05.07.2022
Ein Jahr nachdem unser jüngstes Such- und Rettungsschiff, die Geo Barents, erstmalig in See gestochen ist, ziehen wir eine traurige Bilanz.

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Von den mehr als 3000 Menschen, die seit Juni 2021 mit dem von Ärzte ohne Grenzen gecharterten Schiff Geo Barents gerettet werden konnten, berichteten Hunderte von Gewalterfahrungen. Die meisten haben Folter, Entführungen oder willkürliche Inhaftierungen in Libyen erlebt, wie aus einem Bericht hervorgeht. Wir fordern erneut ein Ende der europäischen Abschottungspolitik.  

Elf Mal waren unsere Teams innerhalb eines Jahres mit der Geo Barents auf dem Mittelmeer unterwegs. Bei 47 Einsätzen wurden 3.138 Menschen gerettet und 6.536 medizinische Konsultationen durchgeführt. Die überwiegende Mehrheit der Überlebenden war zuvor aus Libyen geflohen, stammt aber ursprünglich aus Ländern mit langjährigen Konflikten, Krieg oder extremer Armut wie Eritrea, dem Sudan, Elfenbeinküste, Bangladesch oder Ägypten. 

34 Prozent der Geretteten waren Kinder und Jugendliche, von denen wiederum 89 Prozent unbegleitet und/oder von ihren Familien getrennt worden waren, wie aus dem Bericht hervorgeht. 265 Personen berichteten von insgesamt 620 Vorfällen von Gewalt, Folter oder Misshandlung. Wir gehen aber von einer weit höheren Dunkelziffer aus.  

Ein Großteil der Vorfälle ereignete sich, nachdem die Geflüchteten von der libyschen Küstenwache abgefangen und inhaftiert wurden. Ihren Berichten zufolge handelte es sich bei den Tätern in 34 Prozent der Fälle um Wachleute in den Haftanstalten, in 15 Prozent um Mitarbeitende der libyschen Küstenwache, in elf Prozent um nichtstaatliche oder militärische Polizeikräfte und in zehn Prozent der Fälle um Schmuggler.

Unsere Teams dokumentierten außerdem ein hohes Maß an Gewalt gegen Frauen und Kinder – 29 Prozent der Opfer waren minderjährig, das jüngste von ihnen acht Jahre alt. 18 Prozent der Opfer waren Frauen. Am häufigsten wurden stumpfe Traumata, Verbrennungen, Knochenbrüche, Kopfverletzungen, Verletzungen im Zusammenhang mit sexueller Gewalt und psychische Störungen registriert.  

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