Syrien: Ärzte ohne Grenzen fordert Evakuierung von Verletzten aus Aleppo

19.02.2015
Die Konfliktparteien müssen humanitäre Hilfe zulassen.

Barcelona/Wien, am 19. Februar 2015 – Die internationale medizinische Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) fordert die Konfliktparteien in Syrien auf, die Evakuierung von Personen zu ermöglichen, die in den vergangenen Tagen bei den heftigen Kämpfen in Aleppo verletzt worden sind. Die Bevölkerung der Stadt im Norden des Landes ist bereits seit Monaten durch bewaffnete Auseinandersetzungen und Luftangriffe eingeschlossen. Die Kämpfe haben zu einer neuen Fluchtwelle zur türkischen Grenze geführt, wo geflohene Familien entweder bei Verwandten oder in Vertriebenenlagern Schutz suchen.

„Wir fordern alle Konfliktparteien auf, der Bevölkerung die Flucht in sichere Gebiete zu gestatten und humanitäre Hilfe zuzulassen“, sagt Raquel Ayora, Leiterin der Einsätze in der Zentrale von Ärzte ohne Grenzen in Barcelona. „Die humanitäre Situation ist bereits schlimm, sie wird sich aber noch weiter zuspitzen wenn medizinische Teams keinen Zugang haben und es keine Möglichkeit gibt, Hilfsgüter in das betroffene Gebiet zu bringen. Wir sprechen hier von zehntausenden Menschen, die von jeglicher Hilfe abgeschnitten sind.“

Gesundheitspersonal evakuiert

Nach Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Oppositionsgruppen am 16 Februar wurden 21 Verletzte in ein Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen nahe der türkischen Grenze gebracht. Elf weitere Verletzte wurden in eine Einrichtung von Ärzte ohne Grenzen in den Außenbezirken Aleppos gebracht. Das medizinische Personal dieses Krankenhauses musste jedoch aufgrund des Konflikts evakuiert werden. Vor der Evakuierung wurden sieben Patienten stabilisiert und in andere Gesundheitszentren gebracht.

„Unsere größte Sorge ist, dass die Kämpfe die einzige Straße zwischen Aleppo und der Grenze zur Türkei im Norden blockieren. Es ist fast unmöglich, Krankentransporte durchzuführen und den Menschen, die im Osten von Aleppo festsitzen, humanitäre Hilfe zu leisten“, so Raquel Ayora.

Großes Engagement

Im Jahr 2014 haben die Teams von Ärzte ohne Grenzen , die nun evakuiert wurden, etwa 16.000 Behandlungen durchgeführt – davon 6.000 Notfälle – und 410 Patienten stationär aufgenommen. Nach der Evakuierung des Gesundheitspersonals sind freiwillige Ärzte und Krankenschwestern aus der Region eingesprungen, um medizinische Nothilfe für die Verletzten zu leisten – das zeigt, wie groß das Engagement syrischer medizinischer Netzwerke ist.

Bei den Kämpfen wurden Hubschrauber und Artillerie eingesetzt; sowohl Dörfer als auch die Front wurden beschossen. Es wurde berichtet, dass über Hayyan, in der Umgebung von Aleppo, zumindest eine Fassbombe abgeworfen wurde – eine Taktik, die im vergangenen Jahr oft von den syrischen Streitkräften eingesetzt wurde.

Ärzte ohne Grenzen betreibt weiterhin medizinische Einrichtungen in Syrien und unterstützt mehr als 120 Kliniken, Gesundheitszentren und Feldspitäler. Nahe der türkischen Grenze betreibt die Hilfsorganisation ein Krankenhaus, wo mehr als 15.000 Vertriebene in einem Lager leben. Aufgrund der Sicherheitslage sind nur sehr wenige internationale Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen in den Hilfsprogrammen in Syrien tätig. Alle Mitarbeiter, die aus Aleppo evakuiert wurden, sind Syrer. Ärzte ohne Grenzen versorgt auch Patienten aus Syrien, die nach Jordanien, in den Libanon und in den Irak geflohen sind.