Südsudan: Ärzte ohne Grenzen versorgt Gewaltopfer in Malakal und Lankien

27.12.2013
Recht auf medizinische Hilfe muss respektiert werden
Juba MSB4340 Kim Clausen web
Kim Clausen/MSF
Juba, Südsudan, 24.12.2013: Die Ärztin Marcella untersucht die Lunge einer Patientin auf Atemwegserkrankungen. Zwei Notfall-Teams von Ärzte ohne Grenzen haben am 22. Dezember in Juba ihre medizinischen Aktivitäten aufgenommen.

Juba/Wien, 27. Dezember 2013 – Die Situation im Südsudan ist unbeständig und verändert sich schnell. Dies schränkt die Bewegungsfreiheit der Teams von Médecins Sans Frontières / Ärzte ohne Grenzen (MSF) ein. Es ist dadurch schwierig, den Menschen zu helfen, die Hilfe am Dringendsten nötig hätten. Ärzte ohne Grenzen ruft alle Konfliktparteien dazu auf, ihre Teams und Einrichtungen sowie das Recht auf medizinische Hilfe zu respektieren.

In Juba, der Hauptstadt des Südsudan, versorgen die Teams von Ärzte ohne Grenzen die rund 40.000 Menschen medizinisch, die sich während der jüngsten Gewaltwelle auf zwei Stützpunkte der Vereinten Nationen geflüchtet haben. Im Lauf der Woche führten sie 1.100 Konsultationen durch. Aufgrund der schlechten sanitären Bedingungen gibt es eine besorgniserregende Anzahl an Durchfallpatienten, die von Ärzte ohne Grenzen behandelt wurden.

 

Malakal und Lankien

 

Am 24. Dezember brachen in Malakal, Upper Nile State, heftige Kämpfe aus. Während zwei Tagen war es dem Team von Ärzte ohne Grenzen aus Sicherheitsgründen unmöglich, das staatliche Spital in Malakal zu erreichen. Weder konnten die 49 Kala-Azar -PatientInnen versorgt, noch die 70 Kriegsverletzten, die im Spital ankamen, behandelt werden. Gestern und heute hat das Team trotz anhaltender Kämpfe das Spital erreicht: 30 Kala-Azar-PatientInnen waren geflohen aber 17 Kriegsverletzte konnten versorgt werden.

„Wir machen uns Sorgen um die Kriegsverletzten, die uns nicht erreichen können sowie um unsere Kala-Azar-PatientInnen, da diese Krankheit ohne Behandlung tödlich verläuft“, sagt Mike White, Einsatzleiter von Ärzte ohne Grenzen im Südsudan. „Wir rufen alle Akteure dazu auf, unsere Präsenz hier in Malakal zu respektieren, damit wir uns frei und ungefährdet bewegen können, um die Patienten zu erreichen, die dringend medizinische Hilfe benötigen.“

In Lankien und Yuai im nördlichen Bundesstaat Jonglei betreut Ärzte ohne Grenzen Menschen mit Schusswunden, die 3 Tage lang zu Fuß von Bor unterwegs gewesen waren auf der Suche nach medizinischer Versorgung. In den letzten 2 Tagen vorsorgte Ärzte ohne Grenzen in ihrem Spital in Lankien sowie in Yuai 64 PatientInnen mit Schussverletzungen, davon mussten 7 für dringende Operationen nach Nasir geflogen werden.

 

Bentiu und Leer

 

Ein auf Notfälle spezialisiertes chirurgisches Team unterstützt seit 2 Tagen die Teams von Ärzte ohne Grenzen im staatlichen Spital von Bentiu, Unity State, bei der Behandlung von PatientInnen mit Schussverletzungen. Heute Morgen war das Team jedoch gezwungen, sich angesichts Gerüchte eines drohenden Angriffes zurückzuziehen.

Gestern evakuierte Ärzte ohne Grenzen 14 internationale MitarbeiterInnen aus dem Spital in Leer. Die Organisation arbeitete seit 25 Jahren im Spital und behandelte dieses Jahr 64.000 Malaria-PatientInnen sowie 2.000 mangelernährte Kinder. Das Spital in Leer wird weiterhin von 230 nationalen Angestellten betrieben, während Ärzte ohne Grenzen versucht, auch seine internationalen MitarbeiterInnen in das Spital zurückzuschicken - so rasch, wie es die Sicherheitslage erlaubt.

„Wir haben alles getan, was wir konnten, um unsere Notfallteams vor Ort zu halten. Doch das Chaos und die Gerüchte drohender Unsicherheit haben uns dazu gezwungen, die Sicherheit unserer Mitarbeiter an erste Stelle zu setzen”, sagt Chris Lockyear, Programmverantwortlicher für den Südsudan. „Wir hoffen, sobald wie möglich mit unserer vollen Notfallteamgröße nach Bentiu und Leer zurückzukehren. Doch zunächst müssen alle Konfliktparteien die Sicherheit unserer Mitarbeiter respektieren.”

Ärzte ohne Grenzen bekräftigt seine Bereitschaft, auf allen Seiten des Konflikts zu arbeiten, und betont den Willen, Menschen in Not ungeachtet ihrer ethnischen Herkunft, religiösen oder politischen Überzeugung beizustehen. In Gebieten, wo die Situation verhältnismäßig friedlich ist, führen die MitarbeiterInnen die Projekte normal weiter.

Auch vor dem jüngsten Konflikt war der Zugang zu medizinischer Hilfe im Südsudan begrenzt. Durch die gegenwärtige Krise vergrößert sich der ohnehin bereits enorme humanitäre Bedarf weiter. Ärzte ohne Grenzen ist seit 1983 in dem Gebiet tätig, das heute die Republik Südsudan ausmacht. Die Hilfsorganisation hat Programme in acht von zehn südsudanesischen Bundesstaaten. Neben der Basisgesundheitsversorgung und fachmedizinischer Versorgung reagieren die Teams dort regelmäßig auf Notsituationen, die durch Flucht und Vertreibung entstehen, auf Ernährungskrisen und verstärktes Krankheitsaufkommen - etwa bei Malaria oder Kala Azar.