Stadt Dohuk niedergelassen haben.