Sitzung des UN-Sicherheitsrates zum Schutz medizinischer Hilfe: Ärzte ohne Grenzen veröffentlicht Berichte zu Angriffen auf medizinische Einrichtungen im Jemen

27.09.2016
20 Menschen starben bei diesen beiden Angriffen – die meisten von ihnen Patienten, 32 weitere wurden verletzt. Die nun veröffentlichten Berichte beschreiben detailliert, was vor, während und nach den Luftangriffen passiert ist.
MSF Al-Nasr supported hospital - Al-Dhale,Yemen
MSF/Mohammed Sanabani
MSF medical team at AL-Nasr hospital in Al-Dhale governorate south of Yemen providing medical assistance to patient in the ER, the patient was injured due to road traffic accident.

Auf der Grundlage von internen Untersuchungen veröffentlicht Ärzte ohne Grenzen zwei Berichte zu Angriffen auf medizinische Einrichtungen im Jemen, die von uns betrieben oder unterstützt wurden. 20 Menschen starben bei diesen beiden Angriffen – die meisten von ihnen Patienten, 32 weitere wurden verletzt. Die von Saudi Arabien geführte Koalition hat bestätigt, die beiden Angriffe verübt zu haben. Bei einem der beiden Angriffe wurde am 15. August 2016 das von Ärzte ohne Grenzen unterstützte Krankenhaus in Abs in der jemenitischen Provinz Hadscha getroffen. Der andere Angriff traf am 2. Dezember 2015 das Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen in Taiz. Die nun veröffentlichten Berichte beschreiben detailliert, was vor, während und nach den Luftangriffen passiert ist. Ärzte ohne Grenzen ist mit der militärischen Führung der von Saudi Arabien geführten Koalition in Kontakt und hat mehrfach die ernsten Folgen dieser Angriffe thematisiert.

Diese Angriffe führen nicht nur zu einem Verlust von Menschenleben und zu Zerstörung, sondern auch zu einer Unterbrechung der medizinischen Aktivitäten. Menschen, die ohnehin sehr verletzlich sind, haben so keinen Zugang mehr zu medizinischer Versorgung. Infolge der Bombardierung des Krankenhauses in Abs hat sich Ärzte ohne Grenzen aus sechs Krankenhäusern im nördlichen Jemen zurückgezogen.

Auch wenn sich beide Bombenangriffe in vieler Hinsicht deutlich voneinander unterscheiden, trafen sie in beiden Fällen voll funktionierende Gesundheitseinrichtungen. In beiden Fällen wurde der geschützte Status medizinischer Hilfe nicht respektiert. Die internen Untersuchungen der Angriffe in Abs und Taiz kommen auch zu dem Schluss, dass die Neutralität und Unparteilichkeit der Einrichtungen vor den Angriffen gegeben waren. Es gibt deshalb keine legitimen Gründe für die Angriffe. Die Details der Berichte weisen eindeutig darauf hin, wie der Krieg im Jemen von allen Konfliktparteien geführt wird: Ohne jeglichen Respekt für ziviles Leben.

UN-Resolution 2286 verurteilt Angriffe auf medizinische Einrichtungen

Die Resolution 2286 des UN-Sicherheitsrates (UNSC), verabschiedet im Mai, verurteilt Angriffe auf medizinische Einrichtungen in Konfliktsituationen und fordert, dass alle Parteien bewaffneter Konflikte ihre Verpflichtungen nach internationalem Recht vollständig erfüllen. Ärzte ohne Grenzen fordert die Mitglieder des Sicherheitsrats dazu auf, bei ihrer Sitzung am 28. September mutige und konkrete Schritte zu beschließen, um sicherzustellen, dass 2016 das letzte Jahr sein wird, in dem Krankenhäuser massiv bombardiert werden, während die Welt schweigend zusieht. Wir fordern erneut alle Konfliktparteien dazu auf, die Prinzipien des humanitären Völkerrechts zu respektieren, die Zivilisten, medizinische Einrichtungen sowie deren Patienten und Mitarbeiter schützen. Nur so kann der schreckliche Verlust an Menschenleben gestoppt werden, der bislang mit diesem Konflikt einhergeht.

Ärzte ohne Grenzen ist seit 1994 im Jemen tätig. Nach der Eskalation des Konflikts Anfang 2015 erweiterte die Organisation das Angebot an humanitärer und medizinischer Unterstützung. Der Einsatz im Jemen ist momentan weltweit der drittgrößte Einsatz der Organisation. Bis zum 15. August 2016 arbeitete Ärzte ohne Grenzen in 11 Krankenhäusern und Gesundheitszentren im Jemen und unterstützte weitere 18 Krankenhäuser in acht Regierungsbezirken. 2.000 Mitarbeiter, davon 90 internationale, waren dort für Ärzte ohne Grenzen im Einsatz.

Lesen Sie hier den Bericht unserer Krankenschwester Vera Schmitz über den Angriff auf das Spital in Abs, Jemen: Ein verhängnisvoller Anruf: „Das Krankenhaus wird bombardiert!“