Ebola-Überlebende treffen bei Heimkehr auf gemischte Gefühle

02.01.2015
Teams von Ärzte ohne Grenzen begleiten Überlebende
Ein Ebola-Überlebender bei seiner Heimkehr.
Esmee de Jong/MSF
Bo, Sierra Leone, 04.12.2014: Ein Ebola-Überlebender bei seiner Heimkehr. Er erhält bei seiner Entlassung aus dem Behandlungszentrum ein Moskitonetz, Multivitamine, eine Wasserflasche, Kondome, Leintücher, Seife, Zahnbürste, Zahnpasta, ein Handtuch, eine Decke, Kekse und verzehrfertige, therapeutische Nahrung, die ihn dabei unterstützt, wieder zu Kräften zu kommen.

Die Ebola-Epidemie hat die Familie von Moses hart getroffen: Vier seiner Familienmitglieder infizierten sich mit dem Virus - so auch er selbst. Sein Vater und sein Bruder starben, doch Moses und seine Schwester überlebten. Moses wurde kürzlich aus dem Ebola-Behandlungszentrum von Ärzte ohne Grenzen in Bo in Sierra Leone entlassen. Er reiste zurück in sein Heimatdorf und wurden von Esmee de Jong begleitet, einem Gesundheitspromoter von Ärzte ohne Grenzen.

„Wir haben gerade erst damit begonnen, Überlebende nach Hause zu begleiten“, erklärt Esmee. „Menschen, die sich von einer Ebola-Erkrankung erholt haben, treffen bei ihrer Rückkehr in ihre Heimatgemeinden auf Grund der Stigmatisierung oft auf große Schwierigkeiten. Es ist daher sehr wichtig, dass wir sie begleiten, und den Menschen erklären, dass sie als Überlebende nicht mehr gefährlich sind. Wir wollen den Menschen auch zeigen, dass man Ebola überleben kann – viele wissen das gar nicht.“

Unwissenheit über Überlebenschancen

Sogar Menschen, die selbst im Kampf gegen Ebola aktiv sind, sind manchmal angesichts dieser Tatsache überrascht. „Wir brachen am frühen Morgen auf. Auf dem Weg in das kleine Dorf, wo Moses lebt, trafen wir auf ein Team, das Ebola-Verdachtsfälle nachverfolgt. Wir blieben stehen, um uns mit ihnen zu unterhalten. Sie fragten uns, was wir so weit weg vom Behandlungszentrum machen. Als wir ihnen erklärten, dass wir den Patienten nach Hause begleiteten, konnten sie es nicht glauben. Einer von ihnen schaute in das Auto und erkannte Moses: ‚Ich brachte ihn zu euch, er ist am Leben!‘ – sie waren so glücklich, ihn zu sehen, und völlig verblüfft, dass jemand Ebola überleben kann.“

Willkommensfest bei Ankunft im Dorf

Moses ist von Beruf Lehrer, und damit ein wichtiger Mann in seiner Gemeinde. Als er Zuhause ankommt, versammelt sich das ganze Dorf, um ihn willkommen zu heißen. „Als wir im Dorf ankamen, gab es eine Party“, erinnert sich Esmee. „Alle Frauen umzingelten ihn und Moses musste sie beruhigen. Ich war sehr berührt von der Liebe und vollkommenen Akzeptanz, die das Dorf zeigte. Das ist wirklich selten.“

Zwei Tage später wurde auch Moses‘ Schwester als geheilt erklärt, und Esmee begleitete sie ebenfalls nach Hause. „Alle sangen und tanzten – wir konnten kaum aus dem Auto aussteigen. Es war ein wunderbarer Moment.“

Angst und Verleugnung erschweren Rückkehr

Doch Ebola-Überlebende werden nicht immer so herzlich begrüßt. „Leider ist es nicht immer so“, erklärt Esmee. „Kürzlich brachten wir Francis nach Hause, ein Patient, der sich von Ebola erholt hatte. In seinem Dorf waren die Menschen sehr zurückhaltend, ihn in der Gemeinde wieder aufzunehmen. Er und sein Bruder wurden der Hexerei bezichtigt.“

„Was mich am meisten traf, war die Angst der Menschen und wie sie die Krankheit verleugnen“, so Esmee. „Es wirkte so, als wäre Verleugnung ihr Weg, sich zu schützen.“

Esmee und das Team zur Gesundheitsaufklärung der Bevölkerung erklärten dem Dorf, dass Francis nicht mehr ansteckend war. „Wir sprachen über alles und zeigten den Menschen, dass man ihn berühren kann. Ich hoffe, dass wir es ihm damit erleichtert haben, wieder im Dorf aufgenommen zu werden. Francis war sehr froh, dass wir ihn begleiteten, und bedankte sich vielmals bei uns.“

Gesundheitsaufklärung besonders wichtig

Die Gespräche mit der Dorfbevölkerung bieten dem Team auch eine gute Gelegenheit, die Menschen über Ebola aufzuklären: Wie sie sich vor einer Ansteckung schützen können und was zu tun ist, wenn jemand erkrankt. Überlebende spielen selbst eine wichtige Rolle dabei, Kranke davon zu überzeugen, sich so früh wie möglich behandeln zu lassen und damit die Chancen auf einen Sieg gegen das Virus zu erhöhen. Damit schützen sie auch andere vor Ansteckung.

„Wir wollen den Menschen zeigen, dass Überlebende nicht gefährlich sind“, fasst Esmee seine Arbeit zusammen. „Wir möchten den Menschen damit Hoffnung geben, dass es möglich ist, Ebola zu überleben.“

Die Namen der Patienten wurden geändert.

Lesen Sie im Einsatzblog des österreichischen Einsatzleiters Marcus Bachmann in Sierra Leone über den Bau eines neuen Ebola-Behandlungszentrums in der Hauptstadt Freetown: Ein Ebola-Zentrum auf einem Fußballfeld