Der Tschad gehört nicht nur zu den ärmsten Ländern der Welt. Die Menschen sind betroffen von den Folgen zahlreicher Konflikte und den Auswirkungen des Klimawandels. Insbesondere die gewaltsamen Konflikte im Gebiet um den Tschadsee und die Instabilität in Teilen der Nachbarländer, wie Libyen, Niger, Nigeria, Kamerun, Sudan und Zentralafrikanische Republik, führen zu einer seit Jahren angespannten Sicherheitslage. Im Jahr 2020 lebten nach UN-Angaben zudem mehr als 900.000 Geflüchtete und Vertriebene im Land. Unser Augenmerk gilt der medizinischen Unterstützung dieser Menschen, aber auch der Bevölkerung. Wichtig ist beispielsweise die Arbeit in der Vorbeugung und Behandlung von Epidemien wie Masern und Malaria. Hinzugekommen ist nun auch die Covid-19-Pandemie.
1981
Beginn der Arbeit
11,7
Mio. EUR
Ausgaben (Vorjahr)
330
Einsatzkräfte
Ländervergleich Österreich & Tschad
Kein Ende der Masernepidemie im Tschad
Da das Gesundheitssystem des Landes aufgrund der seit 2015 schwierigen wirtschaftlichen Lage unzureichend ausgestattet ist, haben hochansteckende Kinderkrankheiten wie Masern ein leichtes Spiel. Die Masern-Epidemie, die 2018 ausbrach, hat das Land bis heute fest im Griff - vor allem in den südlichen Regionen. Im Februar 2020 schickten wir daher ein Notfallteam in den Süden des Tschads, in den Bezirk Beboto. Nach Aussagen der Behörden hatten sich die Masernfälle dort in nur wenigen Wochen verdoppelt. Unser Pfleger Ngueremi Yary Roger berichtete nach der Ankunft in Beboto, dass einige Familien drei oder vier Kinder durch Masern verloren hatten und entweder keine medizinische Hilfe in Anspruch genommen oder auf traditionelle Medizin zurückgegriffen hatten. Wir arbeiteten daher eng mit den Behörden zusammengearbeitet, um über die Vorbeugung von Masern aufzuklären und über unser Angebot zu informieren, erkrankte Kinder kostenlos in unseren Gesundheitszentren zu behandeln. Außerdem stellten wir dem Gesundheitsbezirk medizinische Kits und Masern-Impfstoffe zur Verfügung und behandelten die Masern-Patient:innen.
Hilfe bei Malaria und Mangelernährung
Im Bezirk Kyabé, ebenso im Süden des Tschads, betreute unser Team zudem eine Masern-Impfkampagne für rund 60.000 Kinder zwischen sechs Monaten und fünf Jahren. Da viele von ihnen unter Malaria und Mangelernährung litten, behandelten wir die Kinder auch gegen diese Krankheiten.
Eine Besonderheit des Bezirks Kyabé ist es, dass er in einem ländlichen Grenzgebiet liegt. Die Bevölkerung lebt weit zerstreut, darunter auch nomadisch lebendeViehzüchter. Wir mussten sehr viel mit den Menschen sprechen und sie über die Krankheit informieren, um herauszufinden, in welchen temporären Lagern die Nomaden gerade lebten und in welchen Gebieten sie sich niedergelassen hatten. Nur so konnten wir ihre Kinder impfen.
Tödliche Wechselwirkung von Krankheiten
An der Situation in Kyabè wird deutlich, dass Kinder im Tschad oftmals von mehreren Krankheiten gleichzeitig betroffen sind, was für sie besonders gefährlich werden kann. Wenn ein Kind beispielsweise an Mangelernährung leidet, kann sich durch eine Maserninfektion der Ernährungszustand zusätzlich verschlechtern. Gleichzeitig verringert sich bei mangelernährten Kindern die Immunität, was wiederum einen schwereren Verlauf der Masernerkrankung nach sich zieht. Das Sterblichkeitsrisiko steigt durch die Wechselwirkungen der beiden Erkrankungen. Daher unterstützten wir im Zeitraum Juni bis September 2020, wie in den Jahren zuvor auch, in der Hauptstadt N'Djamena ein stationäres Ernährungszentrum für schwer mangelernährte Kinder. In diesem Zeitraum sind die Nahrungsmittelvorräte der Familien oft aufgebraucht. In Moissala setzen wir uns nach wie vor sehr dafür ein, dass Frauen und Kinder einen besseren Zugang zu medizinischer Versorgung im Krankenhaus erhalten. Unsere Teams haben hier auch eine saisonale Malaria-Chemotherapie-Kampagne gestartet, da die Tropenkrankheit verheerende Auswirkungen auf andere Kinderkrankheiten hat.
Masernbekämpfung hat höchste Priorität im Tschad
Der Ausbruch der Covid-19-Pandemie führte dazu, dass die Bekämpfung anderer tödlicher Krankheiten teilweise in den Hintergrund rückte. Wir erinnerten aufgrund der Situation in verschiedenen Ländern daran, wie wichtig die Aufrechterhaltung der Bekämpfung anderer Epidemien und Erkrankungen ist. So auch im Frühsommer 2020 im Tschad:
Auch wenn die Covid-19-Pandemie aktuell die volle Aufmerksamkeit der Regierung und der Geberländer auf sich zieht, bleibt unsere oberste Priorität die Bekämpfung der Masern-Epidemie.
Zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie haben wir dem Farcha-Krankenhaus in N'Djamena einen Sauerstoffkonzentrator zur Verfügung gestellt, den schwerkranke Patient:innen benötigen. Zudem stellten wir medizinische und logistische Hilfe zur Verfügung sowie Masken und andere Hilfsgüter, um die Verbreitung des Virus zu verhindern.
2019

Unsere Aktivitäten im Überblick:
- 352.500 Menschen gegen Masern geimpft
- 154.800 ambulante Sprechstunden
- 5.600 Behandlungen von mangelernährten Kindern
- 109.900 Malariabehandlungen
- 11.300 Masernbehandlungen bei Kindern
Die Hilfe in Tschad im Einzelnen:
Im Jahr 2019 waren 75 von 126 Bezirken des Landes von einer Masernepidemie betroffen. Wir impften im Januar in Am Timan und Umgebung Zehntausende Kinder und versorgten Masernfälle im Krankenhaus sowie in drei Kliniken. Auch in der Hauptstadt N´Dschamena sowie in 21 Kliniken behandelten wir Masernfälle. In den Bezirken Bongor, Bousso, Ba´illi, Kouno und Bodo impften wir vor allem Kinder und unterstützten fünf Krankenhäuser und 66 Klinken bei der Masernbehandlung von Patient*innen.
In der Hauptstadt N´Dschamena eröffneten wir ein stationäres Ernährungszentrum für schwer mangelernährte Kinder. Bis zur Schließung im Oktober behandelten wir dort betroffene Kinder mit medizinischen Komplikationen. Im Südwesten des Landes reagierten wir auf einen Ausbruch von Meningitis und behandelten Kinder gegen diese Krankheit. In Moissala, ebenso im Süden des Landes, behandelten wir Kinder gegen Malaria. Mehrere Tausend von ihnen wurden stationär ins Krankenhaus aufgenommen.
Ärzte ohne Grenzen bot erstmals 1981 Hilfe in Tschad an.
Mai 2020