Zwei Monate. Ein Leben. Unvergessen.

Kommentar von Vera Schmitz
02.07.2015
Nun ist es soweit. Mein zweimonatiger Aufenthalt als Krankenschwester im Kampf gegen Ebola in Conakry ist beendet - die Zeit hier ist schnell vergangen.

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Nun ist es soweit. Mein zweimonatiger Aufenthalt als Krankenschwester im Kampf gegen Ebola in Conakry, der Hauptstadt von Guinea, ist beendet und ich mache mich auf den Weg zurück nach Wien, mit Zwischenstopp im Büro von Ärzte ohne Grenzen in Brüssel.

Die Zeit hier ist schnell vergangen.

Zwei Monate, das ist eine kurze Zeitspanne für ein Projekt mit Ärzte ohne Grenzen, aber Ebola fordert viel Energie von jedem einzelnen und da sind zwei Monate auf der anderen Seite doch auch gar nicht so kurz.

Zwei Monate ist aber auch für diese Ebola-Epidemie nur eine kurze Zeit, in Anbetracht der Tatsache, dass die Epidemie nun schon deutlich länger als ein Jahr andauert – auch, wenn Liberia als Ebola-frei erklärt wurde, ist der Kampf noch lange nicht vorüber.

Zwei Monate im Leben eines Menschen jedoch, das ist zeitlich gesehen fast nichts und kann doch alles bedeuten.

Meine zwei Monate hier haben mich ein weiteres Stück geprägt. Guinea, die Menschen, Ebola! In dieser Zeit habe ich viele Menschen kennengelernt, vor allem das nationale Personal. Nach zwei Monaten kenne ich nun endlich (fast) jeden Namen meines großen Teams hier, habe begonnen, Persönlichkeiten kennenzulernen und einzuschätzen, kenne mehr und mehr die Stärken, Schwächen und Eigenheiten jedes Einzelnen.

Ich habe viele Patienten kommen und gehen sehen, die meisten davon konnten unser Zentrum glücklicherweise entweder als Ebola geheilt oder als Ebola negativ verlassen. Nicht wenige jedoch haben den Kampf gegen Ebola bzw. sonstige Erkrankung auch verloren. So wie auch unsere derzeit letzte bestätigte Ebola-Patientin, die ihr wenige Monate altes Baby hinterlässt. Trotz dieser Tragik ist die gute Nachricht: Ihr Baby ist gesund.

Diesen Blog jedoch möchte ich vor allem einer bestimmten Person widmen, die die Arbeit von vermutlich jeder einzelnen Person hier in der letzten Woche in irgendeiner Art und Weise beeinflusst hat.

S. ist einer unserer alteingesessenen Krankenpfleger hier und arbeitet bereits seit langer Zeit im Ebola-Zentrum. Wenn ich auch nur nach und nach alle Namen und zugehörigen Gesichter gelernt habe, ihn kannte ich schon sehr bald. Oft hat er den Teamleiter vertreten, wenn derjenige frei hatte und außerdem war er auch einer unserer „Spezialisten“ zum Blutabnehmen. Stets ein Lächeln auf den Lippen und bereit zum Einsatz.

Warum nun widme ich ausgerechnet ihm diesen Blog? Er ist ja nun nicht der einzige motivierte und fähige Krankenpfleger, nein, er ist vielmehr einer unter vielen, die überwiegend alle ihr Bestes geben, um den Kampf gegen Ebola zu gewinnen. In gewisser Art und Weise ist dieser Blog daher auch für alle anderen gedacht… und trotzdem.

Denn in diesem Moment sitze ich noch in unserem kleinen Büro im Ebolazentrum, in wenigen Minuten jedoch mache ich mich, zusammen mit nationalen und internationalen Kollegen auf den Weg, um S. das letzte Geleit zu geben.

Vor einer Woche ist S. auf dem Weg zur Nachtschicht, der erste Dienst nach dem wohlverdienten und langersehnten Urlaub, mit seinem Motorrad schwerst verunglückt und letzte Nacht seinen schweren Verletzungen erlegen.

Vera Schmitz/MSF
Der Gedenktisch für S. im Ebola-Zentrum.

Zwei Monate seines Lebens hatte ich die Gelegenheit, Teil dieses Teams hier zu sein – die Gelegenheit, mit Kollegen wie S. zusammenzuarbeiten.

Zwei Monate seines Lebens, das ist eine verdammt kurze Zeit in einem Menschenleben und doch wird mir diese Zeit besonders in Erinnerung bleiben.

Nach zwei Monaten mache ich mich in zwei Tagen auf den Heimweg, doch meine nationalen und internationalen Kollegen werden den Kampf gegen Ebola weiterführen, denn… „Ebola connait pas de pardon.“ – „Ebola kennt kein Pardon.“ (O-Ton von S. während einer gemeinsamen Tour in der Hochrisikozone).

Merci! Und bis zum nächsten Blog, ich lasse mich überraschen wohin es mich als nächstes führen wird!

Vera

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